Coronavirus
Ganz neuer Vorstoß – Impf-Pflicht für alle über 60
Wegen des Volksbegehrens "Impfpflicht: Striktes Nein" kam es am Donnerstag zum Expertenhearing. Und plötzlich gibt es nun einen ganz neuen Vorschlag.
Rund 270.000 Personen haben das Volksbegehren "Impfpflicht: Striktes Nein" unterstützt, das Impfen als "Eingriff in die körperliche Unversehrtheit und eine höchstpersönliche Entscheidung" bezeichnet. Aus diesem Grund trat am Donnerstag ein Expertengremium im Gesundheitsausschuss des Nationalrats zusammen – und einmal mehr zeigte sich, wie tief die Gräben zwischen Befürwortern und Gegnern der aktuell auf Eis gelegten Impfpflicht eigentlich sind.
Die ÖVP pochte nach Worten des Abgeordneten Werner Saxinger darauf, dass Freiheit in erster Linie nicht aus Privilegien, sondern aus Pflichten bestehe. Impfungen seien hauptverantwortlich für eine hohe Lebenserwartung, hieß es. Die Impfpflicht dürfe zudem nicht mit einer Zwangsimpfung verwechselt werden. Ähnlich klang Gesundheitsminister Johannes Rauch, den die Infragestellung der Impfung "schmerze". Er verwies auf eine regelmäßige Evaluierung durch die Impfpflicht-Kommission.
Zurückhaltend gab sich die SPÖ mit Philip Kucher – Österreich solle sich an den erfolgreichen Modellen anderer Länder orientieren und man habe immer gefordert, die Impfpflicht keinen Tag länger als unbedingt nötig beizubehalten, hieß es. Vehement gegen die Impfpflicht war weiter die FPÖ. Laut Gerald Hauser (FPÖ) dürfe eine medizinische Behandlung wie eine Impfung gemäß österreichischem Recht nur mit der Zustimmung der betroffenen Person durchgeführt werden.
Impfpflicht nicht nur möglich, sondern "ethische Verpflichtung"
Aufhorchen ließen beim Hearing zwei Expertinnen, die Bioethikerin Christiane Druml und die Virologin Dorothee von Laer. Schon 2014 – damals im Zusammenhang mit Masern – sei man zum Schluss gekommen, dass eine gesetzliche Impfpflicht für bestimmte Personengruppen wie Gesundheitspersonal rechtlich vorstellbar sei, zumal eine ethische Verpflichtung des Gesundheitspersonals bestehe, sich und andere vor Ansteckungen zu schützen, erklärte Druml.
In Ausnahmesituationen wie der Corona-Pandemie sei eine Impfung keine alleinige Privatsache, so Druml, sie bringe auch Gerechtigkeit. Ein konkreter Vorschlag kam schließlich von der Virologin von Laer – sie regte an, diese auf über 60-Jährige zu beschränken. Man könne das Virus nicht ausrotten, so von Laer, eine Impfpflicht für besonders vulnerable Gruppen könnte aber dazu beitragen, das Gesundheitssystem vor einer Überlastung zu bewahren. Außerdem hielt sie Zugangsbeschränkungen für ungeimpfte Personen bei großen Veranstaltungen für gerechtfertigt, Stichwort 1G-Testungen.
Und was passiert nun mit dem Volksbegehren? Nach dem Gesundheitsausschuss muss sich nun der Nationalrat damit befassen. Egal wie die Behandlung ausfällt, die Initiatoren haben bereits das weitere Volksbegehren "Impfpflichtabstimmung: Nein respektieren!" vorbereitet, das bereits 163.000 Unterstützungserklärungen bekommen haben soll. Vom 2. bis 9. Mai wird es zur Eintragung aufliegen.