Klimaschutz

Alpen stürzen ein – was jetzt auf uns zukommt

Am Wochenende stürzte ein ganzer Gipfel der Tiroler Alpen in die Tiefe. Weitere könnten folgen, denn der Klimawandel lässt unsere Berge bröckeln.

Roman Palman
1/7
Gehe zur Galerie
    In der Silvrettagruppe im Gemeindegebiet von Galtür im Tiroler Bezirk Landeck ist es am 11. Juni 2023 zu einem massiven Felssturz gekommen.
    In der Silvrettagruppe im Gemeindegebiet von Galtür im Tiroler Bezirk Landeck ist es am 11. Juni 2023 zu einem massiven Felssturz gekommen.
    ZEITUNGSFOTO.AT / APA / picturedesk.com

    Im Silvrettagebirge in den Tiroler Alpen donnerten Sonntagnachmittag riesige Gesteinsmassen ins Tal. Der etwa 3.400 Meter hohe Südgipfel des Fluchthorn-Massivs ist abgebrochen, wurde teilweise weggerissen – "Heute" berichtete.

    "Es gibt keinen Südgipfel mehr. Der ist weg. Auch das Gipfelkreuz", so die beklemmende Schilderung von Christian Walter, dem Obmann der Galtürer Bergrettung. Das Fluchthorn war ursprünglich 3.398 Meter hoch.

    Nach einem Überflug mit dem Polizei-Heli "Libelle" schätzt Bergretter Patrick Schöpf, der den Felssturz oberhalb des eigenen Ausbildungszentrums miterlebt und gefilmt hatte, dass der Berg nach dem Felssturz nun 100 Meter niedriger ist. Von dem einst stolzen Gipfel sei nur noch ein schmaler Grat übrig. 

    Die Ursache der Katastrophe

    Seine und andere Aufnahmen zeigen das Ausmaß der Katastrophe. Darauf auch zu sehen, die riesige Mure, die in Folge über die Hänge rollte und lange nicht zum Stillstand kam. Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen, dass ein ganzer Gipfel ins Tal stürzt?

    Der Chef der Tiroler Grünen, Gebi Mair, veröffentlichte einige der Aufnahmen in den sozialen Netzwerken. Er macht den schwindenden Permafrost als Ursache für dieses Ereignis aus: "Ex-Permafrost. [...] Nur ein paar Grad mehr, oder?", schreibt er zu den Fluchthorn-Videos. Er zeigt auch den Murenabgang bis hinunter ins Tal, "damit niemand glauben muss, das hätte weiter unten keine Auswirkungen mehr":

    Auch Bergretter Patrick Schöpf ist sich sicher, dass die massive Erwärmung in Österreich in den letzten Jahrzehnten dem Hochgebirge zusetzt. 

    Was die Erwärmung anrichtet

    Hohe Sommertemperaturen, eine geringe Schneedecke und hohe Mengen an Saharastaub sorgten im vergangenen Jahr für eine rasche Gletscherschmelze. Die österreichischen Gletscher verloren dabei im Mittel drei Meter Eisschicht, das war in etwa doppelt so viel Masse wie im Schnitt der vergangenen 30 Jahre. Das meldete erst kürzlich der alljährliche Klimastatusbericht (siehe Infobox unten).

    Und leider war das kein Einzelphänomen, denn die Durchschnittstemperatur in Österreich steigt seit Jahrzehnten nicht nur im Flachland kontinuierlich an, sondern trifft nun auch das Hochgebirge.

    Die Folgen sind gravierend. Durch das Auftauen der Permafrostböden verlieren die Berge an Stabilität, was zu einer Zunahme von Steinschlägen, Felsstürzen und Murenabgängen führt. Während diese zwar meist nur für die wenigen Bewohner des Hochgebirges oder Alpinisten eine direkte Gefahr darstellen, hat der generelle Eisverlust der Gletscher auch für den Rest des Landes enorme Auswirkungen. 

    1/11
    Gehe zur Galerie
      So kennt kein lebender Mensch mehr die Pasterze. Die Farblithographie entstand um <strong>1880</strong> und zeigt den riesigen Gletscher und das Glocknerhaus.
      So kennt kein lebender Mensch mehr die Pasterze. Die Farblithographie entstand um 1880 und zeigt den riesigen Gletscher und das Glocknerhaus.
      akg-images / picturedesk.com

      Denn die Alpengletscher waren und sind (noch) eine riesige Wasserreserve und stabilisieren in den Sommermonaten mit ihrem Tauwasser die Pegel unserer Flüsse. Ohne diesen beständigen Zufluss wäre der Wasserstand unserer Fließgewässer – von Rinnsal über Bach zum mächtigen Strom – rein von Regenfällen abhängig. Bleibt es mal monatelang heiß und trocken, könnten auch ihre Pegel abnehmen. 

      VIDEO: Extremer Rückgang der Gletscher in Österreich

      Sinkende Pegelstände wiederum hätten dann Auswirkungen auf die Biodiversität, die Schifffahrt und Energiewirtschaft beinahe im gesamten Land. Das konnte im vergangenen Jahr unter anderem am Rhein beobachtet werden:

      "Wasserknappheit ein zunehmendes Problem"

      "Wir müssen davon ausgehen, dass sich die Gletscher in den nächsten 20 Jahren – ganz unabhängig, von welchem Szenario man ausgeht – halbieren werden. Wir können das nicht mehr verhindern", so Herbert Formayer, wissenschaftlicher Leiter des Berichts und Professor am Institut für Meteorologie und Klimatologie der Universität für Bodenkultur Wien.

      "Nach dem Jahr 2040 ist damit zu rechnen, dass Wasserknappheit insbesondere bei längeren Trockenperioden im Sommer regional ein zunehmendes Problem darstellen wird", warnen Formayer und die anderen Autoren im Fazit ihres Berichts. Die Wissenschaftler mahnen deshalb, dass sich Politik, Wirtschaft und Bevölkerung mit dem "totalen Verlust der Gletscher" auseinandersetzen müssten, um die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten.

      "Berg weiter in Bewegung"

      In der Zwischenzeit werden die Alpen weiter bröckeln, denn eine Umkehr der Erwärmung oder auch nur eine Stabilisierung auf dem aktuellen Niveau ist nicht in Sicht. Auf dem Tiroler Fluchthorn gibt es nun kein Gipfelkreuz mehr – und das wird vorerst so bleiben. 

      Man könne in nächster Zeit auch keines mehr aufstellen, schildert Bergretter Schöpf gegenüber dem ORF. Der Berg sei zu instabil und weiter in Bewegung. Da könnte noch einiges nachkommen.

      Über den Klimastatusbericht

      Der jährlich erscheinende Klimastatusbericht Österreich wird im Auftrag des Klima- und Energiefonds sowie aller neun Bundesländer durch das Climate Change Centre Austria (CCCA) in Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur (BOKU) und GeoSphere Austria (GSA) – Bundesanstalt für Geologie, Geophysik, Klimatologie und Meteorologie (ehemals ZAMG) erstellt. Er zeigt, welche Anpassungsmöglichkeiten und Handlungsoptionen zur Verfügung stehen, um negative Folgen in den am stärksten betroffenen Bereichen zu verhindern oder abzumildern.

      1/65
      Gehe zur Galerie
        <strong>22.12.2024: Einwegpfand kommt – das wird ab Jänner neu bei Spar</strong>. Um Verwirrung zu vermeiden, setzt Spar ab Jänner auf speziell ausgebildete Pfandberater. <a data-li-document-ref="120078758" href="https://www.heute.at/s/einwegpfand-kommt-das-wird-ab-jaenner-neu-bei-spar-120078758">170 Getränkeartikel mussten überarbeitet werden.</a>
        22.12.2024: Einwegpfand kommt – das wird ab Jänner neu bei Spar. Um Verwirrung zu vermeiden, setzt Spar ab Jänner auf speziell ausgebildete Pfandberater. 170 Getränkeartikel mussten überarbeitet werden.
        SPAR/ Peakmedia Dominik Zwerger