ORF-Eskalation

"Frontal ins Gesicht spucken, das ist, was er tut"

Brisantes Treffen im ORF: Am Jahrestag des Hamas-Terrorangriffs auf Israel diskutierte der Armeesprecher Israels mit dem Botschafter von Palästina.

"Frontal ins Gesicht spucken, das ist, was er tut"
Der israelische Armeesprecher Arye Shalicar und der Botschafter von Palästina in Österreich Salah Abdel Shafi in der "ZIB2" bei Moderator Armin Wolf.
Screenshot ORF

Am 7. Oktober 2023 griff die Terrororganisation Hamas Israel an, tötete über 1.000 Menschen, verschleppte 251 Geiseln in den Gazastreifen. Einige dieser Menschen waren zu diesem Zeitpunkt bereits tot, weniger als die Hälfte der Geiseln kam später im Austausch mit palästinensischen Häftlingen frei, nur wenige der Entführten konnte die israelische Armee lebend befreien. Andere sind bis heute verschwunden, ihr Schicksal ist ungewiss. Die israelischen Behörden gehen davon aus, dass es nun im Gazastreifen noch 63 lebende Geiseln gibt: 51 Männer, zehn Frauen, darunter fünf Soldatinnen, sowie zwei Kinder.

Unter den Verschleppten befindet sich nach wie vor Tal Shoham (39), österreichisch-israelischer Doppelstaatsbürger. Seine vier- und neunjährigen Kinder sowie seine Ehefrau wurden ebenfalls als Geiseln genommen, Ende November 2023 kamen sie aber im Rahmen eines Geiseldeals frei, Tal Shoham blieb aber bis heute verschwunden. Mit dem Bangen um die Geiseln geht auch die Angst vor einer Eskalation im Nahost-Konflikt einher – sogar eine direkte militärische Konfrontation zwischen dem Iran und Israel droht.

Brisantes Zusammentreffen im ORF

Umso brisanter das Zusammentreffen am Jahrestag des Hamas-Massakers am Montagabend in der ORF-"ZIB2". Bei Moderator Armin Wolf diskutierten miteinander der israelische Armeesprecher Arye Shalicar und der Botschafter von Palästina in Österreich Salah Abdel Shafi – mit Verspätung, denn Shalicar musste wegen eines Raketenalarms vor der Liveschaltung in einen Bunker flüchten. Shafi, der den Terrorangriff als Reaktion der Hamas hingestellt hatte, verteidigte sich indes, dass dies keine Rechtfertigung, sondern "eine Erklärung" für den Überfall auf Israel sei, für eine Geschichte, die vor Jahrzehnten und nicht am 7. Oktober begonnen habe.

BILDER: Hamas-Horror auf Musikfest in Israel (7. Oktober 2023)

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    <strong>364 Tote</strong> – das ist die Horror-Bilanz des Überraschungsangriffs der Hamas auf das <strong>Nova-Musikfestival</strong> beim israelischen Kibbuz Re'im am 7. Oktober 2023.
    364 Tote – das ist die Horror-Bilanz des Überraschungsangriffs der Hamas auf das Nova-Musikfestival beim israelischen Kibbuz Re'im am 7. Oktober 2023.
    South First Responders / AFP / picturedesk.com

    Schließlich bezeichnete Shafi die Angriffe der Hamas als "völkerrechtswidrig", kritisierte aber, dass Israel Tausende Menschen im Gazastreifen umgebracht habe. Warum es aber keine Verhaftungen der Täter gegeben habe? "Es läuft ein Krieg im Gazastreifen", so der Botschafter, der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshof habe beantragt, drei Hamas-Vertreter und zwei israelische Minister festzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt stieg dann auch der israelische Armeesprecher Shalicar in die Diskussion ein – und musste direkt beantworten, ob er die Taten seiner Armee noch für verhältnismäßig halte.

    Bevölkerung als Schutzschild? "Eine große Lüge"

    Shalicar bedauerte, dass Shafi nicht gemeinsam die Terror-Taten vom 7. Oktober verurteilen wolle und erklärte, "nach wie vor werden wir heute auch ein Jahr nach Kriegsbeginn noch beschossen aus dem Gazastreifen, aus dem Libanon, aus dem Jemen". Das sei auch der Grund, warum er Schutz habe suchen müssen in einem Bunker. "Die Verhältnisse im Gazastreifen sind wirklich schlimm", gestand Shalicar, besonders die Frauen und Kinder täten ihm leid, die unter der eigenen Terrorführung leiden würden. Die Führung der Palästinenser tue aber auch nichts, "um es der eigenen Bevölkerung besser gehen zu lassen", etwa die Geiseln freizulassen.

    "Ich werde nicht mit dem Sprecher einer Armee, die Völkermord begeht, über den Frieden reden", entrüstete sich Shafi. Außerdem sei es "eine große Lüge", dass behauptet werde, die Hamas setze Zivilisten als menschliche Schutzschilde ein. Wolfs Reaktion: "Aber außer Ihnen und der Hamas glaubt das niemand." Shafi wiederum war sich sicher: "Alle Welt glaubt das." Entsetzt zeigte sich Shalicar: "Es ist dreist, es ist frech, es ist menschenverachtend", den Menschen, die er als Botschafter vertrete, "frontal ins Gesicht spucken, das ist, was er tut", richtete er Shafi aus. Israel müsse weiterkämpfen, solange die Führung nicht einlenke, der Botschafter aber greife den Terroristen unter die Arme, statt sie zu verurteilen, hieß es.

    Gewalt und Hass auch auf Wiener Straßen

    Shalicar bestritt, dass die Zahl der Opfer im Militäreinsatz im Gazastreifen so hoch sei, wie kolportiert. Wolf konfrontierte ihn jedoch damit, dass Tausende Zivilisten gestorben seien, im Vergleich zu 300 israelischen Soldaten. Shalicars Antwort: Wenn man anfangen wolle, Zahlen gegeneinander abzuwägen, "dann sind wir zurück im Jahr 1945 und fragen uns, ob die Alliierten damals richtig gehandelt haben, als sie gegen die Nazis kämpften." Wolfs Reaktion: "Wollen Sie den Feuersturm auf Dresden rechtfertigen?" Shalicar entgegnete, es gehe nicht nur um Zahlen, sondern um "einen Verteidigungskrieg", bei dem man aus acht Ländern beschossen werde.

    Gedenkfeier in der Wiener City

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      Lichtermeer am Ballhausplatz – Tausende trauern um Hamas-Opfer
      Lichtermeer am Ballhausplatz – Tausende trauern um Hamas-Opfer
      Sabine Hertel

      Und warum höre man kein Wort vom Botschafter, dass die Geiseln der Hamas freigelassen werden sollen? Er fordere die Freilassung der Geiseln, aber auch palästinensischer Gefangener, so Shafi. "Wir können viel argumentieren, aber es gibt einen Maßstab, das ist das Völkerrecht", so der Botschafter. Die Länder der Welt hätten eine Verpflichtung, "die Besatzung zu beenden", hieß es. Und Israel richtete er aus: "Das ist keine Demokratie, das ist ein Schurkenstaat." Shalicars Replik: "Mit dem Herrn bei Ihnen im Studio werde ich keinen Frieden schließen können", lieber wolle er mit allen Zivilisten im Gazastreifen, Libanon und den anderen betroffenen Regionen Frieden. Und: "Diesen Schmarrn, den ich von diesem Herrn gehört habe", das sei "Propaganda, ein Gift", mit dem Hass und Gewalt auch auf Wiener Straßen befeuert werde.

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        Bundesheer / OTS

        Auf den Punkt gebracht

        • Am Jahrestag des Hamas-Terrorangriffs auf Israel diskutierten der israelische Armeesprecher Arye Shalicar und der palästinensische Botschafter Salah Abdel Shafi in der ORF-Sendung "ZIB2" hitzig über die anhaltenden Konflikte und die Gewalt im Nahen Osten
        • Während Shalicar die Angriffe der Hamas und die Nutzung von Zivilisten als Schutzschilde verurteilte, kritisierte Shafi die israelischen Militäraktionen im Gazastreifen und bezeichnete Israel als "Schurkenstaat", was zu heftigen Wortgefechten führte
        red, 20 Minuten
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