Österreich

Friseur-Lehrling musste Fliesen mit Zahnbürste putzen

Als Friseur-Lehrling stand für Marion K. (21) nicht das Haareschneiden am Programm: Die Wienerin musste Fliesen mit einer Zahnbürste (!) putzen.

Christine Ziechert
Teilen
Frau putzt mit Zahnbürste Fliesen.
Frau putzt mit Zahnbürste Fliesen.
Getty Images/iStockphoto

An ihre Zeit als Friseur-Lehrling bei einer der bekanntesten Friseurketten Österreichs denkt Marion K. (Name geändert) nicht gerne zurück. Denn zu den Hauptaufgaben der Wienerin zählten nicht etwa das Färben von Haaren oder das Haareschneiden, sondern das Putzen von Lüftungsabdeckungen und Fliesen mit Zahnbürsten: "Es war der Horror. Man hat uns behandelt wie den letzten Dreck", erklärt die 21-Jährige.

Marion K. musste sich die Haare abschneiden, selbst Beigebrachtes wurde als unzureichend abgetan: "Bei der täglichen Arbeit haben wir aber nichts gelernt." Zudem fanden "freiwillige" Trainings sonntags statt. Wer nicht dabei war, bekam Sanktionen zu spüren – Unfreundlichkeit stand laut Marion K. an der Tagesordnung: "Meine damalige Chefin meinte nur: 'Lehrjahre sind keine Herrenjahre'", so die Wienerin.

1/66
Gehe zur Galerie
    <strong>23.12.2024: Vierfacher Vater vor Weihnachten eiskalt gekündigt.</strong> Ein 37-jähriger Wiener steht kurz vor den Feiertagen vor dem Nichts. <a data-li-document-ref="120079751" href="https://www.heute.at/s/vierfacher-vater-vor-weihnachten-eiskalt-gekuendigt-120079751">Sein Chef hat ihn nämlich per E-Mail über seine Kündigung in Kenntnis gesetzt &gt;&gt;&gt;</a>
    23.12.2024: Vierfacher Vater vor Weihnachten eiskalt gekündigt. Ein 37-jähriger Wiener steht kurz vor den Feiertagen vor dem Nichts. Sein Chef hat ihn nämlich per E-Mail über seine Kündigung in Kenntnis gesetzt >>>
    Karl Schöndorfer / picturedesk.com
    "Die Chefin hat uns über eine Kamera via Notebook von zu Hause kontrolliert" - ehemaliger Friseur-Lehrling Marion K.

    Zur Verrichtung von "Drecksarbeit" – wie Marion K. es nennt – kam auch noch, dass die Filialleiterin die Lehrlinge überwachte: "Die Chefin hat uns über eine Kamera via Notebook von zu Hause kontrolliert und geschaut, was wir machen!" Der psychische Druck für die junge Mutter wurde immer größer: "Ich wollte nicht mehr weitermachen, aber meine Mama hat gesagt, dass ein Abschluss wichtig ist, also habe ich es weiterhin über mich ergehen lassen", meint die 21-Jährige.

    Doch schließlich fand sich die damals 19-Jährige in einer Depression wieder: "Der Druck hat sich so manifestiert, dass ich irgendwann nicht mehr ins Auto steigen konnte und heute noch teilweise Schwierigkeiten habe, weil ich die Fahrt mit dem Auto mit der Fahrt zu dieser Lehrstelle verbinde." Die Wienerin wechselte die Lehrstelle und arbeitet heute Vollzeit in einem Drogeriemarkt: "Man darf und muss sich nicht alles gefallen lassen!" 

    Jeder dritte Lehrling mit Ausbildung unzufrieden

    "Leider ist das alles andere als ein Einzelfall. Der Lehrlingsmonitor von Arbeiterkammer und Österreichischer Gewerkschaftsjugend zeigt, dass jeder dritte Lehrling mit der Ausbildung unzufrieden ist. Wir bekommen sehr regelmäßig Anrufe von Lehrlingen, die von ihrer Situation erzählen", so Sumit Kumar, Bundesjugendsekretär der Gewerkschaft vida. "Da sind zum Teil Sachen dabei, die man nur aus sehr schlechten Filmen kennt. Umso wichtiger ist es, die jungen Menschen in ihrem Job-Alltag zu unterstützen und für sie da zu sein", meint Kumar.

    vida-Bundesjugendsekretär Sumit Kumar
    vida-Bundesjugendsekretär Sumit Kumar
    zVg