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Bundesheer-Oberst sieht schnelles Ende im Ukraine-Krieg
Putin lässt seine Armeen in der Ukraine einmarschieren. Was plant er und wie geht er vor? Bundesheer-Offizier Reisner gibt darauf klare Antworten.
Rund um den russischen Einmarsch in der Ukraine erreichen auch das österreichische Bundesheer viele Fragen von besorgten Bürgern. Am Freitag rückte Oberst Markus Reisner – er leitet die Entwicklungsabteilung an der Militärakademie in Wiener Neustadt – aus, um die dringendsten zu beantworten:
Der Einmarsch und die Raketenangriffe auf die Ukraine seit dem frühen Donnerstagmorgen sei erst die erste von insgesamt drei Phasen, sagt Reisner in einem Ö1 Sonderjournal am Freitag. In der Eröffnungsphase hätten die Russen versucht, die Kommunikation zwischen der ukrainischen Führung und den Streitkräften durch Cyberangriffe lahmzulegen.
Danach, in der Entscheidungsphase, sei es zu einem sogenannten "Angriff zum Durchbruch" an mehreren Seiten des Landes gekommen. Dieser funktioniere "relativ langsam, doch wenn er gelingt, dann kann alles sehr schnell gehen". Erst dann würde der großflächige Vorstoß zum wichtigen Fluss Dnepr, an dem auch Kiew liegt, erfolgen.
In der dritten, der Konsolidierungsphase, würden die Russen dann die eroberten Gebiete sichern und lokale Gegenangriffe unterbinden.
Der entscheidende Faktor für die Dauer dieses militärischen Fahrplans sei die Widerstandsfähigkeit der ukrainischen Armee. Bei gebrochener Moral könne es zu einer Kettenreaktion kommen, die innerhalb einer Woche zur Niederlage führe.
Doch selbst wenn die Ukrainer erbitterten Widerstand leisten, rechnet der Experte damit, dass die laufende Schwächung der Verteidigungskräfte dazu führt, dass "in zwei bis drei Wochen, im schlimmsten Fall nach einem Monat die Ukraine bis zum Westen in [russischen] Besitz genommen ist".
Präsident Putin hat die zu erreichenden Ziele in seiner Rede am 21. Februar 2022 sowie im Rahmen einer Pressekonferenz klar definiert, so Reisner. Die Ukraine solle demilitarisiert und neutral werden, zudem solle ein NATO-Beitritt verhindert werden. Russland möchte nicht, dass auf ukrainischem Territorium Raketen stationiert werden, welche eine Bedrohung für Moskau darstellen.
"Eine derartige Entwicklung ist im Moment nicht erkennbar. Dazu müsste es auch zu einem Angriff von russischen Truppen auf NATO-Staaten kommen", sagt der Oberst. Dieser strategische Ansatz lasse sich aus den derzeitigen militärischen Handlungen nicht herleiten. Langfristig könne es jedoch zu einer andauernden Konfrontation mit der NATO und einer Neuauflage des Kalten Kriegs kommen.
"Eine mögliche gänzliche Annexion der Ukraine würde eine Zäsur bedeuten. Die Einnahme der Ukraine stellt einen klaren Völkerrechtsbruch dar. Russland stellt somit die internationale Ordnung (UN-Charta) in Frage", schätzt Reisner. Bereits der jetzige Angriff werde weitreichende Folgen für die europäische und transatlantische Sicherheitspolitik haben.