Wirtschaft
Firma reduziert Arbeitszeit auf 5 Stunden pro Tag
Weniger Pausen, mehr Druck und deutlich mehr Freizeit. Wie ist es, statt acht nur fünf Stunden pro Tag zu arbeiten?
Es klingt zu gut, um wahr zu sein: Jeden Nachmittag frei, bei einem Arbeitspensum von 100 Prozent. Die IT-Agentur Rheingans Digital Enabler hat das für ihre Mitarbeiter vor eineinhalb Jahren möglich gemacht. Das Unternehmen hat im November 2017 die 25-Stunden-Woche eingeführt. Die Firma aus Deutschland bezahlt ihren Mitarbeitern weiterhin den vollen Lohn, auch der Urlaubsanspruch wurde nicht gekürzt.
Wie geht das? "Wir arbeiten alle von 8 bis 13 Uhr – ohne richtige Pause", sagt der Geschäftsführer der IT-Agentur, Lasse Rheingans. Wer Pause macht, holt die Zeit nach. Das Arbeitsergebnis stehe im Vordergrund, die gesetzten Tagesziele müssen erreicht werden. Das heißt auch: Kein Smalltalk im Großraumbüro und die Handynutzung wird auf ein Minimum reduziert.
Steigerung der Produktivität um 40 Prozent
Kommuniziert wird bevorzugt via Chat-Nachrichten, um den Lärmpegel im Großraumbüro tief zu halten. Interne Sitzungen sollten zudem nicht länger als 15 Minuten dauern. Denn die Arbeit bleibt die gleiche – bloß muss sie jetzt in fünf Stunden statt in acht Stunden pro Tag erledigt werden. Das entspricht einer Steigerung der Produktivität um knapp 40 Prozent.
Das sei dann auch die größere Herausforderung bei der Umstellung gewesen, erklärt Rheingans. "Die Mitarbeiter mussten erst einmal lernen, mit diesem Druck umzugehen." Das sei ein langer Prozess gewesen. Das Unternehmen hat dafür extra eine Taskforce eingeführt. Jeden Abend müssen die Mitarbeiter angeben, was gut läuft und was schlecht. "So kann das Team der Taskforce Dinge, die verbessert werden können, frühzeitig identifizieren", sagt Rheingans.
Der Mensch braucht Pausen
Fünf Stunden ohne Pause zu arbeiten, das schafft kein Mensch, meint Alexandra Cloots, Professorin an der FHS St. Gallen. Sie beschäftigt sich im Rahmen einer Forschungsarbeit mit der innovativen Gestaltung von Unternehmen im Zeitalter von New Work. "Der Mensch benötigt zwischendurch kurze Pausen, um die Konzentrationsfähigkeit beizubehalten", sagt sie.
Die positive Seite: Fünf-Stunden-Arbeitstage bedeuten auch viel mehr Freizeit. Doch wollen das die Leute überhaupt? "Die Arbeitstage sind heute – auch durch die Digitalisierung – von einer hohen Taktung", sagt Cloots. Der Leistungsdruck und die Dynamik stelle für Mitarbeitende eine große Herausforderung dar. "Die Arbeitszeit zu reduzieren, kann eine Form sein, wie man dem begegnet."
Was tun mit so viel Freizeit?
Doch nicht jede Person wird damit gleich gut umgehen können, weiß Cloots. "Eine kürzere Arbeitszeit wird einige vor eine Herausforderung stellen." Es stelle sich die Frage: Wie nutze ich die Zeit so, dass es mir gut geht? Während die einen aus dieser Zeit einen Mehrwert ziehen können, könne es bei anderen zu einem Freizeitstress übergehen.
Eine Umsatzeinbusse habe die IT-Agentur durch die Umstellung nicht erlitten, sagt Rheingans. Klar habe es zu Beginn Kunden gegeben, die erst einmal irritiert reagiert hätten. "Wir müssen mit Qualität und Geschwindigkeit überzeugen und dem Kunden zeigen, dass es keine Nachteile hat", sagt der Geschäftsführer. Zwar komme es vor, dass Mitarbeiter ausnahmsweise länger arbeiteten, jedoch sei dies nicht die Regel.
Gemeinsame Mittagspause nach Feierabend
Um 13.00 Uhr ist bei der Firma Mittagspause und gleichzeitig auch Feierabend. "Die meisten Mitarbeiter essen dann noch zusammen zu Mittag", sagt Rheingans. Das sei wichtig, da während den fünf Stunden im Großraumbüro kaum Smalltalk stattfinde.
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(rfr)