Fenerbahce-Boss wütet über "Terror" und "Lynchversuch"

Der türkische Supercup dauerte am Sonntag nur zwei Minuten – dann folgte der Spielabbruch und damit das nächste Kapitel in einer Saison der Skandale. Der türkische Fußball steht vor der Zerreißprobe.

Fenerbahce war bereits mit einer Rumpfmannschaft angereist, hatte angekündigt, das Spiel nicht ernstzunehmen und nicht die vollen 90 Minuten absolvieren zu wollen. Nach dem 1:0 von Galatasarays Mauro Icardi war es dann tatsächlich so weit. Fenerbahce trat ab. Das Finale war vorbei. Gala vertröstete die Fans mit einem Trainingsspiel.

Was war der Auslöser? Fenerbahce protestierte mit seinem Supercup-Boykott gegen die zeitliche Ansetzung des Spiels, vier Tage vor dem Viertelfinal-Hinspiel der Conference League bei Olympiakos Piräus. Zudem war es im März beim Ligaspiel gegen Trabzonspor zu schweren Ausschreitungen gekommen. Gegnerische Fans hatten das Feld gestürmt und regelrecht Jagd auf die Fener-Profis gemacht. Bilder von Ex-Rapidler Mert Müldür, der von einem Mann mit einer umgedrehten Eckfahne wie mit einem Speer bewaffnet verfolgt wurde, waren um die Welt gegangen. Im türkischen Luft herrscht dicke Luft. Der Abtritt sorgte nun für eine neue Eskalationsstufe.

Klub-Boss mit Wut-Statement

Dazu gießt Fenerbahce-Präsident Ali Y. Koc weiter Öl ins Feuer. In seinem Statement erklärt er in 27.170 Zeichen, warum der Verein die U19 zum Finalspiel geschickt, den Abbruch provoziert habe. Dabei wählte er deftige Worte.

Koc sagt: "Unsere Rebellion heute, unsere Haltung im Super Cup bezieht sich nicht nur auf das Datum des Spiels oder auf das, was im letzten Auswärtsspiel passiert ist." Der Vereinsboss weiter: "Die Ungerechtigkeiten, die wir erlebt haben, die Verschwörungen der Terrororganisation, das Attentat auf unsere Fußballmannschaft bei der Rückkehr vom Auswärtsspiel in Rize, der Lynchversuch an unseren Fußballspielern bei unserem letzten Auswärtsspiel, unsere Meisterschaften, die durch Mobbing gestohlen wurden, vor allem drei Mal in der letzten Woche der Liga."

2015 war der Mannschaftsbus von Fenerbahce mit Schusswaffen attackiert worden. Koc dazu: "Eines der Elemente des Attentats, das uns am meisten schmerzt und uns die Situation, in der wir uns befinden, am meisten infrage stellen lässt, ist, dass das Attentat immer noch nicht aufgeklärt ist. Neun Jahre sind vergangen. Es gibt immer noch keine Fortschritte. Während des Verschwörungsprozesses vom 3. Juli sind die danach eingereichten Klagen immer noch in der Schwebe und nicht abgeschlossen. Dies sind nur einige der Vorfälle, die ich erwähnt habe. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen."

Fenerbahce lässt seine Fans aktuell über einen möglichen Ausstieg aus dem Verband abstimmen, liebäugelt mit einem spektakulären Wechsel in die spanische La Liga oder die französische Ligue 1.