"Operation D-Day"
FDP hatte Ampel-Aus schon monatelang geplant
Anders als behauptet, provozierte die FDP-Führung unter Christian Lindner den Rausschmiss aus der Ampel – und plante diesen schon Monate zuvor.
FDP-Chef Christian Lindner stellte sich kurz nach seinem Rauswurf durch Olaf Scholz vor die Presse und warf dem Bundeskanzler fehlenden Einigungswillen und einen "kalkulierten Bruch" der Ampel-Koalition vor – in Wahrheit war aber er es, der den Ausstieg schon Monate zuvor akribisch plante. Das belegen Recherchen der "Zeit".
Bereits Ende September soll sich die FDP-Führungsriege zu gemeinsamen Treffen verabredet haben, bei denen verschiedene Ausstiegsszenarien aus der Ampel-Koalition diskutiert worden seien. Alle tragen Namen, die Anspielungen auf vorherige Ereignisse sind:
– Das Wolfgang-Gerhardt-Szenario: konstruktiv in der Regierung weiterzuarbeiten, bis zum bitteren Ende.
– Das Gerhard-Schröder-Szenario: den Kanzler dazu zu bringen, die Vertrauensfrage zu stellen.
– Operation D-Day: Den Bruch der Regierung selbst provozieren, SPD und Grüne so weit zu reizen, bis der Kanzler die FDP-Minister hinauswirft.
Lindner will den Bruch unbedingt
Linders klarer Favorit: Der D-Day-Plan. "D-Day" nannten die US-Amerikaner den Tag, als die Alliierten 1944 in der Normandie landeten und den Kampf gegen die Nazi-Herrschaft begannen. Für die FDP ist es dagegen eine Kampfansage an die Ampel.
Dann wird für die Operation "D-Day" ein genauer Zeit- und Masterplan entworfen. Der beinhaltet zum Beispiel ein wirtschaftliches Positionspapier, das extra so formuliert ist, dass SPD und Grüne ihm nie zustimmen würden. Dies soll dann als inhaltliche Begründung dafür herhalten, warum eine gemeinsame Zusammenarbeit für die FDP nicht mehr möglich ist. Ein zweites Dokument soll die angeblich verheerenden Folgen grüner Wirtschaftspolitik beschreiben, an die Presse gelangen und damit einen zusätzlichen Bruch provozieren.
Volker Wissing hat Bedenken
Nicht alle finden den Plan toll. Verkehrsminister Volker Wissing meldet immer wieder Bedenken an. Doch Linder will den Bruch unbedingt. Die FDP müsse aus der Ampel, soll er gerufen haben. Er könne "diese Fressen" einfach nicht mehr sehen. In einem Interview mit einem "Spiegel"-Journalisten behauptet Lindner dagegen: "Ich stehe für solche spielerischen Sachen ungern zur Verfügung, weil ich auch selber keine Freude daran habe." Damit meint er den kalkulierten Bruch mit der Ampel.
Ab Anfang November überschlagen sich die Ereignisse dann: Volker Wissing gibt der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ein Interview, in dem er vor einem Bruch der Ampel-Koalition warnt. Kurz darauf veröffentlicht Lindner sein Wirtschafts-Provokations-Papier im "Stern". Das schlägt ein wie eine Bombe, Grüne und SPD sind entsetzt.
Lindner und Scholz stellen sich gegenseitig Ultimatum
Was daraufhin passierte, ist weitgehend bekannt: Am 3. November lädt Bundeskanzler Olaf Scholz Lindner ins Kanzleramt ein und konfrontiert ihn mit seinem Positionspapier. Lindner wiederum sagt sinngemäß zum Kanzler: Entweder eine Wirtschaftswende, oder die Ampel ist Geschichte.
Am 5. November, stellt Scholz Lindner ein Ultimatum: Entweder, er würde die Schuldenbremse aussetzen – oder aber, er müsse ihn entlassen. Lindner lehnt ab, die Ampel ist Geschichte. Im Anschluss stellt der ehemalige Finanzminister sich vor die Presse und kritisiert Scholz für den "kalkulierten Bruch" der Koalition.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Christian Lindner und die FDP-Führung planten den Ausstieg aus der Ampel-Koalition akribisch
- Der Plan "Operation D-Day" zielte darauf ab, die Regierung zu provozieren und den Bruch zu erzwingen
- Volker Wissing warnte vor den Folgen, doch Lindner hielt am Plan fest
- Ein Ultimatum zwischen Lindner und Scholz führte schließlich zum Ende der Koalition