Die Europäische Zentralbank (EZB) senkt ihre drei Leitzinssätze erneut um jeweils 0,25 Prozentpunkte. Der zentrale Leitzins, der Einlagezins, zu dem Geschäftsbanken Geld bei der EZB anlegen, liegt so zukünftig bei 2,75 Prozent, wie die Bank am Donnerstag nach der ersten Sitzung des EZB-Rates in diesem Jahr mitteilte. Es ist die vierte Leitzinssenkung in Folge.
Experten gehen davon aus, dass dies nicht die letzte Zinssenkung im laufenden Jahr sein wird. Dabei könnte auch der Handelskonflikt Europas mit US-Präsident Donald Trump eine Rolle spielen.
Die erneute Senkung der Leitzinsen – die vierte in Serie – hat Folgen für Sparer: Bekommen Geschäftsbanken weniger Zinsen für bei der EZB geparkte Gelder, senken sie die Tages- und Festgeldzinsen für ihre Kundschaft. Die Zinsen für bundesweit verfügbare zweijährige Festgelder fielen Ende Januar auf im Schnitt 2,24 Prozent, wie eine Analyse des Vergleichsportals Verivox zeigt. Das sei der tiefste Stand seit zwei Jahren. Auch die Tagesgeldzinsen sanken demnach: auf im Mittel 1,56 Prozent bei bundesweit aktiven Banken.
Die EZB senkt nicht nur den Einlagenzins, sondern auch den Zins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können: von 3,15 auf 2,9 Prozent. Niedrigere Leitzinsen stützen tendenziell die Wirtschaft: Kredite werden erschwinglicher, Firmen und Privatleute – etwa Hausbauer – kommen günstiger an Finanzierungen. So sind die Bauzinsen in den vergangenen Monaten etwas gefallen.
Ökonomen hatten mit der erneuten Zinssenkung der EZB gerechnet. Da die große Teuerungswelle im Euroraum vorbei ist, hat die Notenbank mehr Spielraum. Zudem macht ihr die schwache Konjunktur Sorgen. Für dieses Jahr sagt die Notenbank nur 1,1 Prozent Wirtschaftswachstum in der Eurozone voraus und für 2026 ein Plus von 1,4 Prozent.
Ein Risiko für Konjunktur und Inflation ist Trumps Drohung, hohe Zölle auf die Importe aus Europa einzuführen. Die EU könnte mit Gegenmaßnahmen reagieren. Höhere US-Zölle auf Waren aus dem Euroraum könnten Einfluss auf die weitere Preisentwicklung im Währungsraum haben, warnte jüngst EZB-Direktorin Isabel Schnabel. Besonders betroffen von einem Handelskonflikt wäre wohl die Exportnation Deutschland.
Bereits im Dezember stiegen die Verbraucherpreise sowohl in Deutschland als auch im Euroraum insgesamt wieder deutlich stärker. Die Inflationsrate im Euroraum erreichte mit 2,4 Prozent den höchsten Wert seit Juli 2024.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde zeigte sich jedoch jüngst beim Weltwirtschaftsforum in Davos zuversichtlich, dass die Teuerung im Jahresverlauf wieder sinken wird. Das von der EZB angepeilte Zwei-Prozent-Ziel sei "weiter in Sicht". Volkswirte rechnen daher mit weiteren Zinssenkungen der EZB auf ein Niveau von 2,0 Prozent beim Einlagenzins im Sommer.
Von ihrem Rekordhoch bei 10,7 Prozent im Herbst 2022 ist die Inflation im Euroraum inzwischen weit entfernt – auch, weil sich die EZB mit dem stärksten Zinsanstieg seit 25 Jahren dagegenstemmte. Im Juli 2022 endete die jahrelange Null- und Negativzinspolitik, zehnmal schraubte die EZB die Zinsen nach oben. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und die Inflation dämpfen kann. Im Juni 2024 senkte die EZB die Leitzinsen erstmals wieder.