Im Gemeindebau

Experten fordern: Reiche sollen mehr Miete zahlen

Der soziale Wohnbau ist nicht treffsicher, befindet eine neue Studie. Denn in Gemeindewohnungen leben viele, die sich höhere Mieten leisten könnten.

Angela Sellner
Experten fordern: Reiche sollen mehr Miete zahlen
Berühmter Wiener Gemeindebau: der Karl Marx Hof in Heiligenstadt.
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Der soziale Wohnbau hat einen Haken – die Treffsicherheit, so das Resultat einer neuen Studie der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Agenda Austria.

Denn in geförderten Wohnungen leben viele, deren Einkommen über die Jahre so gestiegen ist, dass sie sich eine nicht geförderte höhere Miete leisten könnten. In Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen sind die Mieten rund 30 % niedriger als am freien Markt. Natürlich solle es so sein, dass Menschen mit geringem Einkommen leistbar wohnen, heißt es in der Studie. "Aber gut Betuchte, die in einer Gemeindewohnung leben, haben mit der Mietersparnis quasi ein Zusatzeinkommen vom Staat", so Agenda-Experte und Mitautor der Studie Jan Kluge zu "Heute".

Gut Betuchte, die in einer Gemeindewohnung leben, haben mit der Mietersparnis quasi ein Zusatzeinkommen vom Staat"
Jan Kluge
Agenda Austria

180 Euro weniger

Im Durchschnitt zahlen Mieter in Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen pro Monat rund 180 Euro weniger, als sie für dieselbe Wohnung am freien Markt hinblättern müssten.

Die Agenda-Experten haben nachgerechnet: Hätte jemand vor zehn Jahren angefangen, jeden Monat die gesparten 180 Euro (in heutigen Preisen) aufs Sparbuch zu legen, dann hätte er zwar real einen Teil seines Vermögenszuwachses wieder an die Inflation verloren, trotzdem hat er fast 20.000 Euro zur Verfügung. Hätte er das Geld dem Aktienmarkt anvertraut, dann wären es heute über 26.000 Euro. Wer das Spiel seit 25 Jahren spielt, hat heute fast 90.000 Euro.

Für Sozialleistungen muss man die Voraussetzungen regelmäßig nachweisen. Warum nicht auch für Gemeindewohnungen?
Jan Kluge
Agenda Austria

Um den sozialen Wohnbau weg von der Spielwiese für Gutverdienende zu bringen, empfehlen die Experten unter anderem: weg von der Objekt- hin zur Subjektförderung. Heißt: "Für Sozialleistungen muss man die Voraussetzungen regelmäßig nachweisen. Warum nicht auch für Gemeindewohnungen?" Wer zu viel verdiene, müsse nicht ausziehen – aber sollte eine "faire Miete" zahlen, orientiert am freien Markt, wo er sich ja sonst nach einer neuen Wohnung umschauen müsste, meint Studienautor Kluge. Das fülle dann auch den Wohnbautopf mehr.

Denkbar wäre auch, Gemeindebau-Mietern nach einiger Zeit die Wohnung zum Kauf anzubieten, meint Kluge.

"Meiste Mieter erhalten staatliche Unterstützung"

Weitere Empfehlungen der Experten: Das Mietrecht sollte neu aufgesetzt werden – mit dem Ziel, dass sich die Preise langsam Richtung Marktentwicklung bewegen. "Die Tatsache, dass die allermeisten Mieter in Österreich staatliche Unterstützung erhalten, ist schon sehr speziell", schreiben die Studienautoren.

Insgesamt sind derzeit laut Agenda Austria in Österreich nur rund 19 % der Mietwohnungen am freien Markt vermietet, in Wien sind es knapp 11 %. Gemeindewohnungen haben bundesweit einen Anteil von 21 % (Wien: 34 %), bei Genossenschaftswohnungen sind es knapp 40 % (Wien: 31 %), bei regulierten Wohnungen (nach Richtwertgesetz) beträgt der Anteil 21 % (Wien: 24 %).

Neu aufzusetzen wäre nach Meinung der Agenda-Studienautoren auch die Wohnbauförderung. Die sollte aus dem Budget kommen.

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    Auf den Punkt gebracht

    • Eine neue Studie der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Agenda Austria zeigt, dass viele Mieter in geförderten Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen höhere Mieten tragen könnten
    • Experten empfehlen daher die Einführung fairer Mieten, die an den freien Markt angelehnt sind
    • Außerdem sollten die Wohnbauförderung und das Mietrecht neu aufgesetzt werden
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