Radikalisierung im Netz
Experte sicher: "Geht nicht mehr nur um Religion"
Der Terrorverdächtige aus Ternitz radikalisierte sich im Netz. Laut einem Experten gehe es dabei heute oftmals nicht mehr nur um religiöse Ansichten.
Die Terrorpläne eines IS-Anhängers aus Ternitz sorgen weiterhin für Entsetzen. Der 19-Jährige wollte mit einem Auto und einer Bombe ein Massaker bei den Taylor-Swift-Konzerten im Wiener Ernst-Happel-Stadion anrichten. Auch ein 17-jähriger mutmaßlicher Komplize konnte festgenommen werden. Durch Hinweise von ausländischen Geheimdiensten kamen die Ermittler dem Terrorduo auf die Spur.
Der Österreicher mit nordmazedonischen Wurzeln soll sich online radikalisiert haben. Im Juni legte er schließlich einen Treueschwur auf den IS ab. Die Radikalisierung im Netz stellt die Behörden weiterhin vor große Probleme. Laut Islamismusforscher Moussa Al-Hassan Diaw vom Verein "DERAD" wurden die Kommunikationskanäle der Extremisten in den vergangenen Jahren vielfältiger. "Über Telegramkanäle, aber auch Instagram und TikTok findet reger Austausch extremistischer Energie statt", so der Experte im Ö1-Morgenjournal.
"Geht nicht mehr nur um Religion"
Personen, die auf Sinnsuche sind und ein politisches Angebot erhalten, würden stark zu Extremismus tendieren. Laut dem Experten gehe es dabei oftmals nicht mehr nur um Religion, sondern um ein politisches System. "Sie vertreten die Meinung, dass die Gesellschaft verkommen und das System verloren ist", erklärt Diaw.
Auch Österreicher würden in diesem Milieu aufwachsen. "Sie kommen beispielsweise im Boxklub oder dem AMS mit diesen Ansichten in Kontakt", schildert der Islamismusexperte. Der "Style", stark zu sein, dürfte vor allem der jüngeren Generation zusagen.
"Finanzielle und institutionelle Unterstützung"
Im Fall des mutmaßlichen Terroristen aus Ternitz sollen Nachbarn und Bekannte zuletzt wesentliche Veränderungen an dem 19-Jährigen erkannt haben. Laut Diaw sei die Veränderung der inneren Einstellung und des äußeren Erscheinungsbilds keine Überraschung.
Um die fortschreitende Radikalisierung Jugendlicher in Österreich zu stoppen, fordert Diaw nun mehr Angebote in der Extremismusprävention. Dabei gehe es konkret um eine "Immunisierung gegen extremistische Anschauungen und Narrative". Doch auch bei der Deradikalisierungsarbeit fordert der Islamismusforscher mehr finanzielle und institutionelle Unterstützung seitens der Politik. Bisher sei die Kommunikation und der Austausch zwischen den verschiedenen Stellen mangelhaft.