Niederösterreich
Experte: "Großer Blackout demnächst zu erwarten"
Er ist Österreichs führender Blackout-Experte und rüttelt uns alle wach: "Ein Blackout kommt definitiv. Das heißt dann 10 Tage kein Supermarkt."
Major Herbert Saurugg (48) ist Blackout- und Krisenvorsorge-Experte und somit der Spezialist in Österreich. Ein Blackout könne jederzeit kommen, mit jedem Jahr würde das Risiko steigen. "Ein Blackout kommt demnächst ganz sicher, das kann heuer sein oder erst in fünf Jahren – aber es wird leider kommen", so der gebürtige Steirer. Erst gestern waren in Salzburg Hunderte Haushalte ohne Strom – mehr dazu hier.
Erneuerbare Energie hat keine Speicher
Die Gründe lägen auf der Hand: Der ständig wachsende Strombedarf, die erneuerbare Energie verfüge über keine Speicher, die alternde Infrastruktur, fehlendes Fachpersonal, Cyberangriffe, Sabotagen und Extremwetterlagen. "Man kann es nicht verhindern, sondern sich nur darauf vorbereiten", so der Experte, der bis 2012 aktiv beim Bundesheer war und sich seither nur noch mit dem Thema Blackout befasst.
Der Major (mit Jahresende scheidet er aus dem Heer aus) skizziert: "In Österreich rechne ich mit einem Blackout rund von 24 Stunden. Europaweit könnte es sogar bis zu einer Woche dauern." Das heißt dann: Kein Strom, kein Wasser, kein Gas, keine Produktion, keine Dienstleistungen, keine Logistik – alles steht still.
„"24 Stunden Blackout heißt, dass dann über eine Woche alles still steht" – Herbert Saurugg“
"Wenn wir einen Blackout von einem Tag haben, dauert es Tage, ja sogar über eine Woche, bis das Werkl wieder läuft. Man muss sich vorstellen: Über 8 Millionen Menschen haben plötzlich nichts zu essen, kein Wasser, kein Handynetz, kein Internet. Supermärkte haben dann sicherlich eine Woche oder länger geschlossen. Denn bis alle Systeme wieder gänzlich hochgefahren sind, dauert es einige Tage."
Am Beispiel Supermarkt führt Saurugg aus: "Supermärkte hätten sicherlich eine Woche geschlossen, wenn nicht länger – und das bei einem Stromausfall von 24 Stunden. Denn: Die Logistik ist unterbrochen, die Elektronikkette. Das Personal ist selbst in einer Extremsituation. Wie soll ein Supermarktmitarbeiter ohne Öffis oder Treibstoff den Arbeitsplatz überhaupt erreichen?"
"Städte versinken im Chaos"
Das wichtigste sei laut Saurugg der Zusammenhalt innerhalb der Familie und vor allem in der Nachbarschaft. "Da ist es am Land natürlich leichter als in Städten." In Städten seien nach ein bis zwei Tagen erste Ausschreitungen und Plünderungen zu befürchten. "Nach vier Tagen könnte eine Großstadt dann im völligen Chaos versinken", so das düstere Szenario des 48-Jährigen.
"Ich höre immer wieder, wozu soll ich Nudeln horten, wenn ich diese eh nicht kochen kann", so der Experte. "Nach dem Blackout geht ja der Strom wieder, nur die Geschäfte haben zu." Im Falle eines Blackoutes würden auch Gas-Durchlauferhitzer und neuere Gasherde nicht oder kaum funktionieren. "Weil viele ja schon elektrisch in Betrieb genommen werden."
Das solltest Du haben
Laut Saurugg könne man sich nur vernünftig vorbereiten: Eine 6er-Palette Wasser pro Person, Nudeln, Reis, Konserven, Erste Hilfe-Kasten, Medikamente (Insulin, Herztabletten, Blutdrucksenker, Antihistaminika etc.), wichtigste Hygieneartikel, Taschenlampe, Radio oder Kurbelradio, Batterien, Camping-Kocher und Gaskartuschen und eine Stirnlampe sowie bei Bedarf Baby-Artikel. Von Kerzen rät der in Wien wohnende Steirer eher ab: "Wegen der Brandgefahr. Man kann keinen Notruf absetzen, die Feuerwehr kommt später und es ist kaum Wasser verfügbar."
Was Herbert Saurugg noch anmerkt: "Abgelaufenes Mineralwasser, abgelaufene Nudeln nicht wegwerfen - die sind oft jahrelang noch genießbar. Auch bei Konserven braucht man keine Angst haben - außer die Dose bläht sich auf, dann sofort wegwerfen."
Bumerang Notstromaggregat
Auch von Notstromaggregaten in Privathaushalten hält der Experte nicht sehr viel: "Viele wissen nicht, wie man es bedient. Der Treibstoff gehört richtig gelagert, ist begrenzt haltbar und es besteht wieder Brandgefahr." Zudem: "Wenn ich als einziger in der Straße Licht habe, habe ich gute Chancen, ungebetenen Besuch zu bekommen", erklärt Saurugg.
Was der Familienvater betont: "Der gute Austausch mit der Nachbarschaft ist enorm wichtig. Was ich nicht habe, hat der Nachbar und vice versa." Auch Bargeld in kleinen Scheinen und Münzen seien von Vorteil. Alkohol in Maßen genossen, sei auch keine schlechte Idee: "Um die Menschen bei Laune zu halten und eventuell als Tauschmittel."
Müllsäcke und Katzenstreu als Toilette
Ganz wichtig und oft vergessen: Genügend Müllsacke und Katzenstreu. "Zum einen sind nach einem Tag die Tiefkühlprodukte kaputt und müssen entsorgt werden. Zum anderen muss man ja dennoch seine Notdurft verrichten. Und dazu eigenen sich Müllsäcke am besten und Katzenstreu bindet die Sache", erklärt der Krisen-Experte.
Ebenfalls oft unterschätzt: Treibstoff. "Darum sollte das Auto immer zumindest halb voll getankt sein. Es gibt dann tagelang kein Benzin oder Diesel", erklärt Saurugg.
„"Ich habe Verständnis für Waffen. Aber es ist keine Lösung und man muss bedenken: Der andere könnte schneller sein. Man muss Vor- und Nachteile abwägen" – Herbert Saurugg“
Viele Österreicher hätten sich in den letzten Jahren Waffen gekauft. "Das kann ich natürlich nachvollziehen. Nur es ist keine Lösung. Und man muss immer bedenken: Der andere könnte auch eine Waffe haben und kampferprobter sein, sprich die Waffe schneller bedienen", sagt der Spezialist.
Die Gefahr eines Blackouts wäre in den letzten 20 Jahren enorm gestiegen. "Und sie steigt weiterhin jedes Jahr, weil wir einfach immer mehr Strom verbrauchen und alles digital ist", sagt Saurugg. Wirklich zuständig ist übrigens niemand in Österreich bei einem Blackout: "Ja es gibt den Zivilschutzverband und Katastrophenzüge. Aber so eine richtige Abteilung gibt es nicht bzw. befindet sich noch in den Kinderschuhen. Es gibt in Österreich nicht einmal eine Handvoll Experten", meint Saurugg.
Heer nicht zuständig
Auf das Bundesheer könne man im Ernstfall nur bedingt zählen, denn wirklich zuständig ist das Bundesheer nicht. Heeres-Sprecher Michael Bauer auf Nachfrage: "Wir schützen in so einem Fall nur die eigenen Systeme. Damit das Bundesheer im Blackout-Fall genauso funktioniert wie ohne Blackout. Wir unterstützen natürlich in so einem Fall die Blaulichtorganisationen mit voller Kraft." Es gäbe laut Bauer einfach kaum Experten, die sich mit dem Thema auskennen. "Major Saurugg, der ist ein echter Blackout-Papst", streut Oberst Bauer dem 48-jährigen Familienvater Rosen.
Eine vom Nationalrat in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass wir bezüglich Blackout-Vorsorge hinterherhinken - mehr dazu hier. Auch das Bundesheer hat sich zuletzt verstärkt auf ein Blackout vorbereitet - mehr dazu hier. Auch Generalmajor Peter Skorsch, von der Projektgruppe "Blackout" im Innenministerium, gab "Heute" schon wertvolle Tipps für den Fall der Fälle - mehr dazu hier.
Weitere Infos und Checklisten gibt es auf der Webseite des Zivilschutzverbandes.
Zur Person Herbert Saurugg: Der internationale Blackout- und Krisenvorsorgeexperte hält Vorträge für Bezirke, Bundesländer, Gemeinden, Spitäler, Unternehmen, Rechnungshof, ist Familienvater und in der Steiermark geboren. Aktuell lebt er in Wien - alles zu Herbert Saurugg.
Mehr findest Du auch unter der Initiative: "Mach mit! Österreich wird krisenfit"