Politik
Ex-Kanzler Schüssel: Winterurlaub in Österreich sicher
Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel will sich vom Sündenbock Ischgl losreißen und prophezeit: Skiurlaub in Österreich ist "schön und sicher".
Der Tiroler Wintersportort Ischgl erreichte im Frühjahr weltweite Berühmtheit. Leider nicht wegen seiner malerischen Landschaft samt Top-Pisten und Spitzengastronomie, sondern weil sich von dort aus das Coronavirus vermutlich in ganz Europa verbreitete. Untermauert und ermöglicht wurde das durch zögerliches und intransparentes Verhalten der Behörden.
Das stößt auch dem ehemaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sauer auf. Nicht jedoch der fahrlässige Umgang mit der drohenden Pandemie im Paznaun, sondern das Abstempeln als europäischer Sündenbock. Immerhin forderte das Coronavirus bisher zwölf Millionen Ansteckungen und fast 400.000 Tote in der EU. Ischgl hat allerdings nur 1.640 Einwohner, könne also auf keinen Fall verantwortlich dafür sein.
Aus Fehlern gelernt
"Es ist unbestritten, dass im Frühjahr beim Erkennen und Eindämmen des Coronavirus viele Fehler gemacht wurden. Und zwar in ganz Europa, nicht nur im alpinen Ischgl", leitet der Ex-Kanzler seinen Kommentar in der "Süddeutschen Zeitung" ein. Doch aus diesen Fehlern habe man gelernt und Konsequenzen gezogen.
Im Sommer hätte es so trotz drei Millionen Nächtigungen in Tirol lediglich 55 Ansteckungen gegeben. 750.000 Jobs hängen laut Schüssel vom Wintertourismus ab, jede Woche bedeutet 1,5 Milliarden Euro Umsatzverlust. Um das zu verhindern, verweist Schüssel auf die geplanten Maßnahmen: "Verzicht auf Après-Ski-Feiern, Mund-Nasen-Schutz in Innenanlagen und Gondeln (...), Abstandsregeln, regelmäßiges Desinfizieren und Lüften, Platzbeschränkungen".
Sein Fazit: Eigenverantwortung statt Generalverdacht. "Der Winterurlaub in Österreich wird schön und sicher sein." Eine plakative Aussage, die den Ex-Kanzler am Samstag in die Top-Trends des Kurznachrichtendienstes Twitter katapultierte.
Studie: Hinweis auf Ischgl-Cluster in ganz Europa
Praktisch zeitgleich veröffentlichte die Österreichische Akademie der Wissenschaften eine Studie zur Verbreitung des Coronavirus aus Ischgl. Dazu untersuchten sie die verschiedenen Genvarianten von Coronaviren. In Ischgl besonders häufig anzutreffen war eine Mutation namens "Clade C20". Diese haftet wie eine Absenderadresse an den Virusproben infizierter Personen in Deutschland, Dänemark, Norwegen oder Island.
Das sei ein klarer Hinweis auf den Ursprungsort Ischgl, aber keinesfalls ein Beweis, erklärt Andreas Bergthaler vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Akademie der Wissenschaften gegenüber der "APA". 80 bis 90 Prozent der Proben enthielten diese Mutation. Dazu beigetragen könnte aber auch der internationale Gästemix in Ischgl haben.
Woher das Virus nach Ischgl gekommen ist, lässt sich wohl nicht endgültig sagen. Denn für Italien existieren im Februar und März keine Gendaten. Eine gewisse Ähnlichkeit der Virusvariante zeigt sich allerdings zu einem Cluster in den französischen Alpen zwei Wochen vor den ersten Ischgler Fällen.