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EU-Kommissionschef: Cameron will Show-Down

Heute Redaktion
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Eine Akzentverlagerung vom Sparen auf Wachstum und Rückendeckung für Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionschef: Mit diesen Positionen wollen die neun sozialdemokratischen Regierungschefs, darunter Bundeskanzler Werner Faymann, Ende der Woche zum EU-Gipfel reisen. Der britische Premier David Cameron dagegen will im Streit um Juncker einen Show-Down erzwingen.

Eine Akzentverlagerung vom Sparen auf Wachstum und Rückendeckung für Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionschef: Mit diesen Positionen wollen die neun sozialdemokratischen Regierungschefs, darunter Bundeskanzler Werner Faymann, Ende der Woche zum EU-Gipfel reisen. Der britische Premier David Cameron dagegen will im einen Show-Down erzwingen.

Ihre Unterstützung für den Konservativen Juncker gaben Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande und der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel nach einem Treffen der sozialdemokratischen Regierungschefs am Samstag in Paris bekannt. Im Gegenzug erwarten sie, "dass andere Funktionen von den Sozialdemokraten und Sozialisten in Europa besetzt werden", sagte Gabriel. Wenn ein Konservativer Kommissionspräsident sei, müsse der Vizepräsident ein Sozialdemokrat werden.

EU-Außenbeauftragte Mogherini

Die italienische Außenministerin Federica Mogherini soll für den Posten der EU-Außenbeauftragten im Gespräch sein - als Nachfolgerin von Catherine Ashton. Die 41-Jährige ist erst seit knapp vier Monaten im Amt. Italiens sozialdemokratischer Regierungschef Matteo Renzi gilt nach dem fulminanten Sieg seiner Demokratischen Partei bei der Europawahl als neuer starker Mann der europäischen Linken.

EU-Parlamentspräsident Schulz

Präsident des Europaparlaments soll nach den Vorstellungen Berlins Martin Schulz bleiben. Sein bisheriger Stellvertreter, ÖVP-Europaabgeordneter Othmar Karas, teilte mit, dass er im Lichte der Einigung auf Juncker seine "aussichtsreiche Kandidatur" für das Amt des Parlamentspräsidenten zurückziehe.

Cameron chancenlos?

Durch die Zustimmung der sozialdemokratischen Länder zu Juncker als EU-Kommissionspräsidenten seien die Chancen für den britischen Premierminister David Cameron, den Luxemburger zu stoppen, "die gleichen wie ein WM-Sieg von England" - Das soll ein britischer Regierungsmitarbeiter gesagt haben. England ist bei der WM in Brasilien schon ausgeschieden.

Showdown in Brüssel

Cameron versucht seit Wochen, Junckers Berufung zu verhindern. Für ihn ist der luxemburgische Ex-Regierungschef nicht der Richtige für die von London verlangte tiefgreifende EU-Reform. Sollten sich die Kollegen in Brüssel weigern, noch andere Namen für den EU-Spitzenposten in Betracht zu ziehen, werde Cameron beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag eine formelle Abstimmung über den Kommissionspräsidenten verlangen.

Obwohl die Möglichkeit dafür bereits seit dem Jahr 2003 besteht, wäre es das erste Mal, dass die EU-Chefs einen Kommissionspräsidenten in einer Mehrheitsentscheidung nominieren. Aus jetziger Sicht hat Cameron keine Aussicht auf eine Sperrminorität. Der beispiellose Akt einer Abstimmung im Kreis der dem Konsensprinzip anhängenden EU-Staats- und Regierungschefs könnte die Beziehungen zwischen Großbritannien und den anderen EU-Staaten weiter verschlechtern.

Innenpolitik auf EU-Kosten

Insidern zufolge dient Camerons Ankündigung vor allem innenpolitischen Zwecken. Mit seinem Pochen auf einer formellen Abstimmung will er seiner EU-skeptischen Bevölkerung zeigen, dass er sich bis zum Äußersten eingesetzt hat. Der britische Premier wehrt sich vor allem gegen das mit dieser Europawahl eingeführte Prinzip, wonach der Sieger der EU-Parlamentswahl Kommissionspräsident werden soll. Seiner Meinung nach ist das ein nicht hinnehmbarer "Hinterzimmer-Deal".