Wirtschaft

"Es reicht" – Gewerkschaften holen sich Streik-Freigabe

Jetzt ist es fix: Nach den gescheiterten Lohnverhandlungen holen sich die Metaller die Freigabe für den Streik.

Leo Stempfl
Betriebsräte bei der Konferenz in Oberwaltersdorf, Niederösterreich, 12. Oktober 2022
Betriebsräte bei der Konferenz in Oberwaltersdorf, Niederösterreich, 12. Oktober 2022
PRO-GE

"Es reicht." Am Montag ging bereits die dritte Verhandlungsrunde zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern bei den Metallern über die Bühne. Eine Einigung gab es dabei wieder nicht. 10,6 Prozent wollen die Arbeitnehmer, seitens der Industrie werden ihnen 4,1 Prozent angeboten. Und das, obwohl etwa die Voestalpine sich just am Montag darüber freut, dass das Geschäftsjahr 2022/23 besser laufe, als erwartet.

Nun ist das Fass offenbar voll. Wie Daniel Gürtler, Sprecher der Gewerkschaft GPA, auf Twitter bekanntgibt, habe man abermals sieben Stunden lang verhandelt. Ein neues Angebot seitens der Arbeitgeber habe es dabei keines gegeben. Es bleibe bei "unterirdischen" 4,1 Prozent mehr und null Prozent auf die kollektivvertraglichen Löhne. "Es reicht, wir holen uns die Streik-Freigabe."

Es wird ernst

"Jetzt wird es sehr ernst. Die nächste Runde mit dem FMTI wird entscheiden, ob ein Arbeitskampf notwendig wird. Das Angebot der Arbeitgeber liegt weiterhin bei 4,1 Prozent und ist eine Verhöhnung der Beschäftigten", betonen die Chefverhandler auf ArbeitnehmerInnenseite Rainer Wimmer (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA) im Anschluss in einer Aussendung.

Trotz hoher Gewinne 2021 und enormen Umsatzsteigerungen im ersten Halbjahr 2022 liege das Angebot der Arbeitgeber weit unter der für die Verhandlungen relevanten Inflation von 6,3 Prozent. "Die Arbeitgeber versuchen nach wie vor, die Rekordergebnisse der Vergangenheit unter den Teppich zu kehren und lassen angesichts der enormen Preissteigerungen jegliches Verantwortungsbewusstsein für ihre MitarbeiterInnen vermissen. Es reicht. So können die Verhandlungen nicht weitergehen."

Einen Tag vor der nächsten Verhandlungsrunde mit dem FMTI werden sich die Betriebsräte der Metallindustrie in St. Pölten versammeln. Bei dieser Konferenz am 2. November werden die finalen Abstimmungen für einen Arbeitskampf getroffen. Sollte dann auch die vierte Verhandlungsrunde am 3. November scheitern, können die Betriebsversammlungen jederzeit wieder aufgenommen werden und in mehrstündige Warnstreiks übergehen.

Stimmung im Keller

Chef-Verhandler Rainer Wimmer sagte bereits vergangene Woche: "Die Stimmung bei Metallern ist im Keller." In der vergangenen Woche hat die Gewerkschaft im gesamten Land rund 400 Betriebsversammlungen abgehalten. Die Kampfbereitschaft seiner Kollegen sei enorm, betonte Wimmer gegenüber "orf.at". "Wir haben alles vorbereitet. Wir sind gerüstet dafür, dass Maßnahmen gesetzt werden müssen." Man habe aber die Hoffnung, dass die Arbeitgeber einlenken "und endlich zugeben, dass die letzten zwölf Monate auch für die Unternehmen sehr, sehr erfolgreich waren", noch nicht aufgegeben.

Die Gewerkschafter waren aber schon für den Fall, dass die Arbeitgeber auf ihrer Forderung beharren, vorbereitet. Aus Gewerkschaftskreisen hieß es sogar, dass in manchen Betrieben schon die ersten Streikkomitees eingerichtet werden.

Von der Seite der Arbeitgeber heißt es hingegen, dass die enorme Teuerung alle betreffe und es ohne funktionierende Betriebe keine Arbeit sowie kein Steueraufkommen gebe. Es müssten alle an einem Strang ziehen, beschwören die Arbeitgeber. Die Forderungen nach 10,6 Prozent Lohnerhöhung seien "unrealistisch und entbehren jeder vernünftiger Grundlage", heißt es.

Die Gewerkschaften fordern 10,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt, eine deutliche Anhebung der Lehrlingseinkommen (1.000 Euro im ersten, 1.300 im zweiten, 1.600 im dritten und 2.000 im vierten Lehrjahr), einen Zuschlag von 50 Prozent für Samstagsarbeit, einen Überstundenzuschlag von 75 Prozent für die 10. Arbeitsstunde, die leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche und die Aufnahme von Verhandlungen, um das bestehende Entlohnungsschema weiterzuentwickeln.