Widerstand verhindern

Erstes Land will Tranquilizer bei Abschiebung erlauben

Abschiebungen notfalls mit Betäubungsmitteln? Damit soll verhindert werden, dass die Abschiebung am physischen Widerstand Betroffener scheitern kann.
28.03.2025, 20:27

Die staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N) der Schweiz hat einer parlamentarischen Initiative von SVP-Nationalrat Benjamin Fischer zugestimmt: Künftig sollen die zuständigen Behörden bei zwangsweisen Rückführungen an Stelle von Fesseln nötigenfalls auch Arzneimittel einsetzen dürfen, um Personen ruhigzustellen. Mit elf zu neun Stimmen bei fünf Enthaltungen entscheidet sich die Kommission, der Vorlage Folge zu geben.

Widerspenstige Personen dürfen gefesselt werden

Abschiebungen aus der Schweiz werden vom Staatssekretariat für Migration (SEM) in Zusammenarbeit mit den Kantonen vollzogen. Stimmen Betroffene der Abschiebung zu, dürfen sie ohne Begleitung reisen – ist dies nicht der Fall, werden sie von zwei zivilen Polizeibeamten begleitet. 2024 wurden rund zwei Drittel der Personen gegen ihren Willen ausgeschafft.

Leistet ein Betroffener Widerstand, dürfen die Beamten den Widerspenstigen nötigenfalls fesseln. Wenn die Behörden von starkem Widerstand ausgehen, wird die Person mit einem Sonderflug abgeschoben. Der Einsatz von Betäubungsmitteln hingegen wird nur in Ausnahmefällen in Betracht gezogen – auf Grundlage einer medizinischen Indikation.

Konkret bedeutet dies, dass nur qualifizierte Fachpersonen den Entscheid fällen dürfen, Betäubungsmittel zu verabreichen – nicht etwa Polizisten oder Vollzugsbeamte. Überdies ist der Einsatz von Betäubungsmitteln nur dann zulässig, wenn er aus gesundheitlichen Gründen notwendig ist.

Tranquilizer-Einsatz bei "drohender" Selbst- oder Fremdgefährdung

Stimmen auch die eidgenössischen Räte zu, soll genau dieser Passus im Gesetzestext angepasst werden: Künftig sollen Arzneimittel als ultima Ratio auch "an Stelle" von Hilfsmitteln verabreicht werden dürfen, wenn eine Selbst- oder Fremdgefährdung "droht" – weiterhin sollen Betäubungsmittel nur von qualifizierten Fachpersonen verabreicht werden.

Initiant Benjamin Fischer ist überzeugt, dass ein konsequenter Vollzug für eine "glaubhafte und wirkungsvolle" Asylpolitik von zentraler Bedeutung sei: "Können zwangsweise Rückführungen aufgrund physischen Widerstands nicht durchgeführt werden, ist dies eine Beeinträchtigung der rechtsstaatlichen Ordnung und untergräbt das Asylrecht", findet Fischer.

Warnung vor Menschenrechtsverletzungen

Das SEM hatte im Vorfeld des Kommissionsentscheids gegenüber "20 Minuten" erklärt, dass die derzeit vorgesehenen Mittel wie Hand- oder Fußfesseln ausreichen, um Rückführungen zu vollziehen: "Insbesondere bei Sonderflügen musste in den letzten Jahren nie ein Flug wegen des renitenten Verhaltens einer Person abgebrochen werden." Daneben spricht das SEM von einem möglichen Widerspruch zur Verfassung und zu Bestimmungen des internationalen Rechts.

Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International ist kein Freund vom Einsatz von Betäubungsmitteln zum Vollzug von Abschiebungen: Demnach bestehe die Gefahr, dass Arzneimittel als Maßnahme zur Kontrolle missbraucht werden – also lediglich dafür benutzt werden, die Abschiebung für die Vollzugsbeamten "bequemer" zu machen.

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