Coronavirus

Ende aller Maßnahmen soll Bürger für Wellen "boostern"

Dänemark hat sämtliche Corona-Einschränkungen aufgehoben, um die Bevölkerung robuster gegen das Virus zu machen. Der Vorgang schlägt Wellen.

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Abschaffung aller Maßnahmen auf einen Schlag: Das Modell Dänemark stößt anderswo auf Anklang.
Abschaffung aller Maßnahmen auf einen Schlag: Das Modell Dänemark stößt anderswo auf Anklang.
Ritzau Scanpix / dana press / picturedesk.com

Zurück an den Arbeitsplatz und Schluss mit Quarantäne: Am Mittwoch hebt der Schweizer Bundesrat voraussichtlich die Homeoffice- und Quarantänepflicht auf. Zur Diskussion soll aber auch eine Maximalvariante stehen. Dem Vernehmen nach schickt Gesundheitsminister Alain Berset (SP) den Kantonen eine komplette Abschaffung der Coronamaßnahmen Mitte Februar in Konsultation. Auch in Österreich mehren sich die Stimmen für Aufhebungen, obwohl Experten warnen.

Dänemark hat diesen Weg bereits eingeschlagen. Am Dienstag verabschiedete es sich als erstes europäisches Land von sämtlichen Maßnahmen – darunter auch der Maskenpflicht. Epidemiologin Lone Simonsen rechnet damit, dass die starke Verbreitung von Omikron zu einer "robusteren und länger anhaltenden Immunität" führt, um künftige Coronawellen abzuwehren.

"Können Welle im Herbst abprallen lassen"

Fachpersonen sehen im dänischen Weg ein Vorbild. "Das rasche Aufheben sämtlicher Maßnahmen führt fast zu einer natürlichen Immunisierung. So kommen wir endlich aus dieser Pandemie", sagt Infektiologe Andreas Widmer. Omikron verlaufe selten schwer und habe die Spitäler nicht an die Grenzen gebracht. "Erwischen Ungeimpfte jetzt noch Omikron, haben wir die Chance, eine Herdenimmunität zu erreichen und eine mögliche Welle im Herbst abprallen zu lassen."

Zudem ist laut Widmer der Impfschutz bei der geimpften Bevölkerung jetzt noch besonders hoch. "Ein weiterer Vorteil ist, dass doppelt Geimpfte, die später noch mit Omikron infiziert sind, ebenso gut geschützt sind wie Geboosterte." Für eine rasche Aufhebung der Maßnahmen spreche auch, dass viele Personen mit abgelaufenem Zertifikat für einen Booster nicht bereit seien. Einzig plädiert Widmer für eine schrittweise Aufhebung der Maskenpflicht an gewissen Orten. "Am Arbeitsplatz und in Schulen, wo man nicht Tausende Kontakte hat, sollte die Pflicht dagegen schneller aufgehoben werden."

"Bevölkerung wird mit zivilem Ungehorsam reagieren"

Gesundheitsökonom Heinz Locher geht noch einen Schritt weiter. "Der Bundesrat sollte auch die Zertifikatspflicht am Mittwoch abschaffen", fordert er. Die aktuellen Maßnahmen stünden in keinem Verhältnis mehr zur Entwicklung der Pandemie. "Baut der Bundesrat die Maßnahmen nur schrittweise ab, wird die Bevölkerung mit zivilem Ungehorsam reagieren." Auch die Maskenpflicht erachtet er als unverhältnismäßige Einschränkung. "Deshalb wäre hier der Wechsel auf eine Empfehlung richtig."

Laut Locher darf das gesellschaftliche Wohlbefinden nicht mehr länger leiden. Die Kinder- und Jugendpsychiatrien seien voll, sagt er. "Für die psychische Gesundheit gerade von jungen Menschen ist ein rasches Ende der Maßnahmen umso wichtiger."

Bei bürgerlichen Politikerinnen und Politikern erhält eine schnelle Öffnung viel Zuspruch. Die Impfung wirke und auf den IPS-Stationen lägen vor allem an Delta Erkrankte, sagt FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. "Bei dieser positiven Entwicklung müssen wir eine rasche Aufhebung der Maßnahmen machen, die für die Leute wieder besser verständlich sein müssen." Etwa in Läden und Restaurants sei die Maskenpflicht nicht mehr sinnvoll. "Welchen Nutzen hat das Zertifikat heute noch? Im Sinne des Zusammenhalts sollte es frühzeitig weggelassen werden."

"Nicht überstürzt, aber zügig lockern"

Jan Fehr, Infektiologe und Professor an der Universität Zürich, befürwortet hingegen ein schrittweises Vorgehen bei den Öffnungen. "Praktisch alle werden früher oder später mit Omikron in Kontakt kommen und man kann und soll dies auch nicht ewig hinauszögern." Doch aktuell zähle das richtige Tempo. "Das heißt: Nicht überstürzt, aber zügig lockern."

Fielen sämtliche Maßnahmen auf einmal, drohten viele personelle Engpässe, so Fehr. "Isolation hin oder her: Auch wenn es in der Regel nicht zu schweren Verläufen kommt, dann sind Betroffene doch oft so krank, dass sie nicht arbeiten können, da reichen starke Kopf- oder Gliederschmerzen."

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