Nahost-Konflikt

"Eine iranische Vergeltung steht unmittelbar bevor"

Der Iran und Israel überziehen sich mit Drohungen, es droht ein regionaler Flächenbrand. Diplomaten bemühen sich um Deeskalation.

"Eine iranische Vergeltung steht unmittelbar bevor"
Die Führung in Teheran und die von ihr unterstützte Schiiten-Miliz Hisbollah drohten Israel mit massiver Vergeltung für zwei Anschläge in der vergangenen Woche.
JALAA MAREY / AFP / picturedesk.com

Israel und der Iran schüren mit ihren jüngsten Drohungen die Furcht, dass im Nahen Osten bald ein größerer Krieg ausbrechen könnte – mit Folgen weit über die Region hinaus. Die sieben großen westlichen Industrienationen (G7) mahnen eindringlich zur Deeskalation, doch zwischen den verfeindeten Führungen in Teheran und Jerusalem scheinen die Fronten verhärtet.

Angesichts eines angekündigten iranischen Vergeltungsangriffs beriet sich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu mit seinen Militär- und Geheimdienstchefs. Bislang zeichne sich "kein definitives Bild" über die zu erwartenden Attacken ab, berichtete der israelische Fernsehsender Channel 12. Anderen Berichten zufolge könnte der Iran womöglich schon am Montag losschlagen.

Die USA gehen davon aus, dass ein Angriff des Iran auf Israel unmittelbar bevorsteht. Das Portal Axios schreibt unter Berufung auf informierte Quellen, dass US-Außenminister Antony Blinken seinen Kollegen aus den G7-Staaten mitgeteilt habe, Washington gehe davon aus, dass innerhalb der nächsten 24 bis 48 Stunden ein iranischer Angriff auf Israel beginnen könnte. Dem Bericht zufolge sprach Blinken mit seinen Amtskollegen im Zusammenhang mit den Bemühungen der USA, die Spannungen in der Region abzubauen und den Ausbruch eines umfassenden Krieges zu verhindern.

Iran macht Israel für Anschläge verantwortlich

Auslöser der gefährlichsten Krise in der Nahost-Region seit Jahrzehnten waren die tödlichen Anschläge auf zwei hochrangige Gegner Israels in der Vorwoche: In der Nacht zu Mittwoch tötete eine Explosion im Zimmer eines Gästehauses der iranischen Regierung in Teheran den Auslandschef der islamistischen Hamas, Ismail Hanija. Wenige Stunden zuvor hatte ein Luftangriff den ranghohen Hisbollah-Kommandeur Fuad Schukr in der libanesischen Hauptstadt Beirut getötet.

Zum Angriff auf Schukr bekannte sich Israel, zum Anschlag auf Hanija gab es bislang keine offiziellen Äußerungen dieser Art aus Jerusalem. Der Iran und die mit ihm verbündete Hamas machen den jüdischen Staat in beiden Fällen verantwortlich.

Die Führung in Teheran und die von ihr unterstützte Schiiten-Miliz Hisbollah drohten Israel mit massiver Vergeltung für die Anschläge. Netanyahus Regierung warnte für diesen Fall vor schweren Konsequenzen. Es wird ein regionaler Flächenbrand befürchtet, sollten sich auch – wie von Teheran angekündigt – die mit dem Iran verbündeten Milizen in der Region beteiligen. Dazu zählen neben der Hisbollah im Libanon und der Hamas im Gazastreifen auch die Huthi im Jemen sowie Milizen im Irak und in Syrien.

Wann greift der Iran an?

Unklar bleibt, wann der angedrohte Vergeltungsschlag erfolgen könnte. In den Erklärungen Teherans und der Hisbollah war immer wieder von den "nächsten Tagen" die Rede.

US-Präsident Joe Biden wird nach Angaben des Weißen Hauses am Montag ein Treffen mit seinen Sicherheitsberatern zur Lage in Nahost abhalten, an dem auch Vizepräsidentin Kamala Harris teilnimmt. Vorher werde Biden mit dem jordanischen König Abdullah II. sprechen.

Israel dürfte fest mit der Unterstützung der USA und wohl auch anderer Verbündeter rechnen können, wenn es darum geht, Raketen, Marschflugkörper und Drohnen des Irans sowie seiner Stellvertretergruppen mit modernen Abwehrsystemen abzufangen.

Stillstand in Gesprächen über Gaza-Waffenruhe

Indirekte Verhandlungen Israels mit der Hamas, die zu einer Waffenruhe und Freilassung der Geiseln führen sollen, drehen sich seit Monaten im Kreis. Da beide Seiten nicht direkt miteinander verhandeln, vermitteln die USA, Ägypten und Katar. Eine weitere Gesprächsrunde einer israelischen Delegation mit ägyptischen Unterhändlern endete am Wochenende in Kairo ohne Ergebnisse, wie israelische Medien berichteten.

Für den Stillstand der Gespräche machen nicht nur Kritiker, sondern zunehmend auch der Verbündete USA Regierungschef Netanyahu verantwortlich. Ihm wird vorgeworfen, durch immer wieder neu erhobene Forderungen eine Übereinkunft unmöglich zu machen.

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    Ferrigato Roland / Verlagsgruppe News / picturedesk.com

    Auf den Punkt gebracht

    • Der Iran und Israel drohen sich gegenseitig, was zu einer möglichen Eskalation im Nahen Osten führen könnte
    • Die G7 mahnen zur Deeskalation, während die USA davon ausgehen, dass der Iran innerhalb der nächsten 24 bis 48 Stunden Israel angreifen könnte
    • Die Spannungen wurden durch tödliche Anschläge auf hochrangige Gegner beider Länder ausgelöst, und es wird befürchtet, dass sich der Konflikt zu einem regionalen Flächenbrand ausweiten könnte
    • Diplomatische Bemühungen um eine Waffenruhe im Gazastreifen sind ins Stocken geraten
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