Klubchef Kucher im Talk
"Ein Zehner zusätzlich": SPÖ im Gehaltsstreit mit Kickl
SPÖ-Klubchef Philip Kucher mahnt von seinen Genossen Disziplin ein: "Es geht um die Zukunft der Republik." Mit FPÖ-Chef Kickl rechnet er ab.
Ungebrochen trägt die SPÖ ihre Diskussionen in der Öffentlichkeit aus; zahlreiche Rote forderten von ihrem Vorsitzenden Andreas Babler zuletzt einen mittigeren Kurs ein. Wie geschlossen gehen die Roten also wirklich ins Super-Wahljahr 2024? Im "Backstage"-Talk bei "Heute" nimmt Klubchef Philip Kucher ausführlich Stellung.
"Geht um die Zukunft"
"Ich glaube, dass vom Bodensee bis zum Neusiedlersee alle wissen, dass es um eine Richtungsentscheidung geht", richtet er seinen Genossen aus. Es gehe "längst nicht nur um die Sozialdemokratie, sondern um die Zukunft unserer Republik", mahnt Kucher zur Disziplin. Nachsatz: "Und vor allem geht es um die Menschen, die darauf angewiesen sind, dass es eine Politik für die breite Masse der Bevölkerung gibt."
Video: Der komplette Kucher-Talk
"Dafür stehen wir"
Kucher plädiert für eine Politik, "die den sozialen Ausgleich in den Vordergrund stellt". Er möchte "dafür sorgen, dass die Gesundheitsversorgung für alle Menschen bestmöglich ist, dass Menschen von ihrer Arbeit leben können und dass es für die ältere Generation sichere Pensionen gibt". Philip Kucher: "Das sind so die Themen, für die wir als Sozialdemokratie stehen."
"Über tägliche Sorgen reden"
Dass der Babler-SPÖ laut aktueller "Heute"-Umfrage nur noch 19 Prozent der Bevölkerung den Sieg bei der Nationalratswahl zutrauen, lässt den Kärtner noch nicht rot sehen. Wie man gegensteuern möchte? "Indem wir tagtäglich fleißig unterwegs sind und vor allem über die täglichen Sorgen der Menschen in Österreich reden."
Die Umfragen, die die FPÖ deutlich anführt, sieht er als Ansporn: "Wir haben uns nach den intensiven Debatten innerhalb der SPÖ im letzten Jahr stabilisiert, liegen im Schnitt der Umfragen bei rund 25 Prozent. Und ja, es ist noch einiges zu tun, um das Vertrauen der Menschen wieder zurückzugewinnen."
„Was war dei Leistung, Herbert?“
Mit der FPÖ geht Kucher hart ins Gericht: "Die Freiheitlichen reden immer vom kleinen Mann, dabei haben sie den kleinen Mann jedes Mal betrogen, wenn sie in der Regierung waren."
Es würden sich zudem "ganz konkrete Fragen an Herbert Kickl" stellen: "Er wird beantworten müssen, wie viel Steuergeld er im Laufe der Jahre einfach zusätzlich noch kassiert hat und warum es ihm nicht gereicht hat, einen Zehner im Monat als Nationalrat zu verdienen."
Kucher wirft die Frage auf: "Was war dei Leistung, Herbert?" Hintergrund des Gehaltsstreits: Kickl soll neben seiner Abgeordnetentätigkeit bei der Wiener FPÖ dazuverdient haben. Kucher wütend: "Es ist doch bitte absurd, dass er drei Jahre lang 10.000 Euro oder mehr im Monat zusätzlich kassiert, dann darauf angesprochen wird und sagt, er weiß gar nicht, wie das passieren konnte und dass er vergessen hat, das Ganze zu melden."
"Kann doch niemandem passieren"
Der Sozialdemokrat findet das "nicht redlich": "Das kann doch niemandem passieren, dass du einen Zehner im Monat kassierst und dann völlig überrascht bist und vielleicht gar nicht draufgekommen bist, einen Zehner im Monat nicht zusätzlich kassiert zu haben."
"Nehammer hat abgeschrieben"
Auch an Kanzler Karl Nehammer lässt er kein gutes Haar; dieser hätte "freiheitliche Programmatik" in seinem Österreichplan "fast 1:1 abgeschrieben". Kucher: "Wenn die miteinander eine Mehrheit haben, dann wird jede Stimme für Nehammer eine Stimme für Herbert Kickl als Bundeskanzler sein. Das wird nur eine starke Sozialdemokratie ganz real verhindern können."
„Die Teuerung kommt in diesem Plan mit keinem Satz vor.“
Sein größter Kritikpunkt an Nehammer: "Die Teuerung kommt in diesem Plan nicht einmal vor. Das Schlimme ist, die einzige Aufgabe, die Nehammer jetzt hätte, wäre doch dafür zu sorgen, dass wir endlich die Preise in Österreich senken und sich breite Masse der Bevölkerung das Leben leisten kann."
"Steuern auf Arbeit runter"
Die ÖVP hänge laut Kucher "einem ganz merkwürdigen Leistungsbegriff" an: "Der fängt in Wahrheit erst bei 10.000 Euro brutto im Monat an." Das rote Konzept? "Steuern auf Arbeit runter, Steuern auf Vermögen rauf. Das ist fair und gerecht und belohnt die Menschen, die tagtäglich mit ihrer Arbeit unser Land am Laufen halten."
Verfehlungen bei Kinderbetreuung
Auch für den geforderten Vollzeitbonus hagelt es rote Kritik: "Was hat die ÖVP denn bitte jetzt jahrelang aufgehalten? Wir haben 400.000 Frauen in Österreich, die gerne Vollzeit arbeiten würden, aber keine ordentliche Kinderbetreuung finden."
SPÖ setzt nun auf Pflegeschwerpunkt
Kucher kündigt gegenüber "Heute" an, dass die SPÖ im Rahmen ihrer Gesundheitskampagne kommende Woche einen Pflegeschwerpunkt setzen werde: "Wir steuern da auf eine wirklich dramatische Situation zu", zeigt sich der Rote alarmiert. "Immer mehr Betten und Stationen sind in Österreich geschlossen, weil das Personal fehlt – und es wird noch schlimmer. Wenn fast 50 Prozent der Leute, die in der Pflege arbeiten täglich ans Aufhören denken, weil der Druck und der Stress zu groß werden und die Planbarkeit fehlt, dann ist das doch kein Zustand."
Von Nehammer und Kickl gebe es darauf keine Antworten, so Kucher, "außer Leute aus dem Ausland zu holen und von den Menschen in der Pflege noch mehr Überstunden zu verlangen." Kucher: "Wir sind die einzige Partei, die Vorschläge auf den Tisch legt, wie man die Situation für die Beschäftigten so verbessern kann, dass sich in Zukunft wieder mehr Leute für den Pflegeberuf begeistern und wir den Pflegenotstand abwenden."
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- SPÖ-Klubchef Philip Kucher mahnt Disziplin von seinen Parteigenossen ein und betont die Bedeutung der bevorstehenden Richtungsentscheidung für die Zukunft der Republik
- Er attackiert FPÖ-Chef Kickl und plädiert für eine Politik des sozialen Ausgleichs und besseren Gesundheitsversorgung
- Kucher kritisiert auch Kanzler Nehammer für dessen fehlende Maßnahmen zur Bewältigung der Teuerung und unterstreicht die SPÖ-Pläne zur Senkung der Steuern auf Arbeit und Erhöhung der Steuern auf Vermögen
- Er fordert die Schließung von Lücken in der Kinderbetreuung und einen Pflegeschwerpunkt im Rahmen der Gesundheitskampagne der SPÖ