Unheilbar, Muskeln versagen
"Drei Wochen lang geweint" – Wiener hat Nervenkrankheit
Die Diagnose war ein großer Schock, es folgte Trauer. Jetzt kämpft dieses Ehepaar mit aller Kraft um ein schönes Leben. Egal wie lange es noch geht.
Ein Arztbesuch im Oktober änderte für zwei Wiener alles. Das Ehepaar aus Wien-Penzing fiel in ein tiefes Loch. "Wir haben drei Wochen fast nur geweint", sagt Andrea Washiedl (56) zu "Heute". Die Diagnose, die ihrem Ehemann Dietmar (57) gestellt wurde, lautete auf "Amyotrophe Lateralsklerose", besser bekannt unter dem Kürzel ALS.
Es ist eine unheilbare Erkrankung des zentralen Nervensystems. Nach und nach versagen die Muskeln dabei. Schon bald kann der Patient bestimmte Körperteile nicht mehr bewegen. Anfangs ist meist eine Hand oder ein Unterarm betroffen, dann breitet sich das Leiden auf die andere Seite des Körpers aus, später folgen Beine und Füße.
„Bleistifte sind ihm aus der Hand gefallen"“
Genauso war es auch bei dem ehemaligen Polizisten Dietmar: "Am Anfang ist seine linke Hand schwach geworden. Bleistifte sind ihm aus der Hand gefallen, er konnte das Geld nicht in sein Geldtascherl räumen." Jetzt beginnt es auch schon auf seiner rechten Seite.
Der Betroffene, so der weitere Krankheitsverlauf, leidet schon bald an Zuckungen und schmerzhaften Krämpfen. Die Muskeln werden immer schwächer.
Mit der Zeit erweitert sich die Störung auf noch mehr Gebiete des Körpers. Zum Schluss führt es zu Atemschwäche. Andrea: "Die Lebenszeit beträgt zwischen ein und fünf Jahren, die Krankheit endet mit dem Erstickungstod bei vollem Bewusstsein."
Nach der langen Trauerphase begann ein neues Kapitel im Leben des Ehepaares: "Wir haben entschieden, dass wir uns damit nicht abgeben. Ich sage immer: Da wird noch was kommen!", das sagt Andrea resolut zu "Heute".
"Wir versuchen das Leben so schön und so wertvoll wie möglich zu machen"
Jetzt nehmen sich die beiden – die Kinder sind schon außer Haus – jeden Tag etwas vor: "Wir leben wieder, wir lachen", sagen beide. Konkret: "Wir gehen essen, fahren herum, gehen in die Therme – jeden Tag gibt es was Schönes bei uns!"
Und weiter: "Wir versuchen das Leben so schön und so wertvoll wie möglich zu machen, denn es ist zeitlich sehr kurz begrenzt."
Die Krankheit ist unheilbar: "Es gibt nur ein Medikament, welches bei guten Bedingungen das Leben um weitere drei Monate verlängert." Zumindest wird nur das eine Mittel in Österreich angeboten.
In Österreich werden keine Therapien angeboten
Eine Medizinerin nahm die beiden vor wenigen Wochen mit zu einem Ärzte-Kongress. Dort lernten sie Spezialisten aus Australien und den USA kennen: "Der Australier hat ein Gerät erfunden, das arbeitet mit Hirnströmen – Dietmar hat es ausprobiert und hat danach kurz gut gehen können." Nachsatz: Bei uns gibt es das aber nicht. Jetzt überlegen sie, ob sie ein solches Gerät kaufen oder mieten. Man müsste es mehrmals täglich nutzen, damit es Wirkung zeigt.
Es gibt auch andere Methoden. In Deutschland wird etwa mit Photopherese behandelt, das ist eine besondere Art der Blutwäsche. "Wir fahren dorthin für diese Therapie, wobei es diese Geräte auch bei uns gibt, aber die verstauben im Keller der Spitäler!" Die Begründung, die man der Familie gab: "Die sagen uns, es gibt nicht genug Studien darüber."
Völlig unverständlich ist das für das Ehepaar Washiedl. Für sie geht es ums Überleben, sie probieren alles: "Wenn man sich selbst hilft, hat man weiter Hoffnung – das ist das Wichtigste", sagen die beiden. Doch die vielen Versuche haben längst die Ersparnisse der Familie aufgefressen, dennoch geben sie nicht auf.
„Wir werden wahrscheinlich sogar eine neue Wohnung brauchen. Wie wir das bezahlen werden, steht in den Sternen“
Währenddessen müssen sie sich auch um den neuen Alltag kümmern. Derzeit suchen sie nach einem passenden Rollstuhl. Dann muss wohl die Wohnung adaptiert werden, "da ist die Toilette, das Bad, die Türstockbreite wegen des Rollstuhls. Dann gibt es die sieben Stufen, die ich vermutlich meinen Mann nicht hinuntertragen kann. Fakt ist, wir werden wahrscheinlich sogar eine neue Wohnung brauchen. Wie wir das bezahlen werden, steht in den Sternen."
"Morgen wird das alles vielleicht nicht mehr möglich sein"
Andrea ist jetzt zur Vollzeit-Pflegerin geworden, "ich bin die Betreuerin, die Anzieherin, die Auszieherin, die Köchin, die Putzfrau, die Wäscherin und Chauffeurin! Manchmal bin ich so müde, dass ich am liebsten schon um 18h ins Bett gehen möchte." Aber die tapfere und starke Wienerin macht immer weiter: "Egal, was ich heute mit meinem Partner sehe oder erlebe, es wird morgen vielleicht nicht mehr möglich sein."
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Auf den Punkt gebracht
- Ein Wiener Ehepaar erlebte einen tiefen Schock, als bei Dietmar Washiedl die unheilbare Nervenkrankheit ALS diagnostiziert wurde, die zu fortschreitendem Muskelschwund führt.
- Trotz der düsteren Prognose haben sie beschlossen, das Beste aus ihrer verbleibenden Zeit zu machen, indem sie jeden Tag bewusst genießen und verschiedene Therapiemöglichkeiten ausprobieren, auch wenn dies ihre Ersparnisse aufbraucht und sie vor große Herausforderungen stellt.