Kontrahent fast getötet

Wende im Mordversuchs-Prozess gegen "Weihnachtsmann"

Nach einem Vorfall im Wiener Votivpark musste sich ein 60-Jähriger wegen versuchten Mordes verantworten. Der Mann mit Rauschebart sprach von Notwehr.
Christian Tomsits
24.02.2025, 20:50

Weiße Haare, langer Bart – kein Wunder, dass der 60-jährige "Willi" von Mithäftlingen "Weihnachtsmann" genannt wird. Am Montag musste sich der bärtige Wiener wegen Mordversuchs verantworten. Der ehemalige Fiaker-Fahrer soll im vergangenen Sommer vor der Wiener Votivkirche im Park einen Fremden mit fünf Stichen in Bauch und Oberkörper beinahe getötet haben, ehe er flüchtete und sein "Hirschholz"-Klappmesser ("Das Tragen hab ich mir als Fiaker angewöhnt, da braucht man sowas") in einem Blumentopf entsorgte.

"Ich habe falsch reagiert

Zuvor habe der Fremde seinen afrikanisch-stämmigen Trinkfreund "Anthony" rassistisch beleidigt und attackiert, später sei die Aggression des Betrunkenen dann auf ihn übergeschwappt: "Es war nur Nothilfe", meinte der Angeklagte zuerst und beschrieb, wie er erst sein Klappmesser zückte, als ihn nach gegenseitigen Schlägen die Kraft verließ.

"Ich war Judokämpfer und hatte den braunen Gürtel", erklärte der 60-Jährige. "Mir gelang es, ihn zu Boden zu werfen. Aber er sprang auf und attackierte mich wieder und wieder." Dann gestand der Angeklagte schließlich die Messerstiche ein: "Ich habe falsch reagiert. Das war nicht in Ordnung."

TikTokvideo sorgt für Fahndungsdruck

Während das Opfer dank perfekter Rettungskette gerade noch gerettet werden konnte, führte der Zufall dazu, den Verdächtigen rasch zu überführen: Kurz vor dem wüsten Streit im Park waren nämlich Jugendliche zu dem Mann und seinem Freund gekommen und hatten gefragt, ob das Duo "für ein TikTok-Video" gefilmt werden dürfe. Die Männer willigten ein. Der Clip konnte nach der Messerstecherei von der Polizei für die Fahndung verwendet werden. Nach Veröffentlichung der Lichtbilder stellte sich der Verdächtige.

Ein Screenshot aus dem TikTok-Video wurde von der Polizei zur Fahndung des "Weihnachtsmannes" verwendet.
LPD Wien

Kein Urteil, neuer Prozess kommt

Wäre es nach Wunsch der Anklage zur Verurteilung am Wiener Landesgericht gekommen, hätte der "Weihnachtsmann" wohl jahrelang hinter Gitter müssen. Doch am Montagabend die Wende: Weil die Aussagen von Angeklagtem und Zeugen vollkommen verschiedene Versionen waren, gab es kein Urteil. Die Geschworenen verwarfen den Mordversuch mit 7:1 Stimmen, wollten ein Urteil wegen Körperverletzung. Daraufhin griffen die drei Berufsrichter ein.

Ergebnis: Der Prozess muss komplett wiederholt werden, der "Weihnachtsmann" bleibt in U-Haft.

{title && {title} } ct, {title && {title} } Akt. 24.02.2025, 21:24, 24.02.2025, 20:50
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