Ukraine
Drachenzähne überwunden? Ukraine meldet "Durchbruch"
Meter um Meter kämpfen sich Ukrainer durch russische Verteidigungswälle vor. Jetzt soll eine "bedeutende Bresche" geschlagen worden sein.
Die Gegenoffensive der ukrainischen Armee verläuft für Außenstehende schleppend, dennoch wird erbittert um jeden Meter Land gefochten. Nun heißt es aus der Generalität, dass man die erste russische Verteidigungslinie im Süden zumindest an einer Stelle erfolgreich "durchbrochen" habe.
Auch der US-Thinktank Institute for the Study of War, der den Konflikt seit Beginn mit täglichen Analysen begleitet, schreibt am Samstag: "Die ukrainischen Streitkräfte haben in den letzten Wochen wahrscheinlich eine bedeutende taktische Bresche entlang eines Abschnitts der derzeitigen russischen Verteidigungslinien im Gebiet von Robotyne [Oblast Saporischschja, Anm.] geschlagen, die sie kontinuierlich ausweiten".
Die BBC konnte nun unabhängig diesen Durchbruch hinter die erste feindliche Linie nachweisen. Neun Videos aus den Sozialen Medien konnten entlang der Front von Werbowe, Oblast Saporischschja, geolokalisiert werden. Werbowe ist ein Nachbarort von Robotyne und liegt etwa 9 Kilometer östlich.
Obwohl mindestens vier dieser Clips Vorstöße hinter die erste Verteidigungslinie zeigen, ist die Schlacht hier noch lange nicht geschlagen. Soweit auszunehmen ist, dürfte es bisher nur einigen Infanterie-Einheiten gelungen sein, durchzuschlüpfen. Noch seien keine Panzerkolonnen angerückt, um die Bresche auszuweiten und das befreite Gebiet zu sichern. Damit dürfte auch die ukrainische Kontrolle über die Ackerflächen rund um den Ort noch auf wackligen Beinen stehen.
Riesige Minenfelder blocken Panzerangriffe
Grund für das zähe Vorankommen der Ukrainer ist, dass der Kreml Monate Zeit hatte, die zuvor besetzten Gebiete mit tiefen und vielschichtigen Verteidigungsanlagen zu versehen. Dazu gehören auch riesige Minenfelder, die laut BBC von den Russen so vollgepackt wurden, dass sich bis zu fünf Sprengfallen pro Quadratmeter finden.
Der erste Versuch der Ukrainer, mit modernen westlichen Panzern frontal durch diese Todesfalle durchzubrechen, ist bekanntlich in einem Desaster geendet. Die Bilder der abfackelnden Kriegsgeräte des Westens gingen zu Beginn der Gegenoffensive um die Welt.
Seither hat die Militärführung in Kiew umgeschwenkt: Jetzt schaufeln sich Soldaten zu Fuß im Schutze der Nacht, manchmal auch unter Feuer, durch die Minenfelder. Und das dauert.
So ist Verteidigungswall aufgebaut
Zehntausende Tret- und Panzerminen sind aber nur ein Teil des russischen Verteidigungsnetzwerkes. Zusätzlich wurden entlang der Frontlinie tiefe Gräben gegen vorrückende Panzer ausgehoben und rund 300 Meter dahinter noch einmal unzählige Drachenzähne aufgestellt.
Drachenzähne sind pyramidenförmige Betonblöcke, die Fahrzeuge an der Durchfahrt hindern sollen. Sie sind meist doppel- oder dreireihig aufgestellt und auch auf Satellitenbilder zu sehen.
Weitere 300 Meter dahinter findet sich ein Netzwerk aus Schützengräben und nachgelagerten Artilleriepositionen.
"Wagner-Linie" machte den Anfang
Schon im Oktober 2022, als dem Kreml klar wurde, dass die für drei Tage geplante "Spezialoperation" mindestens über den Winter andauern würde, ließ man die damals noch hoch in der Gunst stehenden Wagner-Söldner des mittlerweile bei einem Flugzeugabsturz getöteten Jewgeni Prigoschin mit der Errichtung solcher Verteidigungswälle beginnen. Dabei kam auch altes Spezialgerät aus der Sowjetzeit zum Einsatz. "Heute" berichtete: