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Warum der Helsinki-Gipfel so wichtig ist

Heute Redaktion
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Sie werden fast ganz allein im Raum sein, und es geht um viel – gerade für Europa. Donald Trump trifft Wladimir Putin. Was dabei auf dem Spiel steht.

Wenn die Präsidenten der USA und Russland sich am heutigen Montag treffen, ist das immer ein Gipfel der Schwergewichte, der unter besonderer Beobachtung steht. Umso mehr, wenn sie Donald Trump und Wladimir Putin heißen.

Um 12.20 Uhr (MESZ) wollen sich der US-Präsident und der Kreml-Chef im finnischen Präsidentenpalast in Helsinki zu einem Vier-Augen-Gespräch zurückziehen.

Wie wird der Gipfel ablaufen?

Trump wird am Montagmorgen zunächst vom finnischen Präsidenten Sauli Niinistö in dessen Wohnsitz zum Frühstück empfangen. Mittags treffen Trump und Putin dann getrennt voneinander am Präsidentenpalast ein. Das Vier-Augen-Gespräch der beiden beginnt am Mittag. Außer den Präsidenten sind nur Übersetzer mit im Raum.

Quelle: 20 Minuten

Wie weit belasten die neuen Vorwürfe über die russische Einmischung in die US-Präsidentenwahl 2016 die Gespräche?

Eigentlich müsste es das beherrschende Thema des Gipfels sein. Mit der Anklage, die das Justizministerium am Freitag gegen 12 Mitarbeiter des russischen Militärgeheimdienstes GRU vorlegte, wird dieser erstmals konkret der Hackerangriffe auf Computer der Demokraten während des Wahlkampfes beschuldigt. Der GRU ist Teil der russischen Staatsmaschinerie und damit auch in Putins Verantwortung.

Unklar ist aber, wie viel Raum Trump dem Thema in seinem persönlichen Gespräch mit dem Kremlchef geben wird. Als er in den vergangenen Tagen nach der mutmaßlich russischen Einflussnahme gefragt wurde, wirkte er oft genervt. Seine Antworten klangen lapidar. Details ließ er offen.

Ist Trump gut genug vorbereitet?

Das weiß man nicht. Er selbst hat die Bedeutung einer umfangreichen Vorbereitung vor ähnlich großen Anlässen in der Vergangenheit herunter gespielt. Vor seinem Treffen mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un sagte er etwa, er glaube nicht, dass er sich sehr vorbereiten müsse, es gehe um die Grundhaltung. Das Wochenende verbrachte der Präsident in einem seiner Golfclubs in Schottland.

Am Wochenende bezeichnete Trump die EU als "Feind" – was steckt dahinter?

Trump sieht die EU nicht als Verbündeten, sondern als Konkurrenten, und schießt sich gerade sehr auf sie ein. Immer wieder hat er behauptet, der Verbund sei nur gegründet worden, um die USA zu übertrumpfen. Ihm missfällt etwa, dass Deutschland viel mehr Güter in die USA exportiert, als es von dort bezieht. Als Beispiel nennt er regelmäßig deutsche Autos auf New Yorker Straßen. Der US-Präsident hat Strafzölle gegen die EU auf Stahl- und Aluminiumprodukte verhängt. Er befürwortet in mehreren Bereichen einen Kurs, der die EU schwächt.

Wo besteht die größte Gefahr, dass Trump Putin zu weit entgegenkommt?

Vor allem die EU- und Nato-Staaten fürchten, dass die mächtigen Männer Verabredungen zu ihren Lasten treffen könnten. Für die Europäer gibt es sicherheitspolitisch keinen Ersatz für die Nato oder den nuklearen Schirm der USA. Doch Trump hat die ganze Europa-Reise lang seine Treue zum westlichen Bündnis in Frage gestellt. "Präsident Trump will eine Weltordnung, in der Amerika keine dauerhaften Freunde mehr hat, nur noch wechselnde Verbündete und Interessen", warnte der EU-Ratspräsident Donald Tusk aus Polen.

Sorgen gibt es auch, dass Trump den Druck auf Russland verringern könnte, seine Übergriffe auf die Ukraine einzustellen. Es ist der erste offizielle amerikanisch-russische Gipfel seit der russischen Annexion der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim im Jahr 2014.

Zum Syrien-Krieg scheint Trump einen Deal zu versuchen: Die USA ziehen ihre Soldaten ab, wenn Russland den Einfluss des Irans zurückdrängt. Selbst wenn so etwas vereinbart würde, ist fraglich, ob es umgesetzt werden kann.

Was könnte bei dem Gipfel Positives herauskommen?

Beide Seiten werden absehbar das Treffen als Erfolg darstellen. Zugleich stapeln Amerikaner wie Russen tief, was konkrete Ergebnisse angeht. Ein Fortschritt dürfte sein, dass es überhaupt wieder einen Dialog der beiden größten Atommächte gibt. Er könnte dann auf niedrigerer Ebene zu verschiedenen Themen fortgesetzt werden. Wenig Aussicht gibt es, dass Trump und Putin über Absichtserklärungen hinaus in die komplizierte Frage der nuklearen Abrüstung einsteigen.

Zwei Dinge wären aber leicht zu verabreden. Russland, die USA und die Nato könnten ihre Aufklärungsflüge über der Ostsee und dem Schwarzen Meer weniger provokativ durchführen. Das könnte zur Entspannung beitragen – genau wie der von Trump verkündete Verzicht auf große Militärmanöver mit Südkorea nach dem Gipfel mit dem Nordkoreaner Kim Jong Un. Ähnlich leicht wäre es, die gegenseitigen Ausweisungen von Diplomaten und Schließungen von Konsulaten zurückzunehmen.

(red)