Tierfreunde wissen ja eigentlich längst, dass auch Ratten sehr mitfühlend sein können und nur ein schlechtes Image haben. Eine neue Studie der Universität Bern hat jetzt aber vielleicht sogar den Beweis erbracht. Wissenschaftler machten sich auf die Suche nach den biologischen Wurzeln der Empathie und wollen den evolutionären Ursprung von mitfühlendem Verhalten genau erforscht haben.
Laut einer Medienmitteilung der Universität zeigten Studien der Verhaltensforschung, dass Laborratten Artgenossen aus einer Röhre befreien, in der sie für das Experiment eingesperrt wurden. Für viele Forschende ist das ein Beweis, dass auch Tiere Mitgefühl mit anderen Artgenossen haben können, die sich in einer misslichen Situation befinden.
In der aktuellen Studie des Instituts für Ökologie und Evolution der Universität Bern wurde das Experiment aber noch erweitert. Nach der Befreiung erhielten die Nager die Möglichkeit, gemeinsam Futter zu beschaffen. Das Ziel war, herauszufinden, ob eine Ratte lieber mit einer anderen zusammenarbeitet, die sie zuvor befreit hat, um an Futter zu kommen. Die Forschenden behielten mit ihren Vermutungen recht: Die Ratten schienen verstanden zu haben, dass, wenn eine der anderen hilft, sie im Gegenzug auch Hilfe erhält, wie zum Beispiel bei der Futtersuche.
Die Tatsache, dass Ratten mit ihren Befreiern eher und besser kooperieren, deute laut Studie darauf hin, dass hilfsbereites Verhalten gegenüber Artgenossen in Not die eigenen Überlebens- und Fortpflanzungschancen erhöht. Deshalb habe sich dieses Verhalten evolutionär gelohnt.
"In der Regel geht man davon aus, dass die Bereitschaft zu kooperieren stark davon abhängt, ob die Tiere miteinander verwandt sind", lässt sich Michael Taborsky, Leiter der Studie, zitieren. Die Ergebnisse der Studie zeigen allerdings, dass diese Annahme doch nicht richtig ist: "Einmal mehr sind damit Ratten ein Beispiel dafür, dass soziale Erfahrungen und erfahrene Hilfe wichtiger für die Kooperationsbereitschaft sind als durch Verwandtschaft bedingte genetische Ähnlichkeit", so Taborsky.
"Dies könnte bedeuten, dass mitfühlendes Verhalten durch natürliche Selektion gefördert wird und damit eine biologische Grundlage hat. Es legt aber auch nahe, dass Empathie vielleicht nicht eine rein menschliche Eigenschaft ist", sagt Taborsky. In einem nächsten Schritt sollen die neurobiologischen Mechanismen des mitfühlenden Verhaltens und seine Verbreitung bei sozialen Tierarten im Allgemeinen aufgeklärt werden.