Sie macht Privates öffentlich

Diese Wienerin schreibt Tagebücher – und lebt davon

Erst war es eine spaßige Idee. Heute ist es ihr Vollzeit-Job: Tagebücher sind Diana Köhles (43) große Liebe und zugleich ihr Arbeitgeber.

Heute Redaktion
Diana Köhle (43): "Mein erster Tagebucheintrag war am 23. September 1989, denn das Leben war hart in den Bergen. Ich hatte dort wenig Gleichgesinnte, daher viel Zeit zum Tagebuch schreiben und Schwärmen für unerreichbare “Boys”. Aufgewachsen bin ich in einem kleinen Dorf mit viel Verkehr."
Diana Köhle (43): "Mein erster Tagebucheintrag war am 23. September 1989, denn das Leben war hart in den Bergen. Ich hatte dort wenig Gleichgesinnte, daher viel Zeit zum Tagebuch schreiben und Schwärmen für unerreichbare “Boys”. Aufgewachsen bin ich in einem kleinen Dorf mit viel Verkehr."
Helmut Graf

"Mein erster Tagebucheintrag war 1989. Dann ist lange Zeit wenig passiert im Tagebuch. Am 1. Juli 1995 ging es dann um meinen ersten Kuss". An dieser Stelle wurde es wie bei den meisten Menschen interessant in Diana Köhles Tagebuch.

Diana Köhle (43) kommt aus Nassereith, hat drei Brüder und beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Tagebüchern. Seit 2003 wohnt sie in Wien und seit 2013 vernstaltet sie "Tagebuch-Slams". In den vergangenen zehn Jahren kam sie österreichweit schon auf 301 Slams. Dabei haben 552 Frauen und 83 Männer aus ihren eigentlich geheimen und sehr privaten Schriften vorgetragen. "Männer geben seltener zu, dass sie Tagebuch schreiben", weiß Köhle.

Der nächste Tagebuch-Slam findet am 29. Oktober ab 19 Uhr im Das TAG statt. Motto: "Stell dich deinen Jugendsünden!"

Beim Slam lesen jeweils zwei Kandidatinnen/Kandidaten "gegeneinander" aus ihren mindestens fünf Jahre alten Tagebüchern und das Publikum stimmt per Applaus ab, welches ihnen am meisten gefallen hat. Insgesamt hat jeder Slam vier Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Fünf Jahre müssen die Bücher mindestes alt sein. Das ist die Regel, damit die Leser die nötige Distanz haben und nicht etwa die Stimmung kippt, weil ein Autor emotional weggerissen wird.

Viele erste Male

Dabei sind die Kriterien, die zum Beifall beitragen, nicht immer exakt benennbar. Oft sind es jene Themen, die die Zuhörer begeistern, die sie von sich selbst kennen – es sind viele erste Male bei den Lesungen dabei. Der erste Schultag, die erste Regel, der erste Kuss, der erste Sex – "Das sind die Top-Themen". Der älteste Vorleser bisher war 90 Jahre alt und die älteste Frau 83 Jahre. Die Jüngste war 16: "Die hat schon mit sechs Jahren Tagebuch geführt."

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    Diana Köhle
    Diana Köhle
    Helmut Graf

    "Inzwischen habe ich viel unnützes Expertenwissen gesammelt. Ich kann schon an einem Tagebuch-Cover erkennen, welcher Jahrgang die Autorin oder der Autor ist". Die meisten Einsteiger-Tagebücher hätten ein Schloss. "Auf meinem (ersten) Cover ist Mickey und Minnie Maus, ich habe daher die ersten Einträge mit "Liebe Minnie“ begonnen." Aber ein älterer Herr beim Slam hat mit all ihren Annahmen gebrochen: "Der hatte wilde Sexgeschichten in einem Lohnabrechnungsbuch notiert!" Geschickt getarnt.

    Reise in die Vergangenheit mit einem Gefühl der Geborgenheit

    Was ist das Besondere an den Slams? "Im Publikum sitzt die ganze Bandbreite von ganz jung bis sehr alt." Für die Jungen sei es angenehm zu erleben, dass sie mit ihren Themen nicht allein sind. Eine Teilnehmerin schrieb ins Gästebuch: "Ich bin zwölf und es ist schön zu sehen, dass Erwachsene die gleichen Probleme haben wie ich." Ein anderer Teilnehmer sagte nach der Lesung:" Es ist wie eine Reise in die Vergangenheit mit einem Gefühl von Geborgenheit."

    Der erste Slam ist aus einem Spaß heraus entstanden. Diana Köhle hatte schon zehn Jahre lang Poetry Slams gemacht und eines Tages Im Jahr 2013 suchte sie nach neuen Themen. Im April 2013 war dann ihr erster Tagebuch-Slam. Die Leute sagten danach: "Das war soooo gut! Das musst du wieder machen!" Inzwischen rentiert es sich. "Ich mache das Vollzeit".

    Kämpfen fürs Schreiben

    Es gibt auch zwei Best-Of Bücher mit den besten Tagebuch-Einträgen aus 10 Jahren sowie einen Podcast. David Schalko war der Produzent und Sebastian Brauneis der Regisseur der ORF Sendung über Diana Köhle mit dem Titel: "Liebes Tagebuch …“ Es waren 5 Folgen in DIE.NACHT im ORF Oktober 2014.

    Zwei Monate vorher ist jeder Slam ausverkauft. "Ich möchte diese Abende nicht missen. Sie sind persönlich so bereichernd. Man erlebt tolle Menschen und spannende Einträge." Es sind Abende ohne Proben, Diana Köhle weiß vorher nicht, was gelesen wird – "volles Risiko, alles entsteht im Moment".

    Diana Köhle hat sehr für ihr erstes Tagebuch gekämpft. "Die Mama hat gesagt, das ist zu teuer! Du schreibst eh nicht!" Das hat sich als Irrtum der Mama erwiesen. Diana Köhle schreibt seit 34 Jahren Tagebuch. Und ihr Tipp zum Abschluss: Die Zeit aushalten, wo einem die Bücher peinlich sind – nicht wegwerfen.

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