Einzug ins Weiße Haus
Die nächsten Jahre mit Präsident Trump "werden bizarr"
Amerika hat sich erneut für vier Jahre mit Donald Trump im Weißen Haus entschieden. USA-Experte Manfred Elsig erklärt, was uns erwartet.
Innenpolitik: Migration, Abtreibung, Waffen
Gesellschaftspolitisch werde Trump nur wenig Themen aktiv bewirtschaften, wie beispielsweise die Migration. Vor allem dürften die einzelnen Bundesstaaten mehr Autonomie bekommen und dadurch auch die Unterschiede in verschiedenen Politikfeldern wie Abtreibung und Waffengesetze zwischen ihnen zunehmen.
Insgesamt fehle dem 78-Jährigen der Ansatz einer durchdachten innenpolitischen Strategie: "Trump reagiert meist ad hoc." Das "Project 2025" der konservativen "Heritage Foundation" könne seine zweite Amtszeit jedoch stark prägen. Auch wenn Trump das Projekt nicht offiziell unterstützt, gingen viele Beobachter davon aus, dass er dieses als Leitfaden nutzen werde.
Debattenkultur: "Es wird bizarr"
Die Debattenkultur hat sich in den vergangenen Jahren laut Elsig bereits merklich verschlechtert – und werde mit Trumps Wahl wohl so weitergeführt werden: "Der Umgang mit der Wahrheit wird ein zentrales Thema sein – mit einer Präsidentschaft, die von 'alternativen Fakten' geprägt ist. Eine Kultur, in der eine Lüge die nächste jagt und in der kaum noch ein Zuhören oder konstruktiver Austausch stattfindet, wird das politische Klima zu einer bizarren Art der öffentlichen Diskussion führen", sagt der US-Experte.
Spaltung der Gesellschaft: "Wird sich vertiefen"
"Das Land ist zunehmend gespalten, und die Debattenkultur innerhalb der Gesellschaft und der Parteien wird rauer", sagt Elsig. Dieser Trend dürfte sich nach den Wahlen noch verstärken. Trumps politische Agenda verfolge keine klassischen politischen Ziele im gesellschaftlichen Interesse: "Stattdessen scheint er primär an einem persönlichen Rachefeldzug interessiert, mit dem Ziel, sich selbst, seine Familie und seine Interessen zu schützen und seine Gegner zu schwächen."
Die Verwaltung werde er nutzen, um seine eigenen Präferenzen durchzusetzen, und damit ein beispielloses Machtkonstrukt schaffen, das mehr auf Exekutivmacht und weniger auf Verhandlungen setzt, führt Elsig weiter aus. "Dies wird eine Ära einläuten, die wir so bisher nicht kannten – und die Spaltung der Gesellschaft weiter antreiben."
Ukraine und Naher Osten: "Donald Trump muss Versprechen einlösen"
Trump werde, wie bereits vor acht Jahren, den Rückzug der USA aus internationalen Institutionen und rechtlichen Verträgen vorantreiben. Sicherheitspolitisch werde er sich nicht komplett entziehen können: "Sowohl im Ukraine-Krieg als auch im Nahen Osten wird eine Reaktion von ihm erwartet. Trump hat wiederholt versprochen, Konflikte innerhalb kürzester Zeit lösen zu können – besonders die Lage im Nahen Osten."
In Bezug auf den Ukraine-Krieg herrscht Unsicherheit, was den US-Support betrifft und auch der innere Zusammenhalt der Nato steht wieder auf dem Spiel. Ob und wie er seine großen Versprechen umsetzen könne, bleibe allerdings offen.
Freihandel
Die USA verfolgten laut Elsig unter Biden eine protektionistische Handelspolitik, die dem Kurs von Trump ähnelt. "Beide Präsidenten haben Freihandel durch Zölle und Industriesubventionen eingeschränkt, mit dem Ziel, ausgelagerte Industrien wieder in die USA zurückzuholen."
Der Freihandel zwischen den USA und China wird aufgrund eines Mix von Protektionismus und Geopolitik weiter eingeschränkt. Handelsströme werden sich verändern: "Nordamerika, einschließlich Kanada und Mexiko, wird Wachstum verstärkt regional generieren, während der Handel mit Europa, Russland und Teilen von Asien voraussichtlich leicht abnehmen wird", sagt der Politologe.
Klima und Umwelt
Trump wird die Klimamaßnahmen von Biden rückgängig machen, sagt Elsig. "Dies betrifft sowohl Subventionen in erneuerbare Energien als auch Maßnahmen zur Reduzierung von C02 in den USA durch Gesetzgebung." Bezüglich allgemeiner Umweltpolitik müsse in Betracht gezogen werden, dass Trump die Umweltbehörde (EPA) auflösen und Mindeststandards in allen Sektoren infrage stellen werde. "Das wird dazu führen, dass Bundesstaaten wieder vermehrt unterschiedliche Umweltpolitiken betreiben", so Elsig.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Donald Trump wird in seiner zweiten Amtszeit voraussichtlich wenig durchdachte innenpolitische Strategien verfolgen und stattdessen ad hoc reagieren, wobei Projekte wie das "Project 2025" der konservativen "Heritage Foundation" eine Rolle spielen könnten
- Gesellschaftlich wird die Spaltung der USA weiter vertieft, die Debattenkultur verschlechtert und Trumps Politik wird von persönlichen Interessen und Rachefeldzügen geprägt sein, während er international den Rückzug aus Institutionen und Verträgen vorantreibt und protektionistische Handelspolitik verfolgt