Ukraine
Deutscher Krampf mit Leopard 2 – das steckt dahinter
Deutschlands Zögern wegen der Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine wird von Verbündeten scharf kritisiert. Was ist das Problem?
Deutschlands Verbündete im Ukraine-Krieg nerven sich zunehmend ob der zögerlichen Haltung Berlins in Sache Lieferung von Leopard-Kampfpanzern. Berlin erteilt keine Liefererlaubnis an andere Länder für die in Deutschland produzierten Panzer. Auch steht eine Entscheidung aus, ob man selbst die Kampfpanzer in die Ukraine liefern wird. Was ist das Problem? Antworten auf einige Fragen.
Wieso will die Ukraine den deutschen Kampfpanzer unbedingt ?
Die Ukraine konnte einen Teil der Ausfälle der eigenen Kampfpanzer mit erbeuteten russischen Panzern wettmachen. Doch der Nachschub an benötigter Munition für die alten sowjetischen Panzer geht aus, die ukrainische Rüstungsindustrie ist durch die russischen Luftangriffe fast lahmgelegt.
Demgegenüber hat Russland neben personellen auch riesige materielle Ressourcen: In seinen Depots stehen noch Tausende Kampfpanzer, gepanzerte Militärfahrzeuge und Artilleriesysteme. Kommt verkomplizierend hinzu: Die Ukraine hat bislang sehr viele verschiedene westliche Waffen in kleinen Stückzahlen erhalten. Für die wiederum wird unterschiedliche Munition gebraucht – ganz abgesehen von den benötigten Teilen zur Instandhaltung. Für diese Probleme könnte Leopard 2 eine Lösung sein.
Wieso bietet sich Leopard 2 an?
Der Kampfpanzer bietet sich für einen größeren europäischen Pool an, in dem mehrere Staaten einige Fahrzeuge bereitstellen. Denn Leopard 2 wird in Europa verbreitet genutzt, sodass Staaten wie Schweden, Finnland, Dänemark, Norwegen, Polen oder Spanien genügend Ersatzteile, Munition und Spezialwerkzeuge stellen könnten. Einige der Nato-Staaten könnten der Ukraine zudem überzählige Fahrzeuge abgeben, zumal sie derzeit ihre Panzertruppe erneuern.
Was ist denn nun das Problem der Politik?
Um Lieferungen von Leopard 2 wird tatsächlich schon nach dem achten Tag seit Kriegsausbruch politisch gestritten. Staaten wie Polen wollen die Kampfpanzer der Ukraine übergeben, aber sie benötigen dafür die Exporterlaubnis vom Herstellerland Deutschland.
Dass die Regierung unter Kanzler Olaf Scholz diese bislang nicht erteilte und sich auch bedeckt hält, ob man eigene Kampfpanzer liefere, verärgert Deutschlands Partner zunehmend. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki kündigte jetzt gar an, notfalls auch ohne Zustimmung Deutschlands Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern. Die deutsche Außenministerin Anna-Lena Baerbock erklärte, dem werde man sich nicht entgegenstellen. Auch Finnland will aus eigenen Beständen Kampfpanzer an die Ukraine abgeben.
Wieso zögert Olaf Scholz?
Jedenfalls nicht aus völkerrechtlichen Bedenken, denn die Lieferung von Leopard-Panzern würde Deutschland und seine Verbündeten völkerrechtlich nicht zur Kriegspartei machen.
Tatsächlich ist es bei Leopard 2 wie bei den anderen Waffenlieferungen Deutschlands auch: Man will sich mit den Verbündeten möglichst eng über die Lieferung neuer Waffensysteme abstimmen, und ohne die USA fällt kein Entscheid – "das war bei den Mehrfachraketenwerfern so, bei Patriot-Flugabwehrsystemen und zuletzt bei den Schützenpanzern Marder", wie deutsche Medien schreiben.
Dass Scholz "den qualitativ neuen Schritt bei den Waffenlieferungen" erst gehen wolle, wenn die USA ihrerseits ihre Kampfpanzer "Abrams" lieferten, dementierten Washington und Berlin. Vielmehr misst Scholz Waffenlieferungen an die Ukraine am Prinzip, wonach es keine Alleingänge geben darf. Davon kann allerdings keine Rede mehr sein. Neben Polen und Finnland will Großbritannien Kampfpanzer des Typus Challenger 2 in die Ukraine schicken, Frankreich erwägt die Entsendung von "Leclerc". Die Kritik an und in Berlin wird entsprechend lauter.
So kracht es in der deutschen Ampel-Koalition wegen des Panzer-Pokers mittlerweile gewaltig. Doch noch lässt Kanzler Scholz weiter offen, wann er seine Entscheidung über die Lieferung deutscher Kampfpanzer in die Ukraine treffen und wovon er sie abhängig machen wird.