Motor
Der Polestar 2 leuchtet hell am Elektro-Himmel
Die junge Volvo-Tochter Polestar hat nun ihr zweites Auto auf dem Markt, und das gefiel uns im Test richtig gut.
"Servus Peter, hast du Lust auf eine kleine Ausfahrt?"
"Gerne, was hast du denn gerade für ein Auto?"
"Einen Polestar 2"
"Einen was?"
"Einen Polestar"
"Was?"
"Polestar. So wie Polarstern"
"Aha... und was ist das?"
So wie unserem Freund Peter geht es vielen Menschen. Die ehemalige Tuningabteilung von Volvo brachte 2017 ihr erstes Fahrzeug auf den Markt, ein recht exotischer Hybrid-Sportler mit 609 PS. 2019 folgte der massentauglichere Polestar 2, den es seit kurzem auch in Österreich zu kaufen gibt. Um aber wirklich die breite Masse ansprechen zu können, wird noch einiges an Marketing-Arbeit auf die Schweden zukommen – auch wenn der Wagen selbst schon eine sehr gute Werbung in eigener Sache ist.
Was als erstes auffällt, ist natürlich das Design eines Autos. Und da punktet der Polestar 2 mit schlichter Eleganz, so wie man sich ein modernes Auto vorstellt, dass nicht verkrampft versucht anders zu sein oder aufzufallen. Da soll noch jemand sagen, die Karosserieform der Limousine sei tot - auch wenn der Polestar 2 aufgrund der Bauweise mit der Batterie im Boden etwas höher, dafür aber recht bullig wirkt.
Dafür bleiben aber auch dank der Compact Modular Architecture von Volvo 405 Liter Kofferraumvolumen sowie vorne 35 Liter Stauraum unter der "Motorhaube" für die Ladekabel. Bei 4,6 Meter Länge und einem Radstand von 2,7 Meter wird es auch hinten nicht zu eng.
Wir fuhren das Spitzenmodell des Polestar 2, also die Ausführung mit Long Range Dual Motor (300 kW/408 PS, 660 Nm, bis zu 480 km Reichweite) um 55.900 Euro. Dazu noch das Performance-Paket um 6.000 Euro, das unter anderem manuell verstellbare Öhlins-Stoßdämpfer, Goldene Brembo-Bremssättel, goldene Sicherheitsgurte und 20-Zoll-Leichtmetallfelgen beinhaltet. Außerdem gab es noch die schneeweiße Sonderlackierung um 1.000 Euro oben drauf.
Mehrere Konfigurationen
Der Einstiegspreis für einen Standard Range Single Motor (165 kW/224 PS, 330 Nm, 440 km Reichweite) beträgt 49.900 Euro; ein Long Range Single Motor (170 kW/231 PS, 330 Nm 540 km Reichweite) startet bei 52.900 Euro – alles noch ohne den Umweltbonus. In Relation zur Elektro-Konkurrenz schrecken diese Preise nicht, vor allem da der Polestar 2 auch innen äußerst wertig und solide verarbeitet ist. Man fühlt sich in ihm sehr wohl.
Und wie ist es mit dem wichtigsten, dem Fahren? Das geht gleich flott los: Einfach einsteigen, Ganghebel auf D und losfahren – kein Startknopf, kein Handbremse lösen. Der Elektromotor spielt natürlich seine stufenlose Beschleunigung hervorragend aus, doch auch wenn das Fahrwerk und die Lenkung sportliches Vergnügen zulassen so ist man mit dem Polestar 2 am liebsten schön gediegen unterwegs. Ein rundum angenehmes Erlebnis.
Zumindest, solange man selber fährt. Denn der Spurhalteassistent funktioniert mehr schlecht als recht (wenn überhaupt), was sehr überrascht – Mutter Volvo kann das deutlich besser. Was ebenfalls verbesserungswürdig ist, ist das grundsätzlich gute volldigitale Display in der Karten-Ansicht. Es zoomt je nach Geschwindigkeit automatisch rein und raus, doch meistens viel zu weit raus, sodass man keine Straßennamen mehr lesen kann und man viel zu viel weit entfernte Umgebung, die man nicht braucht, sieht.
Android statt Eigenbau
Was uns aber wieder sehr gut gefallen hat, ist dass der Polestar 2 als erstes Fahrzeug weltweit sein Infotainmentsystem komplett auf Android Automotive OS aufbaut. Damit hat man einfachen Zugriff auf zahlreiche Apps ohne sein Handy verbinden zu müssen. Wer steht, etwa weil er Laden muss, hat auf dem 11 Zoll großen, hochformatigen Touchscreen Internet-Zugriff über einen Browser – sehr praktisch.
Wenn wir schon beim Laden sind – wie weit kommt man wirklich mit dem Polestar 2? In dieser Konfiguration dürften 400 Kilometer realistisch drinnen sein. Solange man nicht zu flott auf der Autobahn fährt und es nicht Minusgrade hat. Das ist natürlich ein Problem aller Elektroautos, doch wer bei ein paar Graden unter Null unterwegs ist und Sitz- als auch Lenkradheizung verwendet (wofür hat man sie sonst?), der muss beim Polestar 2 fast nur mit der halben Reichweite rechnen.
Alles in allem ist mit Polestar ein Neuling am Markt, den sich jeder einmal anschauen sollte, der ein gehobenes Elektroauto sucht.