Philippe und Anne V., die Großeltern des tot aufgefundenen Émile S., sowie zwei ihrer Kinder – ein Onkel und eine Tante des Buben – wurden am Dienstag in Frankreich festgenommen. Die vier Menschen stehen im Verdacht, den kleinen Buben getötet und seine Leiche beseitigt zu haben, wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag in Marseille mitteilte. Ihnen werde "vorsätzliche Tötung" und "Verschleierung einer Leiche" vorgeworfen.
Ein Einblick in das Leben der sehr diskreten und gläubigen Familie V.
Anne und Philippe V. haben zehn Kinder, von denen das älteste, Marie V., die Mutter des kleinen Émile ist.
Die Grosseltern leben in La Bouilladisse, einer kleinen Stadt in der Region Bouches-du-Rhône mit 6.000 Einwohnern, in der Nähe von Aix-en-Provence. Das Haus im 160 Kilometer nordöstlichen Haut-Vernet, aus dem der Bub am 8. Juli 2023 zwischen 16.30 und 18.30 Uhr verschwand, ist das Ferienhaus der Vs. Das Paar lebt in ihrem Hauptwohnsitz La Bouilladisse immer noch mit mehreren ihrer Kinder, von denen einige kaum erwachsen sind.
Tochter Marie V. und ihr Ehemann Colomban S., die Eltern von Émile, haben zwei weitere Kinder: den dreijährigen Alaïs und einen kleinen Buben, der nach Émiles Verschwinden geboren wurde.
Rechtsextremer Vater, strenggläubige Mutter: Das sind die Eltern von Émile
Colomban S, der Vater des toten Émile, ist ein ehemaliges Mitglied der ultranationalistischen Gruppierung "Action française". Der aus Yvelines stammende Mann arbeitet heute als Ingenieur in Marseille und war auch ein sehr aktiver Aktivist der Organisation "Bastion social", eine ebenfalls rechtsextreme, politische Bewegung, die 2019 nach mehreren rassistisch motivierten Angriffen ihrer Mitglieder per offiziellem Dekret aufgelöst wurde.
Marie V. ist in einer strenggläubigen, katholischen Familie aufgewachsen. Sie ging nie zur Schule – die Kinder von Familie V. wurden zu Hause unterrichtet.
Philippe V., etwa 60 Jahre alt, führe mit seiner Frau Anne ein "sehr religiöses, sehr diskretes und einigermaßen autarkes" Leben, sagt José Morales, der Bürgermeister von La Bouilladisse, gegenüber AFP. Philippe V. besteht unter anderem auf traditionelle Messen auf Latein. Auch Émile Trauerzeremonie wurde laut dem Portal "France 3" in dieser Sprache gehalten.
Laut RTL gingen die Grosseltern regelmässig in die Kapelle von Haut-Vernet. Das Gotteshaus wurde nur von ihnen genutzt. Dort stellte die französische Polizei Mitte März einen Blumenkasten sicher, auf dem Blutspuren später im Labor entdeckt wurden.
Bist du von Gewalt betroffen? Hier findest du Hilfe
Frauenhelpline (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 222 555
Männernotruf (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 246 247
Rat auf Draht: 147
Autonome Frauenhäuser: 01/ 544 08 20
Polizei-Notruf: 133
Gewaltschutzzentrum: 0800 222 555
Opfer-Notruf: 0800 112 112
Als junger Mann habe Philippe V. den Wunsch gehabt, Priester zu werden, berichtet "Le Parisien". In den 1990er Jahren war V. während seiner Tätigkeit als Betreuer in einer religiösen Gemeinschaft in einen Fall von Gewalt gegen Minderjährige verwickelt. Zwischen 2014 und 2017 gingen mehrere Beschwerden ehemaliger Schüler ein, die dem "autoritären" V. Misshandlungen vorwarfen.
In der Recherche der Journalistin Ixchel Delaporte im Jahr 2022 beschrieben zahlreiche Zeugen den Physiotherapeuten als "gewalttätig". Sie berichteten von Schlägen und Prügel sowie von "Fingerabdrücken, die sogar nach zwei Monaten noch sichtbar" waren.
Im September 2024 äußerte sich der heute festgenommene Philippe V. in einem Interview mit Zeitschrift "Famille Chrétienne" (übersetzt "Christliche Familie"): "Ich wirke dominant, jemand, der alle terrorisiert. Das ist falsch, aber das ist mir egal. Die Medien schaden uns, aber die Menschen um uns herum sind wirklich großartig! Der Beweis, dass es Gott gibt, ist die Güte, die uns täglich entgegengebracht wird."
Über die festgenommene Großmutter Anne V. ist wenig bekannt. Am Tag von Émiles Beerdigung war sie nicht an der Seite ihres Ehemanns zu sehen.
Auf Social Media präsentiert sie sich lächelnd mit einem Profilbild aus dem Jahr 2018. Zuletzt teilte sie den Zeugenaufruf der Polizei nach Émiles Verschwinden im Juli 2023. In den Kommentaren kommentierte sie das Bild des Buben, den die Behörden ausgewählt hatten: "Auf diesem Foto sieht er aus, wie er tatsächlich ist." Seit dem 9. Juli 2023 hat sie keine Beiträge mehr geteilt.