Coronavirus

Das steckt hinter dem "James-Bond-Impfstoff"

Das deutsche Unternehmen Biontech und der US-Pharmakonzern Pfizer bringen einen Impfstoff auf den Markt. Die Zulassung steht noch aus. 

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Es wird intensiv an einem Corona-Impfstoff geforscht.
Es wird intensiv an einem Corona-Impfstoff geforscht.
picturedesk.com

Das Mainzer Biotechunternehmen Biontech und sein US-Partner Pfizer wollen in den USA demnächst einen Antrag auf Zulassung eines Corona-Impfstoffes stellen, nachdem ihre entscheidende Studie positive Zwischenergebnisse zeigte. Die beiden Firmen gehen davon aus, in den USA in den kommenden Wochen eine umfassende Notfallzulassung des Impfstoffes für Personen im Alter von 16 bis 85 Jahren zu beantragen.

Dazu müssen die Firmen zwei Monate lang Sicherheitsdaten von etwa der Hälfte der rund 44.000 Studienteilnehmer gesammelt haben. Dieses Ziel soll kommende Woche erreicht werden. Die Bekanntgabe, dass ein Impfstoff auf den Markt kommt, hat nicht nur an der Börse für Höhenflüge gesorgt. Deutsche Medien wie die "Bild"-Zeitung sprechen bereits von einem "Impfstoff-Wunder". Der britische Kult-Moderator Piers Morgan nennt ihn den "James Bond unter den Impfstoffen".

Was ist es für ein Impfstoff?

Der Impfstoffkandidat mit der Bezeichnung "BNT162b2" basiert auf der sogenannten Boten-RNA(mRNA)-Technologie. Diese beruht auf synthetischen Genen, die in wenigen Wochen erzeugt und hergestellt und auch in größerem Maßstab schneller als herkömmliche Impfstoffe hergestellt werden können.

Wie hoch sind die Kosten?

Basierend auf dem Liefervertrag mit den USA soll der Preis für eine Behandlung mit zwei Impfstoff-Dosen voraussichtlich bei 39 Dollar liegen. Andere Industrieländer sollen keinen niedrigeren Preis erhalten als die USA, hieß es im Juli. Biontech-Chef Ugur Sahin geht davon aus, dass durch die Impfung eine einjährige Immunisierungswirkung erreicht werden kann. Dies sei aber noch nicht sicher. Der in der Zwischenanalyse bekannt gegebene Schutz vor einer Covid-19-Infektion von mehr als 90 Prozent wurde 28 Tage nach Beginn der Impfbehandlung erreicht.

Wann wird der Impfstoff zugelassen

Pfizer unterzeichnete im März einen Vertrag mit Biontech - aus dessen Laboren BNT162b2 stammt – im Wert von bis zu 750 Millionen Dollar, um den potenziellen Impfstoff gemeinsam zu entwickeln. Im Mai begann die Impfstoffprüfung in den USA, nachdem die Versuche in Deutschland bereits im April gestartet wurden.

Die US-Gesundheitsbehörde FDA verlieh dem Impfstoff Mitte Juli den «Fast-Track»-Status. In der zweiten frühen Studie zeigte der Impfstoff vielversprechende Ergebnisse. Im November kündigten die Unternehmen an, noch im laufenden Monat eine Notfallgenehmigung des Impfstoffes zu beantragen. Derzeit laufen Einreichungsprozesse in Großbritannien, Kanada und Europa. Versuche mit dem Impfstoff gibt es in mehreren Ländern, unter anderem in den USA, Deutschland, Japan und Brasilien.

Wann wird er auf dem Markt erhältlich sein?

Deutschland hat bereits 375 Millionen Euro investiert. Wann es dort auf den Markt kommt, ist noch unbekannt. Auch Japan weiß noch nicht, wann es seinen Bürgern eine Impfung gegen das Coronavirus geben kann, hat sich aber schon mal 120 Millionen Impfdosen zugesichert. Großbritannien sichert sich 30 Millionen Dosen. Auch die USA haben sich bereits 100 Millionen Impfdosen gesichert.

In der Schweiz prüft die Zulassungsbehörde den Impfstoff bereits im Schnellverfahren. Eine Vorbestellung der Dosen hat der Bund aber noch nicht in Auftrag gegeben. Eine Notfallzulassung, wie sie in den USA angestrebt wird, ist in der Schweiz nicht zulässig. Swissmedic prüfe sämtliche Covid-Impfstoffe mit höchster Priorität, wie der Vize-Präsident der Schweizerischen Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel und Medizinprodukte Philipe Girard gegenüber BaZ-Online sagt.

Wie Gesundheitsminister Rudolf Anschober betonte, rechnet er mit einer Impfstofflieferung im ersten Quartal 2021. "Für mich sind jetzt strenge Sicherheitsüberprüfungen bei den Zulassungsverfahren entscheidend", sagt Anschober dazu. "Und ich bin weiterhin optimistisch, dass wir tatsächlich eine gute Chance haben, dass im ersten Quartal 2021 die ersten Lieferungen von Impfdosen nach Österreich gelangen und damit schrittweise das Risiko von Covid-19 verringert wird." Damit schlägt Anschober in die Kerbe von Kanzler Sebastian Kurz, der einen "normalen Alltag" wahrscheinlich Mitte 2021 in Aussicht stellte.

Wie testen Pharmaunternehmen den Wirkstoff?

Pfizer und Biontech untersuchen die Wirksamkeit ihres Impfstoffs BNT162b2 in einer Phase-III-Studie an rund 43.500 Personen. Die Hälfte davon erhält ein wirkungsloses Placebo. Die Impfung erfolgt in zwei Schritten im Abstand von drei Wochen. Wie gut der Wirkstoff funktioniert, lässt sich abschätzen, indem die Zahl der Corona-Infektionen unter den Geimpften mit der Zahl der Infizierten in der Placebogruppe verglichen wird.

Wie groß ist der Schutz des Impfstoffs?

Laut Girard ist dies nicht medizinisch bestätigt. "Wir könnten gegebenenfalls auch eine Impfung mit einem Schutz von 50 Prozent zulassen, wenn der erwartete Nutzen größer ist als die potenziellen Risiken. Wir entscheiden im Interesse der gesunden Menschen, die geimpft werden."

Können Langzeitfolgen ausgeschlossen werden?

Swissmedic-Vize Girard sagt dazu: "Wenn sich nach der Zulassung noch sehr seltene Nebenwirkungen zeigen, dann muss man im Rahmen der Marktüberwachung die Zulassung anpassen und zum Beispiel für bestimmte Gruppen einschränken."

Werden die Impfstoffdosen für die ganze Welt reichen?

Pfizer und Biontech, die bereits bei der Entwicklung von mRNA-basierten Impfstoffen gegen Influenza zusammenarbeiten, gehen derzeit davon aus, dass noch in diesem Jahr weltweit bis zu 50 Millionen Dosen des Coronavirus-Impfstoffs hergestellt werden. Das wäre genug, um 25 Millionen Menschen zu impfen. 2021 sollen bis zu 1,3 Milliarden Dosen produziert werden.

Was sagen Experten zum Impfstoffwunder?

"Ehrlich gesagt ist das die beste Nachricht, die ich seit dem 10. Januar erhalten habe", schrieb der Virusexperte Florian Krammer von der Icahn School of Medicine des Mount Sinai-Krankenhauses auf Twitter. Marylyn Addo, Leiterin der Sektion Tropenmedizin an der Uniklinik Eppendorf (UKE) in Hamburg, findet es heikel ein Urteil über den Impfstoff zu fällen, solange die Daten der Studie noch nicht öffentlich zugänglich sind und noch nicht von unabhängigen Experten bewertet werden konnten, wie der "Spiegel" berichtet.

"Es muss sich noch zeigen, ob der Impfstoff auch in verschiedenen Bevölkerungsgruppen, insbesondere in Risikogruppen wie älteren Menschen, ebenso effektiv ist", so Leif-Erik Sander, Leiter der Forschungsgruppe Infektionsimmunologie und Impfstoffforschung an der Charité in Berlin. Hinweise darauf, könnten eben die unveröffentlichten Daten aus der Studie liefern.

Kritisch ist zudem, dass gemäß dem Studienprotkoll von Biontech und Pfizer Infizierte mit milden Symptomen als Fälle gezählt werden. Dadurch sei es schwieriger abzuschätzen, ob der Impfstoff Infektionen mit schweren Verläufen tatsächlich verhindern kann.

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