Politik
Das passiert wirklich, wenn Putin Gashahn zudreht
Energieministerin Leonore Gewessler verriet in der ZIB2, wie gesichert die Gasversorgung ist und wie Österreich auf die gestiegenen Preise reagiert.
Wirtschaftsforscher Gabriel Felbermayr hatte sich am Donnerstag in der "Zeit im Bild 2" zu den Auswirkungen des Gasstreits mit Russland auf Österreich geäußert und dabei mit einer Aussage aufhorchen lassen: "Putin kann den Gashahn jederzeit abdrehen! Und Vorwende dazu könnte man eben finden, indem man im Zahlungsverkehr Hürden einbaut", so der Experte.
Allerdings rechnet er damit, dass das Gas weiter fließen wird. Aber: "Das Problem mit russischen Ankündigungen ist, dass man nicht weiß, was sie wert sind." Außerdem müsse man davon ausgehen, dass aus dem Kreml immer wieder Signale in diese Richtung kommen werden.
"Nervosität führt zu Unruhe"
Denn: "Nervosität auf den Märkten führt zu Unruhe, man macht sich Sorgen und die Menschen glauben, sie können ihre Wohnung im Winter nicht mehr heizen", so Felbermayr. Und diese Unsicherheit zu schüren, sei laut dem Experten sicher ein "Teil der Strategie des Kreml."
Energie- und Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) war am Freitag zu Gast in der "Zeit im Bild 2" und sprach mit Moderatorin Margit Laufer über die Gasversorgung in Österreich und erklärte dabei auch, was genau geschieht, wenn Kreml-Chef Putin tatsächlich den Gashahn zudreht.
"Wir nehmen die Situation der Teuerung in unserem Land sehr, sehr ernst", versichert Gewessler in der ZIB2. Daher habe die Regierung im März zusätzlich zu den bisherigen Maßnahmen ein weiteres "Energiepaket" in Höhe von mehr als zwei Milliarden Euro gegen die Teuerung zur Verfügung.
"Wir beobachten die Situation genau"
Und genau diese Maßnahmen, wie etwa der Teuerungsausgleich für einkommensschwache Haushalte und Personen würden jetzt Schritt für Schritt zu greifen beginnen. Die erste Tranche sei bereits auf den Konten der Betroffenen, die zweite werde jetzt gerade überwiesen. Der Energiekostenbonus kommt dann im April.
"Wir haben das erste Paket bereits im Jänner verabschiedet und waren damit deutlich früher dran, als andere europäische Länder. Das Paket hat sich an je gerichtet, die es besonders brauchen. Der Teuerungsausgleich ist ein Beispiel davon", erklärt die Ministerin. Im zweiten Paket habe man dann auf bestehende Instrumente gesetzt, damit man möglichst rasch helfen könne.
Das Finanzministerium habe zudem auch auf Wunsch der Sozialpartner das Inflations-Monitoring eingesetzt und man werde die Situation weiter überwachen. Neben den Gas- und Energiepreisen seien aber auch die Lebensmittelpreise ein Thema. Doch mit welchen Maßnahmen genau könne man rechnen? "Wir haben jetzt das Monitoring installiert und beobachten die Entwicklungen genau."
"Putin-Ansagen kann man wenig Vertrauen schenken"
Anhand dieser Beobachtungen würde man dann dementsprechende Maßnahmen entwickeln. Das Rubel-Dekret von Putin sei aber bereits lange angekündigt gewesen. Das sei auch der Grund dafür, dass man am Mittwoch die Frühwarnstufe bei der Gasversorgung ausgerufen habe.
Doch was passiert wirklich, wenn der Kreml-Chef das Gas abdreht? "Wir wissen, wir haben es mit jemanden zu tun, auf dessen Ansagen man wenig Vertrauen schenken kann und die mit Bedacht anzunehmen sind. Deshalb bereiten wir uns auch auf alle Fälle vor – auch auf den Ernstfall", erklärt Gewessler.
Durch die Aktivierung der Frühwarnstufe des Gasnotfallplans werde nun die Marktsituation von allen Beteiligten noch engmaschiger überwacht. Zudem werde jetzt auch täglich von der E-Control transparent veröffentlicht, wie Versorgungssituation und die Speicherstände sind.
"Bereiten uns auf alle Fälle vor"
Außerdem bereite man sich auch auf alle weiteren Fälle vor. "Bei der Energielenkung gehe es darum, dass ich als Ministerin, dass ich im Falle eines deutlichen Lieferrückgangs oder sogar eines Lieferstopps russischen Gases nach Österreich eingreifen und Verbrauchsreduktionen anregen kann, um die Haushalte in Österreich weiter gut versorgen zu können", erklärt die 44-Jährige.
Aber wären die Haushalte möglichen Verbrauchsreduktionen komplett unbetroffen? Dazu die Ministerin: "Wir haben bei der Energielenkung ein Szenario, dass man dort hinschaut, wo der größte Hebel ist. Und der größte Hebel um Versorgung sicherzustellen in so einem außergewöhnlichen Notfall sind die großen Verbraucher". Deshalb bereite man das jetzt auch vor.
Bereits im Jänner habe Gewessler einen Energielenkungsbereit einberufen, die E-Control sei im Austausch mit den großen Verbrauchern. Sollte eine Energielenkung tatsächlich notwendig sein, werde man wieder Energielenkungsbereit einberufen, in dem auch die Interessensvertretungen der Wirtschaft auch am Tisch sitzen.
Die Kriterien dazu seien nach der Systemrelevanz ausgerichtet. Man habe Industriebetriebe in Österreich, die sorgen etwa mit ihrer Abwärme für Fernwärme in den Städten. Es würde aber auch Kraftwerke geben, die für die Stromversorgung relevant sind. Die würden aufgrund der Systemrelevanz anders behandelt werden als etwa "rein produzierende Betriebe"
"Bekommen Rechnung präsentiert"
Und: "Wir arbeiten auf Hochdruck am Krisenmanagement. Wir haben die Frühwarnstufe ausgerufen und ich bin im laufenden Austausch mit meinem internationalen Team. Um diese Krise kümmere ich mich höchstpersönlich." Aber Gewessler gibt zu: "Die Industrie in Österreich ist verwundbar."
Die Politik der vergangenen 10 bis 15 Jahre habe nichts gemacht, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren. "Jetzt bekommen wir die Rechnung präsentiert." Dadurch sei man in Österreich erpressbar und auch verwundbar. Und darauf müssen wir gut reagieren. Die Gasversorgung sei aber derzeit gesichert, stellt die Energieministerin klar.