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"Das ist so grausam" – Nackt-Duschpflicht an Schulen
An gewissen Schulen in der Schweiz ist es Pflicht, nach dem Sportunterricht zu duschen. Auf Instagram löst die Geschichte eine Debatte aus.
Nach dem Sportunterricht gehen viele Schülerinnen und Schülern sowieso duschen – an manchen Schulen in der Schweiz ist es aber sogar Pflicht. Das kritisiert Agota Lavoyer, Expertin für sexualisierte Gewalt und Opferberaterin, in einer Story auf Instagram. Angestoßen hat die Debatte eine Geschichte aus Bern: Zwei Mädchen wollten nach dem Sportunterricht nicht duschen, weil es ihnen unangenehm ist, sich nackt vor ihren Mitschülerinnen zu zeigen, wie die Today-Plattformen am Donnerstag schreiben.
"Ich habe ein Trauma deswegen"
Die Lehrerin erlaubte den Mädchen daraufhin, sich in der Unterhose zu duschen. Darüber war der Schulleiter aber nicht erfreut: Er wies die Lehrerin darauf hin, dass an der Schule eine Nackt-Duschpflicht gelte und diese strikt befolgt werden müsse. Mit ihrer Kritik an der Duschpflicht scheint Lavoyer einen Nerv getroffen zu haben. Auf ihre Storys erhielt sie zahlreiche Rückmeldungen von Personen, die ihre negativen Erfahrungen mit der Duschpflicht teilen. Eine Person schreibt: "Das ist so grausam, ich habe ein übles Trauma deswegen", die Duschpflicht sei wirklich etwas, das abgeschafft werden sollte.
Jemand weiteres erzählt, dass an seiner oder ihrer Schule ebenfalls eine Nackt-Duschpflicht galt und sich ein gewisser Lehrer teilweise selber davon überzeugt hat, ob diese eingehalten wird. Manchmal sei er gar mit einer Kamera in die Gemeinschaftsduschen gekommen und habe gefilmt. "Jeder wusste es und niemand hat etwas dagegen getan." Weiter erzählt jemand, wie damals im Schwimmunterricht alle Kinder ihre Badeanzüge abziehen mussten und in der Gemeinschaftsdusche, ohne Geschlechtertrennung, duschen mussten. "Gerade Kinder können untereinander sehr grausam sein und Grenzen überschreiten", schreibt jemand weiter.
"Es geht um Körperhygiene und Gesundheit"
Auch Menschen aus der LGBTQ-Community meldeten sich zu Wort: "Ich fand das total unangenehm, weil als Transperson war das Wachsen der Brüste und die Verweiblichung des Körpers, zum Beispiel durch breitere Hüften, eine körperliche Veränderung, die ich als dysphorisch erlebte." Die Today-Zentralredaktion hat bei Lavoyer genauer nachgefragt. Das Problem existiere bei weitem nicht nur an Berner Schulen, sondern sei auch in vielen anderen Kantonen ein Problem. "Offenbar ist in ganz vielen Schulen die Sensibilität darüber, wie die sexuelle und körperliche Integrität von Kindern geschützt werden muss, nicht vorhanden."
Peter Hofmann, Gründer der Fachstelle Schulrecht Gmbh, kann diesen Vorwurf aber nicht nachvollziehen. Eine Schule dürfe verlangen, dass die Schülerinnen und Schüler nach dem Sportunterricht duschen. "Es geht um die Körperhygiene und die Gesundheit", sagt der Schulrechtsexperte. Fühle sich ein Kind aber unwohl, beispielsweise weil andere körperlich schon weiter entwickelt sind, sollen die Lehrpersonen individuelle Lösungen finden können.