Österreich

Darum lebt "Model" Viktor auf der Straße

Heute Redaktion
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Viktor (31) ist eines der obdachlosen Models, die am Montag zugunsten der Wiener Wichtelchallenge über den Catwalk liefen. "Heute" hat ihn in der Wärmestube Apollogasse besucht.

Manchmal schlägt das Schicksal mit voller Härte zu: Dazu gehören auch Lajos H. (31), der sich selbst Viktor nennt und seine Lebensgefährtin Noemi W. (20). Beide sind ungarische Staatsbürger und leben seit Monaten auf der Straße. Die ohnehin schon schwierige Situation wird durch Noemis Schwangerschaft noch komplexer.

Schwierigkeiten begannen schon in der Kindheit

Das Leben war von Beginn an nicht gut zu dem jungen Paar aus Budapest. Noemi's Mutter ist schizophren, warf ihre 14-jährige Tochter von einem Tag auf den anderen aus der Wohnung. Der Vater ist schwerer Alkoholiker, auch hier konnte sie keine Unterstützung bekommen. Schließlich landete Noemi bei einer Pflegefamilie, wo sie erstmals ein wenig Normalität erfuhr. Sie schloss erfolgreich ihre Ausbildung zur Buchbinderin ab.

Prekäre familiäre Verhältnisse kennt auch Viktor gut, mit dem Vater hat er seinen Jahren keinen Kontakt mehr. Nach Abschluss seiner Koch- und Kellner-Lehre ging Viktor, der sehr gutes Deutsch spricht, für einige Zeit in die Schweiz, begann hier ein Medizinstudium. Doch nur kurz darauf rutsche er in die Drogensucht ab, spritzte Heroin.

Suche nach einem besseren Leben führt nach Deutschland

Doch er kämpfte sich aus eigener Kraft zurück ins Leben, ist nun seit sechs Jahren clean. Als er vor etwa einem Jahr Noemi trifft, entscheiden die beiden nach Deutschland zu gehen und dort eine Arbeit zu finden. "Die Wirtschaftskrise hat auch Ungarn hart getroffen. Damals war es fast unmöglich Arbeit zu finden".

Doch auch in Hamburg hatten die beiden kein Glück. "Wir wurden beide über eine Personalvermittlungsfirma angestellt. Ich arbeitete als Kellner, Noemi als Buchbinderin", erzählt Viktor im Gespräch mit "Heute".

Betrügerische Firma bringt Noemi und Viktor auf die Straße

Doch einen Monat später das böse Erwachen: Auf dem Konto war kein Gehalt, die Firma war offenbar ein Betrug. "Unser Gehalt hätte von dem Personalverleiher bezahlt werden sollen, doch das ist nicht passiert. Unsere Ersparnisse waren schnell aufgebracht und weil wir uns die Wohnung nicht mehr leisten konnten, landeten wir auf der Straße", so Viktor. Noemi und Viktor gerieten in den Teufelskreis, der so vielen Obdachlosen die Rückkehr in die Gesellschaft schwer macht. "Ohne Geld können wir keine Miete zahlen, ohne Wohnanschrift stellt dich aber auch kein Arbeitgeber ein", schildert der Ungar das Dilemma.

In Wien vorerst Zuflucht gefunden

Seit etwa einem Monat sind die beiden nun in Wien. Die erste Zeit haben sie in Bahnhöfen oder "überall dort, wo es warm und trocken ist" geschlafen. Seit kurzem hat das junge Paar bei den Obdachloseneinrichtungen der Stadt Zuflucht gefunden. "Unser Tagesablauf ist eigentlich immer der gleiche. Ich übernachte in einer Notschlafstelle in Meidling, meine Freundin in einem Chancenhaus im 3. Bezirk. Um 7.30 Uhr muss sie das Haus verlassen, dann gehe ich sie abholen", so Viktor.

Je nach Witterung gehen die beiden dann in der Stadt spazieren oder wärmen sich in der, von Obdach Wien betriebenen, Wärmestube Apollogasse (Neubau) auf. "Wenn wir ein bißchen Geld haben, kaufen wir uns auch einmal einen Tee oder Kaffee. Gegen Mitternacht bringe ich Noemi dann zurück zu ihrer Unterkunft, gebe ihr einen Gute Nacht-Kuss und fahre zu meinem Schlafplatz", erzählt Viktor.

Noemi macht wachsender Babybauch zu schaffen

Doch mit dem wachsenden Bauch wird das Spazieren gehen für Noemi immer mühsamer, dazu kommt immer öfter auch Schwangerschaftsübelkeit. "Ich bin jetzt in der 17. Woche. Wir haben beide wahnsinnige Angst, dass sie uns das Kind wegnehmen, wenn wir nicht bald einen Job finden", so Noemi.

Doch die Jobsuche ist schwierig, wie Viktor erzählt: "Ich habe keinen Meldezettel und keine Anmeldebescheinigung. Auch meinen Ausweis habe ich verloren, deswegen habe ich diese Woche einen Termin bei Magistrat".

"Größter Wunsch? Ein Job und eine 1-Zimmer-Wohnung"

Der größte Weihnachtswunsch der beiden ist ein fixer Job für zumindest einen der beiden. "Ich würde alles arbeiten, gerne als Koch oder Kellner, auch das Modeln hat viel Spaß gemacht. Am liebsten würde ich aber als Sozialarbeiter mit Drogenabhängigen arbeiten und ihnen helfen, die Sucht zu besiegen", unterstreicht Viktor. So soll eine kleine Ein-Zimmer-Wohnung finanziert werden, wo die Familie ihr Baby aufziehen kann. Das ist derzeit die größte Sorge des Paares, "dass sie uns das Kind wegnehmen".

Wenn Sie Noemi und Viktor helfen möchten oder einen Job zu vergeben haben, dann wenden Sie sich bitte an [email protected]