Coronavirus

So sieht die Strategie gegen die Virus-Mutation aus

Am Vormittag informieren Minister Rudolf Anschober und Experten erste Erkenntnisse zur ansteckenden Corona-Mutation B 1.1.7 und geben einen Ausblick. 

Michael Rauhofer-Redl
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Gesundheitsminister Rudolf Anschober (GRÜNE) bei der Pressekonferenz zum weiteren Vorgehen gegen die Corona-Mutation.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (GRÜNE) bei der Pressekonferenz zum weiteren Vorgehen gegen die Corona-Mutation.
Tobias Steinmaurer / picturedesk.com

Die "britische" Mutation B 1.1.7. des Coronavirus ist zu einem nicht unwesentlichen Teil mitverantwortlich dafür, dass der Lockdown in Österreich ab kommenden Montag in eine unfreiwillige Verlängerung geht. Da die Ansteckungsgefahr, die durch die Mutation ausgeht, um bis zu 50 Prozent größer ist, wird in den kommenden Wochen einiges davon abhängen, wie das Virus erkannt wird und wie somit eine weitere Ausbreitung rasch verhindert werden kann. 

Genau zu diesem Thema informiert am Donnerstagvormittag Gesundheits- und Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) zusammen mit Genomforscher Christoph Bock, Infektiologen Richard Greil sowie Simulationsforscher Niki Popper. Angekündigt wurde auch eine erste Einordung zur Entwicklung. 

Anschober mit Rück- und Ausblick

Den Beginn macht Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Der heutige Termin soll den Status Quo darstellen. Die Pandemie nehme zu, bislang gebe es 96 Millionen Covid-19-Fälle, mehr als zwei Millionen Menschen seien bislang gestorben "die dramatischste Zahl von allen", so Anschober. Wie gewohnt skizziert der Minister die Corona-Entwicklung der vergangenen Monate. Aktuell gibt es in Österreich rund 16.000 aktive Fälle, 2.000 Menschen befinden sich in krankenhäuslicher Pflege, 323 Menschen sind aktuell auf intensivmedizinische Betreuung angewiesen. Verglichen mit den Nachbarländern stehe Österreich gut da, das belegt Anschober mit einer Folie. Er hält aber fest: Am Tag, als der zweite Lockdown verkündet wurde, wurden in Österreich die höchsten Werte aller Nachbarländer verzeichnet. 

Diese Entwicklung solle aber nicht zu falscher Zufriedenheit führen. Er wiederholt seine Aussage, wonach Februar und März die schwierigsten Monate werden. Schuld daran sei die Mutation B 1.1.7. Man kenne die Dynamik etwa aus Großbritannien und Irland, wo es eine Verzehnfachung der Zahlen über Weihnachten und Silvester gegeben habe. Anschober warnt vor "einer Pandemie in der Pandemie". Experten in den USA gehen davon aus, dass diese Variante schon im März die dominante Variante des Virus darstelle. Deswegen sollen auch in Österreich Maßnahmen getroffen werden.

Es gehe um die Erweiterung von PCR-Tests. Alle positiven Tests sollen auf die Mutation überprüft werden. Das soll in allen Bundesländern forciert und ausgebaut werden. Als zweiten Punkt nennt Anschober die Kontrolltätigkeiten in den Kläranlagen, "ganz faszinierend", erklärt der Minister und kündigt an, dass später ausführlicher darauf eingegangen werde. Als letzten Punkt nennt Anschober eine stärkere Sequenzierung. Auch die ab Montag, 0 Uhr gültige Verordnung soll auf B 1.1.7 eingehen, als Beispiel nennt Anschober den erweiterten Sicherheitsabstand ("Der Babyelefant ist erwachsen geworden")  und die FFP2-Pflicht. Diese Maßnahmen sollen noch am Donnerstag im Hauptausschuss des Nationalrates beschlossen werden. 

Ein wichtiges Instrument soll auch die Impfung darstellen. Anschober erkennt eine Trendumkehr. Früher gab es bei der Impfung hauptsächlich die Frage, welche Nebenwirkung es gebe, nun würden 70 Prozent der Anrufer fragen, wann sie an die Reihe kommen. 

Endlich verständlich: Das geschieht bei einer Virus-Mutation
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netdoktor

Briten-Virus noch nicht in der Breite

Nun ist Christoph Bock an der Reihe. Er erklärt die Sequenzierung im Detail. Es gibt drei Verfahren: Antigentest, PCR-Test und die Vollgenomsequenzierung. Die Vollgenomsequenzierung untersucht die Proben bis ins Detail. Dadurch können sich Forscher ganz sicher sein, womit man es zu tun habe und frühzeitig erkennen. Eine genaue Erklärung findest du im Video. Die Sequenzierung ist das Mittel der Wahl zu verifizieren, wie der Stand der Dinge ist und wie sich die Mutationen weiter entwickeln werden. Sie soll nicht dazu dienen, festzustellen, wie viele Fälle der britischen Mutation es gibt.

Besonders spannend sei die Klärwassersequenzierung. "Höchstbeeindruckend, dass es überhaupt funktioniert". Aus dem Abwasser werden Proben entnommen und diese dann sequenziert. "Es ist keine Suche nach einer Nadel im Heuhaufen, sondern einer Nadel in einem Waldstück". Ein hochkomplexer Prozess. Die Ergebnisse aus ausgewählten Bezirken: Das britische Virus scheint noch nicht flächendeckend in der Bevölkerung angekommen zu sein. Es gebe aber einzelne Ausbrüche und Cluster in einzelnen Teilen Österreichs. 

Christoph Bock erklärt die Sequenzierung von positiven Coronatests.
Christoph Bock erklärt die Sequenzierung von positiven Coronatests.
Screenshot

Das Beispiel Salzburg

Nun ist Richard Greil am Wort. Er schildert die Situation am Beispiel des Bundeslandes Salzburg. Interessant sind die Ausführungen deswegen, weil sie zeigen, dass Salzburg mitunter mehr Coronafälle hatte, als Prognosne vorausgesagt haben. Alleine im Uniklinikum seien mehr als 100 Betten mit Covid-Patienten belegt gewesen. "Ein Klinikum im Klinikum", so Greil. Einen unmittelbaren Einfluss auf die Intensivbettenbelegung hatte das Virus in Salzburg allerdings nicht. 

Anfang Jänner sprachen dann Klärwasserproben eine eindeutige Sprache. Am 3.1. waren schon 54 Prozent der Proben positiv. Für die Zukunft müsse die Frage gestellt werden, inwiefern die Impfstoffe adaptiert werden müssen. 

Mutation im März als dominierende Virusvariante

Nun ist Simulationsforscher Popper am Wort. Er erklärt, dass die Aufgabe seines Forschungsteam sei, die Datensätze zusammenzutragen, die Dynamiken zu verstehen und erst darauf aufbauend Aussagen zu treffen. Aktuell habe man ein Reproduktionszahl von 0,97. Das sei eine erfreuliche Zahl. Aktuell wirkten die Maßnahmen, "allerdings nicht so stark, wie wir uns das wünschen würden". Die schlechte Nachricht: Das hat noch nichts mit der Mutation zu tun. 

Drei Aspekte, die einfließen müssen: Der aktuelle Lockdown, die aktuelle Verbreitung und die Einschätzung der Ausbreitungswahrscheinlichkeit. Im dritten Punkt gebe aus auf Grund unterschiedlicher Schätzungen eine hohe Unsicherheit. Status quo: Man weiß, dass die Mutation ansteckender ist, laut Experten Christian Drosten, weniger ansteckender, als ursprünglich befürchtet. Allerdings geht auch er davon aus, dass die Mutante im März die dominierende Form sein wird. Popper geht davon aus, dass das weitere Testen und Tracing dazu führen werden, dass Lockerungen umgesetzt werden können. 

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