Coronavirus
Geheim-Papier zeigt wilden Zickzack-Kurs bei Maßnahmen
Die Regierung sagt, bei den Corona-Regeln auf Experten zu hören. Ein Geheim-Dokument, das "Heute" vorliegt, deckt nun große Widersprüche auf.
Seit Wochen hagelte es Kritik an den Corona-Maßnahmen – insbesondere der Sperrstunde und 2G im Handel. Die Öffnungs-Ansage der Regierung kam am Samstag dann doch überraschend – selbst die roten Landeschefs waren über Lockerungen vorab nicht informiert worden. Nur wenige Stunden nach Bekanntwerden der Postenschacher-Affäre verkündeten Kanzler Karl Nehammer (VP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) eine spätere Sperrstunde (24 Uhr) und eine Rückkehr zu 3G in der Freizeit.
Dokumente zeigen Zickzack-Kurs
Beim Aus für den Ungeimpften-Lockdown am Mittwoch hatte Nehammer noch gesagt:
„"In dem Moment, wo die Infektionszahlen sinken, werden wir die Maßnahmen reduzieren."“
Die Gefahr sei noch nicht vorbei, betonte der VP-Regierungschef: "Es ist daher weiterhin Vorsicht geboten." Auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) lehnte am Freitag noch Lockerungen ab.
Nur 72 Stunden später war plötzlich alles anders. Das kam insofern überraschend, als auch die eigene (!) Corona-Kommission des Bundes am Donnerstag genau das Gegenteil besprochen hatte. In einem Dokument, das "Heute" zugespielt wurde, steht schwarz auf weiß protokolliert:
"Prognosen des Prognosekonsortiums gehen weiterhin von einem Anstieg der täglichen Neuinfektionen aus."
Und weiter: "Der Peak der Omikron-Welle ist noch nicht erreicht."
Frühe Öffnungen verschärfen Peak
Brisant: "Es wird von einer Beibehaltung des gegenwärtigen Maßnahmenregimes ausgegangen", sagte ein Regierungsberater in der Sitzung. Seine Berechnung ergab: "Unter Beibehaltung des gegenwärtigen Maßnahmenregimes werden die Schwellwerte für den Spitalsbereich sehr wahrscheinlich nicht erreicht." Der Modellrechner gab aber zu bedenken: "Weitergehende oder zu früh gesetzte Öffnungen würden den Peak der Welle gemäß der Szenarien erhöhen und gemäß den pessimistischeren Szenarien können so die Schwellwerte Intensiv- und Normalstation erreicht bzw. überschritten werden."
Insider: "Dieses Vorgehen überrascht"
Ein Insider sagt zu "Heute": "Es waren auch ein Vertreter des Bundeskanzleramts und drei aus dem Gesundheitsministerium vor Ort. Sie haben keinerlei Einwände geäußert oder Berechnungen aufgrund eines anderen Maßnahmen-Regimes urgiert. Das überhastete Vorgehen überrascht nun doch."
Spannend auch: Die Regierung tut nun auch das Gegenteil von dem, was die GECKO-Kommission – diese empfiehlt den Spitzenpolitikern Maßnahmen – als sinnvoll erachtet. Stichwort: 2G-Regel. In einem Dokument, das das Kanzleramt im Netz hochgeladen hat, wurde festgehalten: "Die 2G-Zutrittsregel hat zwar (wie andere Schutzmaßnahmen auch) an Effektivität verloren, entfaltet aber weiterhin eine ausbreitungsreduzierende Wirkung."
Handel verliert noch einmal 600 Millionen
Durchgesetzt haben sich letztlich die Landeshauptleute von Salzburg, Tirol und Vorarlberg sowie die Wirtschaftskammer. Für den Handel geht es indes nicht schnell genug. Da die 2G-Regel dort erst in der zweiten Februar-Woche beendet wird, entgehen ihm laut Handelsverband-Chef Rainer Will noch einmal rund 600 Millionen Euro.