Politik

Grasser vor Gericht: "Es geht hier um mein Leben"

Heute Redaktion
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Karl-Heinz Grasser hat seine Aussage vor der Richterin begonnen. Er habe nichts getan, nichts weitergesagt und sei unschuldig. Lesen Sie hier warum >>>

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser freute sich am Dienstag, wie er selbst sagte, endlich seine Sicht der Dinge darlegen zu dürfen. Er bekannte sich "nicht schuldig" und hoffte auf ein faires Verfahren.

In seinem Eingangsstatement wandte er sich mehrmals den Schöffen direkt zu, entkräftete - aus seiner Sicht - sämtliche Vorwürfe gegen ihn und schimpfte heftig auf Peter Hochegger, dessen Teilgeständnis seiner Meinung nach eine "Falschaussage" war.

"Schwierigste Situation meines Lebens"

Mit viel Medienrummel begann der 41. Verhandlungstag, Grasser sprach zu Beginn darüber, dass der derzeitige Prozess die "schwierigste Situation" seines Lebens sei. Nach den langen Ermittlungen und den medialen Vorverurteilungen fühle es sich fast an, als sei er schon verurteilt worden.

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Die Anklage bezeichnete er als "Kriminalroman" voller falscher Unterstellungen, Spekulatiomen und Mutmaßungen, überdies ohne Beweise. Das hielt Grasser für unverantwortlich, denn schließlich: "Es geht hier um mein Leben, am Ende des Tages." Eine 600-seitige Gegenschrift, die er gemeinsam mit seinen Anwälten verfasst hat, soll seiner Aussage hinzugefügt werden.

Rotgrüner Racheplan

Statt eines "Tatplans" zum Mitkassieren bei Provisionen habe es vielmehr einen "Masterplan" von SPÖ und Grünen gegeben, Grasser zu Fall zu bringen. Das sei die falsche Grundlage der Anklage. Rote und Grüne hätten es nicht ertragen, dass Grasser der ÖVP im Jahr 2002 zur Wiederwahl verholfen habe und sie in der Opposition bleiben hätten müssen.

Grasser-Anwalt Ainedter mit Prozess-Statement. (Video: heute.at)

Wieso hätte er auch so einen "Tatplan", wie ihm die Staatsanwälte vorwerfen, fassen sollen? "Ich bin doch kein Hasardeur, kein Selbstmörder und schnalle mir zehn Kilo Dynamit unter den Sessel und spreng mich in die Luft", sagte Grasser. Endgültig in "Absurdistan" angekommen wähnte sich Grasser, als er die – nach seiner Ansicht nach – falschen Aussagen der Belastunszeugen zu entkräften versuchte. Die hätten sich das alles aus Rache gegen ihn ausgedacht.

Buwog-Verkauf immer noch supersauber

Der Buwog-Verkauf, dabei blieb Grasser, sei ein voller Erfolg für die Republik gewesen und korrekt und transparent abgelaufen. Er sei aber Politiker, kein Experte. Deshalb habe er weder bei der Buwog-Vergabe noch in Sachen Terminal Tower operativ auch nur irgendetwas gemacht. Lediglich die politische Letztverantwortung liege bei ihm. Entschieden hätten das andere, er habe sich auf den Rat seiner Experten stets verlassen.

Den entscheidenden Tipp, über 960 Mio. Euro für die Buwog-Gesellschaften zu bieten, habe er aus zwei Gründen gar nicht weitergeben können, führte er aus. Erstens sei die Zahl, die im Erstangebot der Konkurrenz stand, gar nicht aussagekräftig gewesen und zweitens habe das ja Jörg Haider weitergesagt. Damit stützte er die Aussage von Walter Meischberger.

Dass er von den Staatsanwälten zum "Harry Potter der Privatisierung" gemacht werde, der seine Korruption weit im Voraus geplant habe, zeuge für Grasser von der Inkompetenz der Staatsanwälte in Sachen Privatisierung. Sie hätten ja schlicht kein Know How.

Fionas kaputte Kreditkarte

Viel Neues ist bei Grassers Gegenargumenten nicht dabei. Lustig wird es allerdings, als Grasser seine Frau Fiona ins Spiel bringt. Die Staatsanwälte sind überzeugt, dass Bareinzahlungen auf Grassers österreichische Privatkonten mit Abhebungen vom Konto "Walter" korrespondieren. Das sei Blödsinn, sagte Grasser. Das Bargeld (mehrmals zweistellige Tausenderbeträge) stamme von seiner Frau Fiona.

Er habe ihr oft Geld ausgelegt. Etwa für die gemeinsame Hochzeit oder die Renovierung der Wohnung im 1. Wiener Bezirk. Auch weil Fionas Kreditkarte beim Einkaufen oft nicht funktioniert habe, habe er dann für sie gezahlt. Sie habe deshalb öfter den Vermögensberater Wicki "erbost und wütend" deswegen angerufen, schilderte Grasser. Das Geld, das habe Fiona ihm dann in bar zurückgegeben und deshalb sei es auch bar auf sein Konto eingezahlt worden.

Terminal Tower

Der Terminal Tower war für Grasser sowieso nur ein "absolutes Randthema". Aufgrund der massiven Unzufriedenheit der Mitarbeiter habe er sich, um ein "guter Finanzminister" zu sein, dann doch erkundigt. Die endgültige Entscheidung hätten aber wieder seine Untergebenen allein getroffen.

"ES IST NICHT MEIN KONTO."

Zu dem Konto "Walter", das die Staatsanwaltschaft ihm zuschreibt, sagte Grasser ganz entschieden und mehrmals laut: "Es ist nicht mein Konto. Es war nie mein Konto." Deswegen könne er zu den Zahlungsflüssen der Provision und den Kontobewegungen in Liechtenstein auch nichts sagen.

Unterschriften geübt

Ein Blatt, auf dem Grasser seine eigene Unterschrift übt, sieht sehr verdächtig aus. Grasser hat dafür eine für ihn logische Erklärung. Nachdem er bei seiner ersten Einvernahme durch den Staatsanwalt um eine Schriftprobe gebeten wurde und befragt wurde, ob zwei unterschiedlich aussehende Unterschriften tatsächlich von ihm stammen, sei er sehr aufgewühlt nachhause gekommen. Er habe sich damals "wie ein Schwerverbrecher" gefühlt und in diesem Zustand Notizen zu dem Verhör gemacht. Unter anderem habe er auch mehrmals seine eigene Unterschrift probiert, um für sich selbst sicher zu gehen, dass sie unterschiedlich aussehen kann, zum Beispiel wenn er in Eile unterzeichnet. Das Blatt wurde dann bei einer Hausdurchsuchung bei ihm sichergestellt.

Hochegger "charakterlos"

Böse Worte fand Grasser am Ende seines Statements für Peter Hochegger. Dieser sei "charakterlos" und "letztklassig". Sein "skrupelloses Verhalten" habe Grasser "menschlich tief enttäuscht" und "schockiert". Hocheggers Teilgeständnis sei schlichtweg falsch, er würde damit ein "Win-Win-Situation" für sich selbst erzeugen wollen, ohne Rücksicht auf Verluste. Ein "opportunistischer Ego-Trip" eines PR-Profis, dem Grasser seine Wandlung zum "esoterische Gutmenschen" nicht abkauft. Charakterlich jedenfalls ein "Armutszeugnis", attestierte Grasser. Die Schöffen sollen sich ein eigenes Bild machen: "Entweder hat Hochegger die letzten acht Jahre lang gelogen oder er lügt jetzt", so Grasser. "Der dreht und wendet sich, wie er es gerade braucht." Hochegger habe das Gericht angelogen. Und: "Eine Schlange, die sich häutet, bleibt am Ende eine Schlange."

Treffen mit Toifl nicht kriminell

Dass er sich nach Aufkommen des Skandals oft mit dem Anwalt von Walter Meischberger getroffen hat, war für Grasser selbstverständlich. Er habe der "medialen Hinrichtung" aktiv entgegenwirken wollen und dazu habe er sich eben Informationen besorgt. Dass ausgerechnet das nun ein belastendes Faktum sein soll, war für Grasser unfassbar.

Freund bleibt Freund

Für Walter Meischberger fand Grasser am Dienstag nette Worte. Dieser sei jahrelang sein bester Freund und schließlich auch Trauzeuge gewesen. Da er - nach Ansicht Grassers - einer der besten Berater in Sachen politischer Kommunikation ist, sei es selbstverständlich gewesen, ihn in Grassers Zeit als Finanzminister unentgeltlich zu engagieren. Gerade WEIL er ein Freund war, habe er sich sicher sein können, dass dieser ihn "transparent und anständig" behandelt.

"Fuchsteufelswild" auf Meischberger

Erst nach Meischbergers Selbstanzeige will Grasser von dessen Involvierung in die Buwog-Privatisierung erfahren haben. Da sei Grasser, das gab er zu, "fuchsteufelswild" gewesen. Nach einer Entschuldigung habe er ihm aber wieder verziehen, denn: "Ein Freund bleibt ein Freund, auch wenn er einmal einen Fehler macht."

Mir fehlt das Motiv

Am Ende beteuerte Grasser nochmals seine Unschuld. Ihm hätte auch - so sagte er - das Motiv gefehlt. Schließlich habe er in seiner Karriere in der Privatwirtschaft "relativ viel Geld verdient", zudem verfüge auch seine Frau über genug Geld, die Familie ohne seine Unterstützung zu versorgen. Ihm fehle also jeder Grund, sein Leben durch so ein Verbrechen zu zerstören.

Lesen Sie hier Grassers Statement im Live-Ticker nach:

(red)