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Brüder brechen Mann Kiefer, weil er mit Frau flirtete
Zwei Brüder haben einen Mann verprügelt, weil dieser mit einer Kollegin geflirtet hat. Das Opfer konnte Monate lang nur Flüssignahrung zu sich nehmen.
In der frühen Morgenstunde genügt manchmal ein falsches Wort, um Schläge zu kassieren. Das war auch an jenem verhängnisvollen Morgen des 16. April 2018 der Fall, als sich die beiden Brüder im Alter von damals 18 und 21 Jahren zusammen mit einem weiteren Kollegen vor dem Club Zouk bei der Langstraße im Zürcher Kreis 4 aufhielten.
Die drei Schweizer hatten mit weiteren Freunden im Club den 20. Geburtstag von einem aus der zehnköpfigen Gruppe gefeiert. Draußen trafen die Beschuldigten wieder auf zwei slowakische Clubbesucher, von denen einer mit einer Frau aus der Gruppe des Geburtstagskindes geflirtet hatte.
Gewaltexzess vor dem Club
Das reichte den Brüdern, um einen wahren Gewaltexzess zu veranstalten. Auf vier Seiten wird in der Anklageschrift beschrieben, mit welcher Brutalität vor allem der damals 21-jährige Außendienstmitarbeiter vorging. So schlug er mindestens zweimal mit voller Wucht die Faust ins Gesicht des "Flirters". Sein Bruder, von Beruf Automechaniker, prügelte ebenfalls auf dessen Kopf ein. Dann verabreichte der Ältere dem Slowaken einen sogenannten Kniestich in den Bauch, so dass dieser zu Boden ging.
Nicht genug: Er versetzte dem am Boden liegenden Mann mehrere wuchtige Fusstritte gegen den Kopf, "so wie man gegen einen Fußball tritt", heißt es in Anklageschrift. Darüber hinaus stampfte er mit voller Wucht auf den Kopf des Wehrlosen. Die Ärzten stellten später auf dessen Gesicht den Abdruck des Schuhsohlenprofils fest. Auch der jüngere Bruder soll nochmals wie ein Fußballspieler auf den Kopf getreten haben.
Nur Flüssignahrung
Die Folgen waren gravierend. Das Slowake Mitte 20 erlitt einen doppelten Kieferbruch, ein Schädel-Hirn-Trauma, eine Hirnerschütterung und Blutergüsse. Der Mann konnte nach der ersten Kieferoperation während mehr als zweier Monate den Mund nicht öffnen und nur Flüssignahrung zu sich nehmen.
Darüber hinaus leidet er bis heute unter massiven Angstzuständen, Flashbacks, Unruhe und erhöhter Schreckhaftigkeit. Er war neun Monate lang arbeitsunfähig und inzwischen wurde ihm von seinem Arbeitgeber gekündigt, da er seinen angestammten Beruf auf dem Bau nicht mehr ausführen kann. Er hat immer noch ein Taubheitsgefühl im Unterkiefer, starke Kopfschmerzen und Mühe beim Kauen und Trinken.
"Nach der Tat feige geflohen"
Der Staatsanwalt klagte die beiden Brüder wegen versuchter schwerer Körperverletzung und Angriffs an. Sie hätten mit den Fußtritten gegen den Kopf den Mann in Lebensgefahr bringen – Stichwort: Hirnblutungen – oder ihn äußerst schwer verletzen können – beispielsweise Schädelbruch oder Verlust des Augenlichts. Er verlangte zu vollziehende Freiheitsstrafen von 4 Jahren und 10 Monaten für den älteren Bruder und 4 Jahre und 2 Monate für den jüngeren Bruder.
Der dritte Beschuldigte, der auf den Begleiter des Opfers mit Fäusten drosch, sollte eine bedingte Freiheitsstrafe von 2 Jahren erhalten. "Es war eine absolut sinnlose Gewalttat, die beiden Brüder sind anschliessend wie Feiglinge geflohen und haben es sich in einer Hotelsuite gut gehen lassen", sagte der Staatsanwalt am Prozess vor dem Bezirksgericht Zürich. Die Beschuldigten wurden zwei Tage später von der Polizei verhaftet und saßen sieben Wochen in Untersuchungshaft.
Die Anwältin des schwer verletzten Opfers verlangte gar eine Bestrafung wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und forderte von den Beschuldigten eine Genugtuung von 70.000 Franken: "Mein Mandant wird lebenslang an den Folgen der Attacke leiden."
"Attacke kam nicht aus dem Nichts"
Bei der Befragung durch den Richter gaben sich die Beschuldigten grundsätzlich geständig. Den Fußtritt von oben herab auf den Kopf bestritt der Ältere und der Jüngere will nur mit Fäusten geschlagen haben. "Wir hatten recht viel getrunken", sagte der Ältere. Er habe seinem Bruder helfen wollen, nur noch soviel wisse er, ansonsten sei alles verschwommen.
Die ganze Sache tue ihren Mandanten leid, aber das Opfer sei auch nicht so harmlos gewesen, wie jetzt dargestellt werde. "Die Attacke kam nicht einfach aus dem Nichts heraus", sagte der Anwalt des 21-Jährigen. Sein Mandant habe seinen jüngeren Bruder schützen wollen, alles sei dann aus dem Ruder gelaufen.
Brüder müssen Opfer 40.000 Franken zahlen
Das Bezirksgericht Zürich fällte am Freitag ein Urteil in Form eines Kompromisses. So wurde der ältere Bruder anklagegemäß wegen versuchter schwerer Körperverletzung und Angriffs zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 45 Monaten verurteilt. Der Jüngere dagegen wurde nur wegen Angriffs verurteilt und kam mit einer bedingten Strafe von 16 Monaten davon.
Vom Vorwurf der versuchten schweren Körperverletzung sprach ihn das Gericht frei. Der Fall hat für die Brüder hohe finanzielle Konsequenzen. Sie müssen dem Opfer zusammen eine Genugtuung von 20.000 Franken zahlen und eine gleich hohe Summe Schadenersatz. Der dritte Beschuldigte wurde wegen Angriffs zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt.