Politik
Bodenverbrauch – Staatshaftungsklage gegen die Republik
Täglich werden in Österreich 11,5 Hektar Boden versiegelt – vier mal so viel wie im Regierungsprogramm vereinbart. Jetzt wird geklagt.
Fläche im Ausmaß von 16 Fußballfeldern wird täglich versiegelt – das bedeutet, dass von oben kein Regenwasser mehr ins Erdreich eindringen kann, das Ökosystem Boden darunter wird vernichtet. "Damit muss jetzt endlich Schluss sein", donnert die österreichische Klima-NGO AllRise und geht damit jetzt vor Gericht.
Am Freitag (4. Mai) hat die Gruppierung nun wegen des Bodenverbrauchs in Österreich eine Staatshaftungsklage gegen die Republik eingereicht. Das meldet die Nachrichtenagentur APA.
Ihre Klage sei beim Verfassungsgerichtshof eingegangen, bestätigte Rechtsanwalt und AllRise-Mitgründer Wolfram Proksch im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien. Johannes Wesemann, Mitstreiter und Initiator der NGO, wetterte über das "systemische Versagen", das den Bodenschutz ausheble und enorme Schäden nach sich ziehe.
"Und jedes Jahr kommt Eisenstadt dazu"
Die Konsequenzen dessen würden aber nicht die verantwortlichen Politiker, sondern alle Österreicher zu spüren bekommen. Dem will AllRise nun nicht länger untätig zusehen: "Wir glauben, dass der Kampf gegen die Klimakrise zu einem Gutteil auf den Gerichtshöfen stattfinden wird, weil wir einfach klare Entscheidungen brauchen und die Politik diese nicht liefert."
Gerade in Österreich wäre das Einhalten des Bodenschutzes besonders wichtig. Nur rund 37 Prozent unseres Landes seien bewohn- oder bewirtschaftbar. Ein Fünftel davon sei bereits versiegelt. "Das ist die doppelte Größe Vorarlbergs. Und jedes Jahr kommt Eisenstadt dazu", so Wesemann.
Eventuell werde man die Klage auch noch ausweiten, erklären die Verfasser Proksch und Theresa Stachowitz: "Auch wenn wir in unserer Klage nur Nieder- und Oberösterreich als Bundesländer führen, so sehen wir auch bei den anderen sieben Bundesländern Versäumnisse und behalten uns vor, auch diese zu einem späteren Zeitpunkt zu klagen".
Die Klage stütze sich insbesondere auf die fehlende Umsetzung diverser EU-Richtlinien, auch die Zersplitterung der Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und dadurch fehlende nationale Bodenschutzstrategie werden kritisiert.
"Jeder von uns hat einen Tausender beizutragen"
"Die Nicht-Umsetzung der genannten Richtlinien sowie die fehlende Abstimmung auf Bundesebene führte und führt zu immer neuen Genehmigungen von Bauvorhaben und überbordendem Bodenverbrauch" erklärte Proksch. Setzt Österreich die EU-Vorgaben beim Klimaschutz nicht um – mehrfache Rügen aus Brüssel gab es bereits – drohen enorme Kosten im folgenden Vertragsverletzungsverfahren.
Laut einer von der NGO in Auftrag gegebenen Studie, wird sich der Schaden für die Volkswirtschaft schon jetzt auf acht Milliarden Euro jährlich belaufen. "Jeder von uns hat ca. einen Tausender im Mittel pro Jahr schon dazu beizutragen, dass wir keine hinreichenden Klimawandelbekämpfungsmaßnahmen gesetzt haben."
Boden wird oft übersehen
Unterstützung für das Ansinnen gibt es von Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb: "Unser globales Ökosystem besteht nicht nur aus Luft, das ist eine ganz starke Interaktion zwischen allen Elementen. Da ist der Boden ein ganz wesentlicher Faktor in der Klimadiskussion. Er ist ein Ökosystem. Es leben in diesem Boden unheimlich viele Lebewesen, die wir ganz dringend brauchen für den Erhalt unserer Natur, für das gesamte Ökosystem."