Lohn statt Taschengeld

Bis zu 100 Euro im Monat – wer aller jetzt Geld bekommt

Menschen mit Behinderungen sollen langfristig Lohn anstelle von Taschengeld erhalten. Dafür macht die Bundesregierung jetzt mehrere Millionen locker.

André Wilding
Bis zu 100 Euro im Monat – wer aller jetzt Geld bekommt
"Menschen, die am Arbeitsmarkt tätig sind, können ihr Leben nach eigenen Vorstellungen gestalten. Das gilt auch für Menschen mit Behinderungen", stellt Sozialminister Johannes Rauch klar.
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Für erste Schritte zur Umsetzung dieses Ziels stellt die Bundesregierung nun 36 Millionen Euro zur Verfügung. Das gaben Sozialminister Johannes Rauch und ÖVP-Klubobmann August Wöginger am Mittwoch im Pressefoyer nach dem Ministerrat bekannt.

Damit werden Projekte in den Ländern finanziert, die Menschen mit Behinderungen den Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglichen, auch wenn sie einen großen Bedarf an Unterstützung haben. Sie erhalten dann ein faires Gehalt und eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung. Die Umsetzung erfolgt gemeinsam mit den Ländern, die ein Drittel zur Finanzierung beisteuern sollen.

Auch bestehende Angebote des Arbeitsmarktservice für den beruflichen Einstieg von Menschen mit Behinderungen werden angepasst. Die Gespräche über eine generelle Systemumstellung auch in tagesstrukturellen Einrichtungen der Länder werden weitergeführt.

Rund 28.000 Menschen mit Behinderungen sind derzeit in tagesstrukturellen Einrichtungen beschäftigt. Diese werden oft auch als betreute Werkstätten bezeichnet. Für ihre Tätigkeit sind sie unfallversichert und erhalten je nach Bundesland 35 bis 100 Euro Taschengeld pro Monat. Während der Bund für die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zuständig ist, liegt die Verantwortung für tagesstrukturelle Einrichtungen und deren Vergütungen bei den Ländern.

Im Auftrag des Sozialministeriums hat die Wirtschaftsuniversität Wien die Kosten einer Umstellung von "Lohn statt Taschengeld" in tagesstrukturellen Einrichtungen evaluiert. Zur Umsetzung laufen Gespräche zwischen dem Sozialministerium, dem Arbeitsministerium und den Ländern.

Inklusion am Arbeitsmarkt als Ziel

In einem ersten Schritt stellt die Bundesregierung 36 Millionen Euro zur Verfügung, um auch Menschen mit Behinderungen mit einem hohen Unterstützungsbedarf den Einstieg in den regulären Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Sie sollen dadurch ein faires Entgelt für ihre Arbeit erhalten, sozialversicherungsrechtlich abgesichert sein und Anspruch auf eine Pension haben.

Die Mittel werden den Ländern über eine Förderrichtlinie des Sozialministeriums zur Verfügung gestellt. Sie sollen ein weiteres Drittel der Kosten finanzieren. Insgesamt stehen dann 54 Millionen Euro zur Verfügung. Gefördert werden sollen neue oder bereits bestehende Projekte in den Ländern. Dazu zählen grundsätzlich:

Inklusive Arbeitsmodelle

Menschen mit Behinderungen sind in Unternehmen tätig, in denen der Arbeitsplatz individuell an sie angepasst ist. Für diese Tätigkeit erhalten sie ein Entgelt und sind sozialversicherungsrechtlich abgesichert. Die Barrierefreiheit wird entweder vom Unternehmen selbst (Mentoringprogramme) oder durch kostenlose Unterstützungsangebote des Sozialministeriumservice (Jobcoaching oder Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz etc.) sichergestellt.

Integrative Arbeitsmodelle

Menschen mit Behinderungen werden zwar noch in Einrichtungen betreut oder sind im Rahmen einer gemeinnützigen Arbeitnehmerüberlassung tätig. Sie sind aber in Gruppen im Rahmen von Arbeits- oder Ausbildungsverträgen am regulären Arbeitsmarkt oder etwa bei Gemeindeämtern tätig. Dafür erhalten sie ein Entgelt und sind sozialversicherungsrechtlich abgesichert.

Werkstätten*plus:

Menschen mit Behinderungen im Rahmen von Arbeits- oder Ausbildungsverträgen in der Struktur oder Organisation ihrer Einrichtung tätig. Dafür erhalten sie auch ein Entgelt und sind sozialversicherungsrechtlich abgesichert.

Die genauen Kriterien der Richtlinie werden in den kommenden Wochen gemeinsam mit den Ländern und Selbstvertretungen von Menschen mit Behinderungen erarbeitet. Gleichzeitig werden bestehende Angebote des AMS für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen aus tagesstrukturellen Einrichtungen am Arbeitsmarkt weiterentwickelt. Dazu zählen vor allem Eingliederungshilfen mit erhöhter Förderintensität. Um das langfristige Ziel einer Systemumstellung von "Lohn statt Taschengeld" in betreuten Werkstätten zu verwirklichen, werden die Gespräche mit den Ländern weitergeführt.

"Gehen einen Schritt weiter"

Sozialminister Johannes Rauch: "Menschen, die am Arbeitsmarkt tätig sind, können ihr Leben nach eigenen Vorstellungen gestalten. Das gilt auch für Menschen mit Behinderungen. Als Bundesregierung haben wir bereits umfassende Maßnahmen gesetzt, um ihre berufliche Teilhabe zu stärken. Nun gehen wir einen wichtigen Schritt weiter: Wir stellen den Ländern 36 Millionen Euro zur Verfügung, um auch Menschen mit Behinderungen mit einem hohen Unterstützungsbedarf den Einstieg in den regulären Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Sie erhalten damit ein faires Gehalt und eine soziale Absicherung sowie die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben. Um unser langfristiges Ziel von 'Lohn statt Taschengeld' auch in Einrichtungen zu ermöglichen, werden wir die Gespräche mit den Ländern weiterführen."

ÖVP-Klubobmann August Wöginger und Sozialminister Johannes Rauch.
ÖVP-Klubobmann August Wöginger und Sozialminister Johannes Rauch.
ANDY WENZEL / APA / picturedesk.com

Und ÖVP-Klubobmann August Wöginger ergänzt: "Es ist ein wichtiges Ziel, Menschen mit Behinderungen bei ihrem Eintritt in den ersten Arbeitsmarkt zu unterstützen. Ich freue mich, dass wir ein praktisches Modell gefunden haben, das die Beschäftigung unter Einbeziehung der relevanten Stakeholder wirksam unterstützen wird. Diese Maßnahme ist ein weiterer Schritt, den wir für Menschen mit Behinderungen setzen. Schon bisher haben wir in dieser Legislaturperiode besonderes Augenmerk auf Menschen mit Behinderungen gesetzt. Nennen möchte ich hier den erstmaligen Ausbau der persönlichen Assistenz, die sowohl den privaten Bereich als auch den Arbeitsplatz umfasst.

"Auch die verpflichtende Arbeitsunfähigkeitsfeststellung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Behinderungen unter einem Alter von 25 Jahren wurde abgeschafft. Zu „Lohn statt Taschengeld" wurden wichtige Grundlagenarbeiten geschaffen, um Menschen, die in Werkstätten gegen ein Taschengeld beschäftigt sind, in Zukunft ein Auskommen durch ein eigenes Einkommen ermöglichen können. Die Arbeitsmarktinklusion im Sinne von "Lohn am Arbeitsmarkt statt Taschengeld in der Tagesstruktur" ist nun eine weitere Form der Arbeitsmarktinklusion, für die die Bundesregierung einmal mehr viel Geld in die Hand nimmt. 36 Millionen Euro werden zur Verfügung gestellt, um entsprechende Pilotprojekte der Bundesländer zu finanzieren", so Wöginger.

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