Bürgermeister wehrt sich
"Bin fassungslos": So schmutzig geht es vor der Wahl zu
Wenige Tage vor der Gemeinderatswahl landen bei "Heute" seitenweise anonyme Anschuldigungen. Das ist politisch motiviert, sagt ein Bürgermeister.
Schwere Geschütze werden vor der anstehenden Gemeinderatswahl in Niederösterreich aufgefahren – wenige Tage sind es noch hin, der Wahlkampf wird intensiver und angriffiger. Am 9. Jänner erreichte auch ein anonymes Schreiben die Redaktion, das massive Anschuldigungen gegen den Bürgermeister der Stadtgemeinde Sollenau erhebt.
Massive Vorwürfe minutiös aufgelistet
In einem langen Mail werden Vorwürfe gegen SPÖ-Bürgermeister Stefan Wöckl aufgelistet, der in seiner Gemeinde die absolute Mehrheit hält. Er ist dort seit 2010 im Amt.
Die Vorwürfe reichen von vermeintlich mangelnder Transparenz im Gemeinderat, über unrechtmäßige Besetzung von Posten im Gemeindeamt, bis zu angeblichen Verfehlungen auf höchstpersönlicher Ebene. Klar ist: Wenn diese Vorwürfe stimmen, schildert das Mail einen politischen Skandal.
„Solche haltlosen, anonymen Anschuldigungen zwölf Tage vor der Wahl sind politisch motiviert!“
So etwa habe sich die Gemeinde unter Bürgermeister Wöckl massiv verschuldet. Auf politische Mitbewerber sei Druck ausgeübt worden, um bei der Personalvertreterwahl 2024 die Liste des Bürgermeisters durchzusetzen. Die Amtsleitung sei im Geheimen, ohne Ausschreibung, erfolgt.
"Heute" hat Stefan Wöckl mit den harten Vorwürfen gegen ihn konfrontiert. Der zentrale Vorwurf: Alles sei von der SPÖ "gesteuert". Sollenau wachse unkontrolliert. Geschäfte und Firmen würden aber schließen, die Leute zu anderen Arbeitsstätten pendeln. Die Anonymität nehme zu. Das soziale Leben finde nur noch in SPÖ-Vereinen statt. Wöckl wird außerdem vorgeworfen, öffentlicher Mittel zu verschwenden.
Dann kontert der Bürgermeister
"Darüber müsst ihr also schreiben?", beginnt Wöckl und sagt, dass "nicht ein Punkt in diesem Mail stimmt – so wie es hier geschildert wird". Man müsse sich fragen, was die wirklichen Fakten seien, etwa bei der Verschuldung der Stadtgemeinde, die gemäß dem anonymen Mail mit 7 Millionen Euro in der Kreide steht. Laut Mail sei die Verschuldung pro Kopf von 537 Euro im Jahr 2011 auf 986 Euro 2023 gestiegen.
Wöckl erklärt das so: "Alle Gemeinden haben Schulden, nicht nur unsere. Wir haben zum Beispiel um 3 Millionen Euro einen Kindergarten gebaut, natürlich geht das nicht ganz ohne Fremdmittel." Er rechnet vor, dass etwa 2,7 Millionen Kreditsumme aufgenommen wurde. "Wollen wir einen Kindergarten, oder nicht?", das sei eine einfache Frage, die im Gemeinderat zur Abstimmung kam und positiv entschieden wurde.
"Und die Amtsleiterin? Ja, sie ist im Gemeinderat unter Ausschluss der Öffentlichkeit einstimmig beschlossen worden. Da war auch die FPÖ dabei und hat für sie gestimmt." Wöckl sagt, dass es eine Taktik der Rechten sei, mit falschen Behauptungen für Aufruhr zu sorgen.
Ein weiteres Beispiel sei der Vorwurf zur Personalvertreterwahl. Wöckl sei dort gar nicht wahlberechtigt, es liege ihm fern, Druck auf irgendjemand auszuüben. "Eigentlich hat Parteipolitik bei Entscheidungen in Gemeinden nichts verloren, weil es nicht um Bundespolitik geht, sondern um konkrete Verbesserungen direkt vor Ort."
Verantwortung in zwei Jobs
Wiederholt habe es Umwidmungen von Grundstücken unter zweifelhaften Umständen gegeben – Wöckl dementiert das aufs Schärfste: "Das ist eine glatte Lüge!" Das anonyme Schreiben nennt ein Projekt eines Bauunternehmers, der sein Grundstück an die Erste Burgenländische Gemeinnützige Siedlungsgenossenschaft EBSG verkauft habe: "Bürgermeister Wöckl ist nicht nur Bürgermeister, sondern auch EBSG Obmann-Stellvertreter." Er sehe die Gemeinde als seinen Selbstbedienungsladen, heißt es weiter, denn er vergebe einen Auftrag nach dem anderen an die EBSG. Wöckl entgegnet, dass Entscheidungen in Gemeinden nur durch einen Mehrheitsentschluss getroffen werden.
„Wer soll denn am Ende unser Land lenken?“
Wöckl selbst wohnt in einer EBSG-Wohnung, ein Blick ins Firmenbuch zeigt, dass Wöckl Geschäftsführer der gemeinnützigen SÜDRAUM-Wohnbaugesellschaft ist, einer Tochter der EBSG. Und er ist auch im Vorstand der Wohnungsgenossenschaft Stadtrand-Süd.
Die EBSG sei nur eine von sieben Genossenschaften, die in Sollenau bauen, sagt Wöckl. "Meine Wohnung ist frei finanziert, ich habe von keiner Förderung profitiert. Und ja, ich habe einen zweiten Job." Amtsträger finde man in Österreich in allen möglichen Firmen. "Es ist nichts Ungewöhnliches, dass Bürgermeister auch noch eine andere Arbeit haben." Diejenigen, die das jetzt kurz vor der Wahl instrumentalisieren, wüssten, wie sie polarisieren, sagt Wöckl und fragt: "Wer soll denn am Ende unser Land lenken?"
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Auf den Punkt gebracht
- Zwölf Tage vor der Gemeinderatswahl in Niederösterreich tauchen anonyme Anschuldigungen gegen den SPÖ-Bürgermeister von Sollenau, Stefan Wöckl, auf, die von mangelnder Transparenz bis hin zu persönlichen Verfehlungen reichen.
- Wöckl weist alle Vorwürfe entschieden zurück und betont, dass die Anschuldigungen politisch motiviert seien und kurz vor der Wahl für Aufruhr sorgen sollen.