"Situation äußerst prekär"

Beton-Wüste Österreich: Pläne von Regierung geplatzt

Vor knapp fünf Jahren präsentierte die Regierung ihr Ziel zum Bodenverbrauch. Aus diesem wird wohl nichts mehr – sehr zum Ärger der Österreicher.

Nicolas Kubrak
Beton-Wüste Österreich: Pläne von Regierung geplatzt
Kommen beim Bodenverbrauch auf keinen gemeinsamen Nenner: Landwirtschaftsminister Totschnig und Klimaministerin Gewessler. Das Klimaministerium warnt vor "Zubetonierung".
iStock/picturedesk.com/"Heute"-Montage

Grüner Rasen statt grauem Beton – diese Vereinbarung trafen ÖVP und Grüne in ihrem Koalitionsvertrag. Mit einer österreichweiten Bodenschutzstrategie sollte der heimische Bodenverbrauch bis 2030 auf zweieinhalb Hektar pro Tag reduziert werden. Außerdem strebte man an, Entsiegelungen umzusetzen.

Bundesländer machen eigene Strategie

Doch ähnlich wie beim Klimaschutzgesetz wird auch aus diesem Vorhaben wohl nichts mehr. Sommerpause, zwei Monate vor der Wahl und ewige Streitereien – diese Koalition scheint am Ende zu sein. Schon im April hieß es, dass die ÖVP in den Plänen eine Bremse für den Wirtschaftsstandort sieht und man sich statt klaren Vorgaben eher Anreize wünscht.

Bei der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) einigten sich die Bundesländer im Februar auf eine eigene Bodenstrategie. Landwirtschaftsminister Totschnig zeigte sich über den "überparteilichen Konsens" erfreut, der Beschluss sei "ein wichtiger Meilenstein für den sorgsamen Umgang mit unserem wertvollen Boden."

"Kartoffeln auf Parkplätzen"

Das sorgte damals für viel Ärger im Klimaministerium. Die Lage sei "prekär", man müsse "die Bodenzerstörung ernst nehmen", appellierte Leonore Gewessler auf Ö1. Setze man das aktuelle Tempo bei der Bodenversiegelung fort, werde es in 200 Jahren keine fruchtbaren Äcker mehr geben. Dann würden "wir nicht mehr wissen, wie wir auf einem Parkplatz Kartoffeln anbauen", und könnten "vom Boden abbeißen", sagte die Ministerin.

Alarmierend ist dabei vor allem, wie weit die Bundesregierung aktuell von dem Vorhaben entfernt ist. Statt 2,5 wurden in Österreich in den letzten drei Jahren durchschnittlich 11,3 Hektar am Tag verbaut – das entspricht der Größe von rund 16 Fußballfeldern.

Österreicher wollen Obergrenze

Das Scheitern der verbindlichen Bodenverbrauchsgrenze sorgt bei einer großen Mehrheit der Österreicher für Unmut. Laut einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage (1.000 Befragte) der Umweltschutzorganisation WWF sprechen sich 72 Prozent der Befragten für eine verbindliche Obergrenze beim Bodenverbrauch aus.

Für 73 Prozent sollte die künftige Bundesregierung "ein wirksames Maßnahmenpaket gegen den Verbrauch und die Versiegelung von Böden im neuen Regierungsprogramm verankern". 76 Prozent plädieren hier für "strengere Gesetze und Maßnahmen".

WWF-Bodenschutz-Sprecher Simon Pories: "Die Politik sollte einen Bodenschutz-Vertrag mit verbindlichen Zielen vereinbaren. Zusätzlich muss sie die vielen Treiber des Bodenverbrauchs angehen – vom Steuersystem bis zu den umweltschädlichen Subventionen."

"Werden nicht abrücken"

"Heute" fragte im Klimaschutzministerium nach und erkundigte sich nach dem Stand des 2,5ha-Ziels. Dabei verwies man auf das Regierungsprogramm, in dem die Vorgabe festgeschrieben ist. Auch zwei Monate vor der Nationalratswahl möchte das Ministerium nicht aufgeben: "Wir werden von diesem Ziel nicht abrücken und uns weiter dafür starkmachen."

"Müssen Verantwortung übernehmen"

Die Situation beim Zubetonieren sei "äußerst prekär", wenn Österreich weiter so zubetoniert werde, würden künftige Generationen keinen Quadratmeter fruchtbaren Boden mehr übrig haben, um Getreide oder Gemüse anzubauen, erklärte das Klimaministerium. Bodenschutz sei zudem wirksamer Hochwasserschutz, Klimaschutz und somit Menschenschutz.

"Dazu ist es notwendig, dass alle Akteure auf ihrer Ebene – im Bund, in den Ländern, in den Gemeinden – Verantwortung übernehmen", so das Gewessler-Ministerium.

"Im Klimaschutzministerium machen wir das bereits", betonte man und verwies etwa auf die Novelle des UVP-Gesetzes. Für die Koordinierung der Raumordnung sei das Landwirtschaftsministerium zuständig. "Wir erwarten uns, dass wir die Zielvorgaben, die wir uns hier gesetzt haben, auch umsetzen.“

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    Denise Auer

    Auf den Punkt gebracht

    • Die österreichische Regierung hat das Ziel, den Bodenverbrauch bis 2030 auf 2,5 Hektar pro Tag zu reduzieren, nicht erreicht
    • Dies führt zu Unmut in der Bevölkerung, da 72 Prozent der Österreicher eine verbindliche Obergrenze beim Bodenverbrauch fordern
    • Das Klimaschutzministerium betont jedoch, dass sie weiterhin für dieses Ziel kämpfen und dass Bodenschutz auch Hochwasserschutz und Klimaschutz bedeutet
    nico
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