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Beschneidung wird nun auch bei uns diskutiert
Die Diskussion um die religiös motivierte Beschneidung von Kindern ist jetzt aus Deutschland nach Österreich geschwappt. Kritiker sehen dabei das Problem, dass der Eingriff auf Krankenschein passiert. Dabei sprechen sich zwei Landeshauptleute für ein Verbot aus. Für die Ärztekammer obliegt das Ritual der Gewissensentscheidung der Ärzte.
Ein Urteil eines Kölner Gerichts sieht in Beschneidungen eine strafbare Körperverletzung. Im Jahr 2010 wurden in Österreich 6.480 Beschneidungen ("Zirkumzisionen") an Kindern bis 14 Jahren allein in Krankenanstalten durchgeführt. Hierbei handelt es sich um die operative Entfernung der Vorhaut. Spitzenreiter ist NÖ mit 1.265 Beschneidungen, gefolgt von OÖ mit 1.243 und Wien mit 1.142.
Diskussion entbrannt
Kritiker sehen in der Beschneidung eine Missachtung der körperlichen Unversehrtheit von Kindern, als auch einen massiven Betrug an den Sozialversicherungen, denen damit Millionen Euro für ein "archaisches religiöses Ritual" auf Kosten der Allgemeinheit verrechnet würden. Kritische Chirurgen sprechen seit langem von einer verwunderlichen "Phimose-Epidemie" in Österreich. Sie verlangen Chefarzt-Pflicht für Beschneidungen.
Stöger: Debatte "unwichtig"
Jetzt haben sich auch Politiker in die Debatte gemischt: Gesundheitsminister Alois Stöger (S) hält die Debatte für eine "aufgesetzte Diskussion". Dabei sei ein Thema aus Deutschland übernommen worden, "das nicht wichtig ist". Grundsätzlich hätte jedes Landeskrankenhaus die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob es Beschneidungen durchführt oder nicht, stellte der Gesundheitsminister fest. Auch die Ärztekammer sieht in dem Vorgang eine Gewissensentscheidung jedes Arztes.
Landeshauptleute uneins
Prinzipiell ist die Handhabung mit der Beschneidung Sache der Länder. Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) forderte ein Verbot der religiös motivierten Beschneidung durch die Bundesregierung. "Ich bin generell gegen jede Art von Genitalverstümmelung", so Dörfler. Rechtliche Unklarheiten sieht man aber dennoch in Vorarlberg: Landeshauptmann Markus Wallner (V) hatte daher bereits am Dienstag den Ärzten geraten, von Eingriffen aus religiösen Gründen abzusehen, bis die gesetzliche Lage eindeutig geklärt sei.
Die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (S) spricht sich hingegen ausdrücklich gegen ein Verbot aus. Sie sprach von einem Dilemma: Einerseits gehe es um die körperliche Integrität von Kindern, andererseits um einen "zwingenden Bestandteil" von Religion.
In der Steiermark wurden religiös motivierte Beschneidungen bisher nur an der Grazer Kinderchirurgie durchgeführt. Dort will man aber bis zur Festlegung österreichweit einheitlicher Regelungen keine Termine mehr annehmen.