Österreich
Beeinträchtigte Gloria betreut schwer behinderte Kinder
Gloria (22) hat eine Lernschwäche. Trotz ihrer leichten geistigen Beeinträchtigung kümmert sie sich liebevoll um schwerst behinderte Kinder.
Das Leben hat es mit Gloria nicht immer gut gemeint: Da ihre leibliche Mutter während der Schwangerschaft Drogen konsumiert hatte, wurde die heute 22-Jährige mit einer leichten geistigen und körperlichen Beeinträchtigung geboren: "Ich habe eine Lernschwäche und Störungen der Augen-Hand-Kopf-Koordination. Es ist aber schon viel besser geworden", erzählt die Niederösterreicherin aus Felixdorf im Interview mit "Heute".
Bereits im Kindergarten wurde Gloria als I(ntegrations)-Kind betreut: "Für mich war meine Assistentin im Kindergarten prägend. Ich wollte dann selber mit Kindern arbeiten. Mit 12, 13 Jahren habe ich privat Babysitting angeboten, dabei bin ich ein Stück erwachsener geworden", meint die 22-Jährige.
Freundin gab Tipp mit Inklusiver FIT-Schule
Nach Abschluss der Mittelschule wusste Gloria nicht weiter: "Ich hätte arbeiten gehen können. Aber die einzige Chance, die ich für mich gesehen habe, war die Polytechnische Schule. Danach wusste ich nicht, was ich machen soll und habe ein Praktikum in einem Kindergarten absolviert."
Eine Freundin gab ihr den Tipp der Inklusiven FIT-Schule der Diakonie – die erste Berufsbildende Mittlere Schule mit sozial- und sonderpädagogischem Schwerpunkt in Österreich. Zielgruppe sind Jugendliche mit Behinderungen bzw. ausgrenzungsgefährdete/sozial benachteiligte Jugendliche im Alter von 15 bis 25 Jahren, die nach Abschluss der Pflichtschule keine Ausbildungsstelle finden, eine solche abgebrochen haben oder arbeitslos sind.
„"Als ich den Platz in der I-FIT-Schule bekommen habe, war ich froh darüber. Die Schule hat mir sehr geholfen. Ich hab' mich dort selber erst gefunden" - Gloria“
Die Schule mit drei Standorten, zwei davon in Wien-Leopoldstadt (u.a. Schwerpunkt Büro/Gastronomie) sowie einer in Gänserndorf (Schwerpunkt Tierpflege und Landwirtschaft), dauert bis zu vier Jahre. Vermittelt wird Allgemein- und Persönlichkeitsbildung sowie Berufsorientierung. Voraussetzungen für die Aufnahme sind ein Pflichtschul-Abschluss und ein positiv absolviertes Aufnahmeverfahren. Das monatliche Schulgeld in Höhe von 225,- Euro wird bei sozialer Bedürftigkeit ermäßigt.
Da Gloria ein Pflegekind war, übernahm das Jugendamt die Ausbildungskosten: "Ich wollte eigentlich die Bildungsanstalt für Elementarpädagogik besuchen. Aber als ich den Platz in der I-FIT-Schule bekommen habe, war ich froh darüber. Die Schule hat mir sehr geholfen. Ich hab' mich dort selber erst gefunden."
„"Es fühlt sich wie eine Familie an. Du gehst von zu Hause weg und kommst zu Hause an. Das Team hier ist super. Ich bin glücklich, dass ich diese Erfahrungen sammeln darf" - Gloria“
Neben Theorie nach dem Sonderschul-Lehrplan stand auch viel Praxis am Programm: "Ich habe zwei bis drei Tage pro Woche Praktikum in Kindergärten gemacht. Das sind sehr schöne Erinnerungen. Ich habe alles aus dieser Zeit, zum Beispiel die Zeichnungen der Kinder, aufgehoben", erinnert sich die 22-Jährige.
Nach ihrer Ausbildung samt Teilqualifizierung zur Kindergarten-Assistentin fing Gloria 2019 im Kiko-Kindergarten des Therapieinstituts Keil in Wien-Hernals zu arbeiten an. 29 Stunden pro Woche kümmert sich die Niederösterreicherin um schwerst geistig und körperlich behinderte Kinder: "Es fühlt sich wie eine Familie an. Du gehst von zu Hause weg und kommst zu Hause an. Das Team hier ist super. Ich bin glücklich, dass ich diese Erfahrungen sammeln darf."
Ausbildung zur Tagesmutter geplant
Die 22-Jährige hat noch große Pläne: Gloria überlegt, eine Ausbildung zur Tagesmutter und zur Kindergruppen-Betreuerin zu machen. Die junge Frau, die ihren leiblichen Vater nie kennen gelernt hat und bei verschiedenen Pflegeeltern aufgewachsen ist, ist endlich angekommen.