Niederösterreich
Bauernbundchef: "Wir kämpfen um unsere Düngerfabrik"
"Heute" sprach mit nö. Bauernbund-Direktor Paul Nemecek über die Teuerungen, Lebensmittelpreise, Bauer als Beruf und die Düngerfabrik.
"Heute": Teuerungen, Energiepreise, Klimakrise - lohnt es noch 2022 Bauer zu sein?
Paul Nemecek: "Bei uns steigen derzeit die Produktionskosten: Energie, Düngemittel, Sprit, das macht uns zu schaffen. Darum darf die Bundesregierung den Düngerhersteller Borealis nicht verkaufen.
"Heute": Was macht Lebensmittel so teuer?
Paul Nemecek: Nicht die Landwirtschaft, primär natürlich die Energiekosten. Der Schweinepreis ist etwas gesunken (Anm.: ca. 1,85 Euro pro Kilogramm Lebendsau), aber der Schweinefleischpreis ist parallel gestiegen.
"Heute": Ist Regionalität eine Frage des Geldbörsels?
Paul Nemecek: Nein, es kommt auch darauf an, wie oft kaufe ich zum Beispiel Fleisch. Die Krise darf nicht dazu führen, dass Kunden vermehrt ausländische Produkte kaufen, wie Rinderfleisch aus Brasilien oder Putenfleisch aus Polen, nur weil es billig ist. Da hoffen wir auch auf die gesetzliche Herkunftskennzeichnung. Im Endeffekt entscheidet der Kunde mit seiner Kaufentscheidung auch über die Zukunft der Landwirtschaft.
"Heute": Hat die Landwirtschaft ein Nachwuchsproblem?
Paul Nemecek: "Wir haben die jüngste Landwirtschaft in der EU. Jeder fünfte Betrieb wird von Jungbauern unter 40 geführt. Klar ist aber auch, dass in Zeiten wie diesen, wo die Work-Life-Balance im Vordergrund steht, der Beruf Bauer, wo man 365 Tage im Jahr arbeitet, sehr fordernd ist. Auch zu Weihnachten im Stall stehen, das muss man auch wollen.
"Heute": Noch mal zur Borealis. Warum ist die so wichtig?
Paul Nemecek: "Wir haben einen Standort in Linz, drei in Frankreich und einen in Deutschland. Und nun steht ein Verkauf ohne wirtschaftliche Notwendigkeit an einen tschechischen Investor im Raum. Die Stickstoffdünger sind der Hauptdünger in der Landwirtschaft. Und bei den aktuellen Düngerpreisen wäre dies sehr schlimm. Borealis stellt übrigens auch Ad-blue für Dieselfahrzeuge her.
Zur Person Paul Nemecek: Der 35-Jährige lebt in Wieselburg, ist verheiratet und hat ein Kind (1,5 Jahre). Er ist seit vielen Jahren im Bauernbund, war unter der jetzigen Verteidigungsministerin Klaudia Tanner Büroleiter, dann ihr Stellvertreter und seit Anfang 2020 steht er an der Spitze des nö. Bauernbundes. Der Bauernbund ist ein der mächtigsten Flügel der ÖVP, in NÖ womöglich der stärkste.