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Bandenkrieg in Schweden – 15-Jährige als Auftragskiller

In Schweden kommt es immer wieder zu blutigen Konflikten zwischen rivalisierenden Vorort-Gangs. 2022 starben deswegen so viele Personen wie noch nie.

Die Bandenkriege in Schweden fordern immer mehr Todesopfer. Archivbild.
Die Bandenkriege in Schweden fordern immer mehr Todesopfer. Archivbild.
REUTERS

Tödliche Schießereien auf offener Straße, Explosionen in Hauseingängen und 15-jährige Auftragskiller: Das Vorzeigeland Schweden wird von einer Welle der Gewalt überrollt. Besonders die Großstädte Stockholm, Malmö und Göteborg sind betroffen. 2022 erreichte die Gewalt in Schweden einen traurigen Höhepunkt: 391 Mal kam es zu Schusswechseln, 61 Menschen mussten sterben.

Alleine seit Januar 2023 kam es bereits zu 46 Explosionen und 100 Schießereien, neun Menschen sind dabei gestorben. Die letzten tödlichen Schusswechsel fanden erst vor wenigen Tagen statt - am Mittwoch Abend wurde ein Mann südlich von Stockholm ermordet. Am Donnerstag starb ein 18-Jähriger in Eskilstuna.

Konflikte um Drogenterritorium

"Wir befinden uns in einer Art Kriegsgebiet auf niedriger Stufe, das in regelmäßigen Abständen ausbricht", sagte der Polizeichef der Region Mitte, Jale Poljarevius, im schwedischen Fernsehen. Eine Vielzahl der tödlichen Konflikte spielt sich in den Vororten um Stockholm ab. 22 dieser Vororte werden von der Polizei als "gefährdete Gebiete" eingestuft - sechs weitere als "besonders gefährdet".

In Rinkeby, einem dieser besonders gefährdeten Gebiete, war ein 27-Jähriger am Weihnachtstag nach der Feier mit seiner Familie auf dem Weg zu seinem Auto. Auf dem Parkplatz fingen ihn maskierte Täter ab und erschossen ihn. Der 27-Jährige gehörte laut Polizei der Gang "Dödspatrullen" (Todespatrouille) an. Der Mord gilt als Start der neuesten Gewaltwelle, die sei Anfang des Jahres zu mehreren Morden und Explosionen geführt hat.

Jugendliche Auftragsmörder

Anfang März wurde ein 50-jähriger Mann erschossen - der Vater eines Gangmitglieds, der sich von seinem Sohn distanziert hatte. Wenige Tage später wurde eine Wohnung in Brand gesetzt, wobei die Mutter und die 17-jährige Freundin eines Gangmitglieds starben. "Die Rivalen suchen und töten aktiv Eltern und Angehörige", sagt der schwedische Journalist Diamant Salihu, der sich seit Jahren mit der Gangkriminalität in Schweden auseinandersetzt und die Szene gut kennt. "Das ist eine neue Entwicklung, die wir bisher so nicht gesehen haben", erklärte er gegenüber "20 Minuten".

Auffallend ist auch das Alter der jungen Männer, die in die Gangs rekrutiert werden. Teils sind die Todesschützen gerade mal 15 Jahre alt. Auch die Opfer vieler Schießereien sind meist nicht viel älter als 25 Jahre. Erst im Januar wurde ein 15-jähriger Junge in einem Sushi-Restaurant in Skogås erschossen – seine mutmaßlichen Mörder sind zwischen 15 und 26 Jahre alt.

Das hat System: Die Köpfe der Gangs setzten auf Jugendliche, weil unter 18-Jährigen in Schweden mildere Strafen ausgesprochen werden - maximal vier Jahre in einer Jugendvollzugsanstalt.

"Schlecht fürs Geschäft"

Gemäß der Polizei sind in der Region Stockholm rund 40 kriminelle Netzwerke aktiv, in denen sich etwa 1500 Gangmitglieder und 1300 illegale Waffen bewegen. "Die organisierten Gangs kontrollieren ihre Mitglieder stärker - sie wissen, dass es schlecht fürs Business ist, Menschen zu erschießen", erklärte Salihu.

"Die Netzwerke in den Vororten hingegen sind sehr unorganisiert. Sie machen sich Kinder zunutze, haben keine Anführer und denken nicht über die Konsequenzen eines Mordes nach", so der schwedische Journalist weiter. Auch das Business sei ihnen egal, wichtiger sei der Status.

Teufelskreis

Die Polizei hat Schwierigkeiten, die Verbrechen aufzudecken und die Todesschützen festzunehmen. Die Aufklärungsrate bei tödlichen Schießereien liegt bei nur 25 Prozent - "das ist beschämend niedrig", wie Salihu festhält. Es sende auch ein Zeichen an die Kriminellen, dass das Risiko, für einen Mord angeklagt zu werden, sehr klein ist.

Laut Polizei seinen die tiefen Zahlen damit zu erklären, dass es Schwierigkeiten gebe, Zeugen zu finden - viele wollen aus Angst nicht aussagen, die Schweigekultur sei weit verbreitet. Die tiefe Aufklärungsrate führe zu einem Teufelskreis, so Salihu: "Sehen die Einwohnerinnen und Einwohner der betroffenen Nachbarschaften die mutmaßlichen Mörder frei herumlaufen, verlieren sie das Vertrauen in die Behörden."

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