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Ballon-Abschuss – jetzt droht China direkt den USA
Die Beziehung zwischen den USA und China hat nach dem Abschuss des mutmaßlich chinesischen Spionageballons einen neuen Tiefpunkt erreicht.
Der Abschuss eines mutmaßlichen chinesischen Spionageballons durch US-Kampfjets hat die Spannungen zwischen China und den USA verschärft. Nach tagelanger Beobachtung brachten US-Kampfjets den "Überwachungsballon" auf Anweisung von US-Präsident Joe Biden vor der Atlantikküste des Bundesstaates South Carolina mit einer Rakete zum Absturz. China wurde eine "inakzeptable Verletzung" der Souveränität der USA vorgeworfen. Der Ballon habe strategisch wichtige Militärstandorte ausspionieren sollen. Peking protestierte am Sonntag gegen die "Überreaktion", wies die Spionagevorwürfe zurück und sprach von einem "zivilen" Forschungsballon auf Irrwegen.
China spricht von "ernster Verletzung"
Chinas Regierung äußerte ihre "starke Unzufriedenheit" über den Einsatz von Gewalt. Es sei eine "ernste Verletzung" internationaler Praktiken. China behalte sich das Recht auf "notwendige Reaktionen" vor, sagte ein Außenamtssprecher in Peking. China habe die USA wiederholt informiert, dass der Ballon zivilen Zwecken diene und "durch höhere Gewalt" über die USA geflogen sei, "was völlig zufällig war". Das Pentagon habe selbst gesagt, der Ballon stelle keine Gefahr für das Militär und Menschen am Boden dar.
Nach dem Abschuss sagte ein hoher Vertreter des Pentagons, dass die Bergung des Ballons in vollem Gange sei. Die Trümmer befänden sich in relativ flachem Wasser, was die Hebung "ziemlich einfach" machen würde. Von den Geräten erhoffen sich die USA nähere Informationen über die Mission.
Außenminister Blinken sagte China-Besuch ab
Die Ballon-Affäre entwickelte sich zu einer neuen schweren Belastung für die ohnehin angeschlagenen Beziehungen zwischen den beiden Mächten. Als Reaktion sagte US-Außenminister Antony Blinken seinen für Sonntag erwarteten Besuch in Peking am Freitag kurzfristig ab. Es wäre der erste Besuch eines US-Außenministers in China seit 2018 gewesen. Nach Medienberichten hätte Blinken auch von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping empfangen werden sollen.
Chinesische Staatsmedien unterstellten Blinken, den Ballon nur als Vorwand für die Absage benutzt zu haben. Nachdem die Regierung das Eindringen des Ballons in den US-Luftraum zunächst ungewohnt defensiv "bedauert" hatte, ging ein Pekinger Außenamtssprecher wieder in die Offensive: "Einige Politiker und Medien in den USA haben die Situation ausgenutzt, um China anzugreifen und in Verruf zu bringen."
"Verdunkelt die düster werdende Stimmung"
"Ich glaube nicht, dass die (chinesische) Führung versteht, zu welch einer großen politischen Sache dieser Spionageballon in (Washington) DC wird", sagte der China-Experte Bill Bishop. "Es verdunkelt eine bereits stark düster werdende Stimmung im Capitol."
Es war allerdings nicht das erste Mal, dass ein chinesischer Beobachtungsballon in den US-Luftraum eingedrungen ist. Wie ein Pentagonbeamter enthüllte, hätten "Überwachungsballons" aus China während der vorherigen Regierung von Donald Trump "mindestens dreimal" die USA kurz überflogen. Es weckte Fragen, warum es damals nicht bekannt oder auch warum diesmal so viel Wirbel gemacht wurde.
Das Verhältnis zwischen den USA und China ist auf den tiefsten Stand seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen 1979 gefallen. Für Streit sorgen Chinas Rückendeckung für Russlands Krieg in der Ukraine, seine Ansprüche im Südchinesischen Meer, US-Exportkontrollen für Hightech und der Handelskrieg. China wirft den USA vor, seinen Aufstieg behindern und einen neuen Kalten Krieg zu wollen. Ein US-General hielt jüngst einen Krieg mit China um Taiwan schon 2025 für möglich.