Einzigartiges System in Europa

Baby atmet nicht mehr! "Heute" bei Lebensrettung dabei

Mitten drin, statt nur dabei: "Heute" begleitete die Berufsrettung Wien und Field Supervisor Philipp Gonzo einen Tag lang beim Einsatz.

Maxim Zdziarski
Baby atmet nicht mehr! "Heute" bei Lebensrettung dabei
Notfallsanitäter und Field Supervisor Philipp Gonzo (38) vor seinem Einsatzfahrzeug.
Heute

Helden tragen nur in Action-Filmen einen Umhang. Im realen Leben sitzen sie meist in einem Fahrzeug, dass ein Blaulicht auf dem Dach montiert hat. Einer von ihnen ist Philipp Gonzo (38). Der 38-Jährige ist einer der erfahrensten NKI (Notfallsanitäter mit Kompetenz Intubation und Beatmung) mit Field-Supervisor-Ausbildung in ganz Österreich.

Der gebürtige Tiroler blickt auf 15 Jahre Berufserfahrung zurück und ist heute für die Field Supervisor bei der Berufsrettung Wien verantwortlich. Philipp lässt seine Erfahrungen aus dem Alltag in die Lehre der Rettungsakademie einfließen und schult somit auch werdende Rettungssanitäter. "Heute" hat den jungen Mann einen Tag lang bei seinen Einsätzen begleitet.

"Heute" unterwegs mit dem FiSu der Berufsrettung Wien:

Was macht ein Field Supervisor?

Unter der Bezeichnung eines Field Supervisors, kurz FiSu, können sich wohl die wenigsten vorstellen, welche Aufgaben Philipp im Alltag bewältigen muss. Er selbst ist allein in einem Skoda Kodiaq unterwegs. Parallel dazu sind jeden Tag zwei weitere Field Supervisor im Wiener Stadtgebiet tätig.

Zu den Alarmierungen gehören besonders kritische Einsätze, allen voran die Reanimationen. Dank des allradgetriebenen Pkws ist der 38-Jährige oft schneller am Einsatzort, als seine Kollegen und Kolleginnen in den tonnenschweren Rettungswagen. Während des Briefings in den frühen Morgenstunden wird uns sofort klar: Bei Philipps Einsätzen geht es oft um Leben und Tod. Da entscheiden Minuten darüber, ob es ein Patient über den Berg schafft.

Als Ersteintreffender kümmert sich der 38-Jährige allen voran um die Lebensrettung des Patienten. Bis die restlichen Einsatzkräfte vor Ort sind, ist er derjenige, der um das Leben der Person kämpft. Dabei ist der FiSu auf sich allein, sein Wissen und seine Erfahrung gestellt.

Besonders bei Kindernotfällen muss Philipp bereits auf dem Weg zum Einsatzort mit einer Formel im Kopf ausrechnen, welches Gewicht sein Patient hat und in welchen Dosierungen er etwaige Medikamente verabreichen kann.

Falls bereits Sanitäter und Notärzte vor Ort sind, kümmert er sich um den operativen Ablauf des Einsatzes. Denn auch die Koordination der Ressourcen ist in solchen Fällen einer der vielen Schlüssel zum Erfolg.

Der 38-Jährige rettet jeden Tag Leben.
Der 38-Jährige rettet jeden Tag Leben.
Heute

Arbeitsunfall – Mann stürzt mehrere Meter in die Tiefe

Nachdem im Morgengrauen das Fahrzeug betankt und das Equipment durchgecheckt wurde, meldet sich Philipp bei der Zentrale als einsatzbereit. Es dauert nur wenige Minuten, bis der erste Alarm losgeht: Auf einer Baustelle in Wien-Favoriten ist ein etwa 50-jähriger Arbeiter drei bis neun Meter in die Tiefe gestürzt. Nähere Angaben liegen dem 38-Jährigen nicht vor.

Mit Blaulicht und Sirene geht es im Eiltempo durch die Wiener Landstraße und die Südosttangente (A23). Die ganze Fahrt dauert nur wenige Minuten. Vor Ort sind bereits die Kollegen des Samariterbundes und der Berufsrettung. Rasch stellt sich heraus: Der verunglückte Mann ist ansprechbar und klagt über Schmerzen im Brustbereich. Zudem dürfte er sich eine Fraktur im Unterarm zugezogen haben.

Ab diesem Zeitpunkt organisiert Philipp gemeinsam mit seinen Kollegen die Rettung des Patienten. Nach der notfallmedizinischen Versorgung gelingt es ihnen, den Arbeiter mit Muskelkraft von der Baustelle abzutransportieren. Glücklicherweise schwebt er, trotz schwerer Verletzungen, außer Lebensgefahr. Doch der Einsatz ist für den Fisu noch nicht beendet.

Der Patient wird bis zum Krankenhaus begleitet. Nachdem das Spitalspersonal diesen aufnimmt, beginnt die Aufarbeitung des Einsatzes, das sogenannte Debriefing. Ziel des ganzen ist es, dass alle Beteiligten ihre Abläufe in Zukunft weiter perfektionieren. Die Gespräche finden nach einem bestimmten Schema und vor allem auf Augenhöhe statt. Es geht um das Teamgefüge, das funktionieren muss: Motivation, Reflexion und Qualitätssicherung. Auch das gehört zu Philipps Aufgabenbereichen, bei denen am Ende des Tages immer der Patient im Vordergrund steht.

Reanimation – Säugling atmet nicht mehr

Nach einer kurzen Verschnaufpause der nächste Alarm: zehn Tage altes Baby muss reanimiert werden. Von der Radetzkystraße bis zum Einsatzort in der Leopoldstadt dauert es nur wenige Minuten. Während der Einsatzfahrt wird die Stimmung sofort ernst. Jetzt ist keine Zeit zum Plaudern. Philipp lenkt seine volle Konzentration auf den Verkehr. In seinem Kopf rattern bereits mögliche Szenarien: Wie schwer ist das Kind? Wie gehe ich vor? Bei einer Reanimation eines Neugeborenen geht es immerhin um jede Sekunde. Vor Ort erst zu überlegen, wie er vorgehen soll? Dafür ist dann keine Zeit.

In dem Fall trifft Philipp als Field Supervisor zuerst am Einsatzort ein. Zwei Zivilpolizisten halten den Eingangsbereich frei. Im Eilschritt sucht der 38-Jährige die betroffene Wohnung auf. Bange Minuten für alle Beteiligten.

Es fühlte sich für uns wie eine halbe Ewigkeit an, in der Realität waren es wohl nur wenige Augenblicke, bis die ersten Einsatzkräfte das Wohnhaus wieder verlassen haben. In ihren Gesichtern konnten wir erleichterte Gesichter vernehmen. Spätestens hier war klar: Dem Baby geht es den Umständen entsprechend gut. Philipp klärte uns nach dem Einsatz auf, dass sich das Kind offensichtlich verschluckt und kurzzeitig keine Luft mehr bekommen hatte. Bei seinem Eintreffen war das Schlimmste jedoch vorbei. Der Säugling war wohlauf und eine Reanimation, wie ursprünglich alarmiert, gar nicht mehr notwendig.

Einzigartiges Fisu-System in Europa

Am Nachmittag endet unsere Reise mit Philipp Gonzo. Wir haben gelernt, dass hinter dem Beruf des Notfallsanitäters weitaus mehr steckt, als ein Ersthelfer. Es sind genau die Menschen wie dieser 38-Jährige sowie seine 860 Kollegen und Kolleginnen, die einen echten Unterschied im Ernstfall ausmachen.

Allein im letzten Jahr haben die Rettungsteams der Wiener Bevölkerung 230.000 Mal geholfen. Dabei gingen 395.000 Notrufe in der Leitstelle ein. Das Fisu-Team wurde 2011 bei der Berufsrettung etabliert und ist seither 60.000 Einsätze gefahren. 2022 waren es rund 5.300, ein Jahr später knapp 6.400 – die aktuelle Tendenz: steigend. Das ist nicht nur in Österreich, sondern auch in ganz Europa in der Form einzigartig. Uns fällt uns an dieser Stelle nur noch ein abschließendes Wort ein: Danke!

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    Auf den Punkt gebracht

    • "Heute" begleitete den erfahrenen Notfallsanitäter und Field Supervisor Philipp Gonzo einen Tag lang bei seinen Einsätzen in Wien, darunter die Rettung eines schwer verletzten Bauarbeiters und die Reanimation eines zehn Tage alten Babys, das sich verschluckt hatte
    • Das einzigartige Fisu-System der Berufsrettung Wien, das seit 2011 besteht, hat sich als unverzichtbar erwiesen und zeigt, wie entscheidend die Arbeit dieser Rettungsteams für die Bevölkerung ist
    zdz
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