Österreich

Asylwerber will vom Staat 300.000€ Entschädigung

Heute Redaktion
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Polizeiaufgebot beim Prozess gegen Abid T. am 19. Juni 2017.
Polizeiaufgebot beim Prozess gegen Abid T. am 19. Juni 2017.
Bild: picturedesk.com

Abid T. saß zwei Jahre lang in verschiedenen Gefängnissen, weil er Kontakt zu IS-Mitgliedern hatte. Er wurde freigesprochen und will nun Entschädigung.

Der Asylwerber Abid T. saß zwei Jahre lang abwechselnd in Schub- und in Untersuchungshaft, weil er verdächtigt wurde, Terror-Helfer zu sein. Er wurde letztendlich freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft Salzburg ermittelt noch wegen eines neuen Vorwurfs. Außerdem soll er aufgrund eines negativen Asylbescheids abgeschoben werden.

Abid T. will nun - mit Hilfe seines Anwaltes Wolfgang Blaschitz - knapp 300.000 Euro vom Staat Österreich als Entschädigung für diese "fast zwei Jahre ungerechtfertigter Haft".

Flucht und Terroristen-Kontakt

Die Zeitung "Die Presse" erzählt die Geschichte des gebürtigen Marokkaners so: Abid T. floh im Jahr 2015 über die Balkan-Route nach Österreich. Hier, in einem Flüchtlingslager der Asfinag in Salzburg, traf er den Algerier Adel H.

Dieses Treffen und der Kontakt mit Adel H. (der hatte später ein Foto von Abid T. auf seinem Handy) sollten ihm zum Verhängnis werden. Denn Adel H. war Mitglied jener vierköpfen IS-Terrorgruppe, die im November 2015 Terroranschläge in Paris verübte. Zwei Personen dieser Gruppe gelang die Reise in die französische Hauptstadt, wo sie vor dem Stade de France ihre Sprengstoffwesten zündeten und damit 130 Menschen töteten und 700 verletzten.

Der Mann, den Abid T. in Salzburg traf, Adel H. (aus Algerien) war zwar nicht direkt bei den Anschlägen dabei, aber Teil der Terrorgruppe. So auch sein Kollege Muhammad U. aus Pakistan. Die beiden waren bei ihrer Reise nach Paris an der Salzburger Grenzpolizei gescheitert. Die anderen beiden Gruppenmitglieder schafften es sehr wohl und wurden in Paris zu Attentätern. Später wurden Adel H. und Muhammad U. in Salzburg ausgeforscht, verhaftet und an Frankreich ausgeliefert.

Terror-Helfer

Weil Abid T. also Kontakt zu einem dieser Terrorgruppen-Mitglieder hatte, galt er fortan als Terror-Helfer. Die Polizei spürte ihn im Sommer 2016 in Belgien auf, er wurde nach Österreich ausgeliefert. Damit begann T.s Gefängnisaufenhalt.

In Österreich saß er zunächst in Untersuchungshaft, bis er bei einem ersten Prozess in Salzburg zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde. Er legte Berufung ein und bekam vom Obersten Gerichtshof (OGH) recht, der Schuldspruch wurde aufgehoben.

T. wurde dann zwar aus der U-Haft entlassen, war er aber deswegen nicht frei. Denn sein Asylantrag war abgewiesen worden, weshalb er direkt in Schubhaft genommen wurde. Die folgende zwei Jahre blieb Abid T. in Österreich in Haft. Abwechselnd Schub- und Untersuchungshaft, weil auch wegen neuer Vorwürfe gegen ihn ermittelt wurde.

Freispruch

Bei der Wiederholung des ersten Terror-Prozesses wurde T. schließlich freigesprochen. Die Terror-Helfer-Vorwürfe gegen ihn sind also nicht mehr aufrecht. Er blieb aber - technisch gesehen bis heute - in Schubhaft. Weil die Schubhaftbedingungen einige Monate nach seinem Freispruch gelockert wurden, darf Abid T. in seiner Unterkunft in Wien-Simmering aktuell frei aus- und eingehen.

Mit Hilfe seines Anwaltes Wolfgang Blaschitz klagt er nun die Republik Österreich (vertreten durch die Finanzprokuratur) nun auf fast 300.000 Euro Schadenersatz "durch Entzug der persönlichen Freiheit". Blaschitz spricht von "fast zwei Jahren ungerechtfertigter Haft".

Ob diese Ansprüche gerechtfertigt sind, wird das Zivilgericht entscheiden. Dazu wurde unter anderem ein Psychiater beauftragt, der feststellen soll, ob der 29-Jährige als angeblicher Terrorist "einer besonders schlechten Behandlung ausgesetzt war". Abid T. droht trotzdem die Abschiebung. Und: Es wird weiter gegen ihn ermittelt. Der neue Vorwurf, der in der Haft dazugekommen ist, ist noch nicht aus der Welt.