Politik
"Asylbescheid, dann ziehen sie nach Wien": AMS-Chef-Ans
Der Wiener AMS-Chef Winfried Göschl lässt jetzt aufhorchen: Er legt nun Fakten auf den Tisch, wie sehr anerkannte Asylwerber nach Wien drängen.
Wien sei als einzige heimische Großstadt speziell mit der Migrationsproblematik konfrontiert, sagt der Wiener AMS-Chef Winfried Göschl. Zwischen den Zeilen seines Interviews mit der "Presse" klingt dabei auch Kritik an: So würden Asylwerber in der Phase ihres Asylantrags zwar auf die Bundesländer aufgeteilt, aber: "Kaum bekommen sie einen Bescheid, ziehen sie nach Wien. Derzeit ist es so, dass von den Asylberechtigten rund drei Viertel, die neu anerkannt werden, in Wien landen." Die Arbeitsplätze seien aber eher im Westen des Landes zu finden und der Weg von Wien wieder weg sei schwer.
Das Problem vom Wiener Arbeitsmarkt in Sachen Arbeitslosigkeit sei laut dem Experten "generell der starke Zuzug, nicht nur Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte". Wien wachse bei der Bevölkerung so stark, dass die Zahl der Arbeitsplätze "nicht ganz mitgekommen" sei. Zudem gebe es einen hohen Integrationsaufwand sowie Sprach- und Qualifikationsprobleme. "Viele, die jetzt über das Asylsystem zuwandern, sind wahrscheinlich schon lang in Lagern in der Türkei und im Libanon gesessen. Viele sind nicht alphabetisiert", so Göschl.
„"Man muss als Gesellschaft erwarten können, dass Menschen die Arbeitsplätze annehmen, wenn sie Mindestsicherung, Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe beziehen"“
Im "schlimmsten Fall" müsse man damit beginnen, die Menschen in ihrer Muttersprache zu alphabetisieren – aber natürlich finde man unter den Betroffenen auch zahlreiche Menschen mit "Potenzial für die Fachkräfteausbildung des AMS". Bis zu 10.000 "neue" Menschen zähle das AMS dagegen jährlich unter den Konventionsflüchtlingen und Schutzberechtigten, der "Bestand" steige aber nur um 3.500. Heißt für den Experten: "Ungefähr zwei Drittel schaffen es in Beschäftigung" oder könnten auch einfach weiter – weg von Wien – ziehen.
Dass Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) mehr Druck ausüben wolle, Arbeitslose wieder in Beschäftigung zu bekommen, sieht der Wiener AMS-Chef kritisch, denn Druck bringe niemanden in Beschäftigung. Sehr wohl müsse man aber "die Mitarbeit der Betroffenen einfordern". Seine Ansage: Man muss "als Gesellschaft erwarten können, dass Menschen die Arbeitsplätze annehmen, wenn sie Mindestsicherung, Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe beziehen". Und wenn eine zumutbare Arbeit abgelehnt werde? "Dann muss ich sperren. Da gibt es nicht einmal einen Ermessensspielraum."