Politik
Asylantrag kann bei Terrorgefahr abgelehnt werden
Ein Asylantrag kann von nationalen Instanzen abgelehnt werden, wenn der Antragsteller an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung beteiligt war. Dieses Urteil hat der Europäische Gerichtshof am Dienstag veröffentlicht.
Es ist weder erforderlich, dass der Antragsteller persönlich terroristische Handlungen begangen hat, noch, dass er zu solchen Handlungen angestiftet hat.
Der Anlass-Fall: Im Jahr 2006 wurde Mostafa Lounani aus Marokko vom Strafgericht Brüssel wegen Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung (islamische Gruppe marokkanischer Kämpfer) sowie wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung und illegalen Aufenthalts zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.
Insbesondere das betrügerische Überlassen von Pässen wurde als "Beteiligung an der Tätigkeit einer Zelle, die einer Terrorbewegung logistische Unterstützung leistet", eingeordnet. Im Jahr 2010 beantragte Herr Lounani bei den belgischen Behörden Asyl. Er berief sich auf die Furcht vor Verfolgung für den Fall, dass er in sein Herkunftsland zurückkehren müsste. Der Asylantrag wurde abgelehnt.
Der mit einer Klage gegen diese Ablehnung befasste Rat für Ausländerstreitsachen in Belgien entschied 2011, dass Herr Lounani als Flüchtling anzuerkennen sei. Im Jahr 2012 bestätigte er seine Entscheidung, nachdem die erste Instanz vom belgischen Staatsrat aufgehoben worden war.
Was ist eine terroristische Handlung?
Der Rat für Ausländerstreitsachen vertrat die Auffassung, dass die Herrn Lounani konkret vorgeworfenen Tatsachen keine terroristischen Straftaten als solche darstellten, da das "Tribunal correctionnel de Bruxelles" Herrn Lounani wegen seiner Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung verurteilt habe, ohne ihm die Begehung einer terroristischen Handlung oder die Beteiligung daran vorzuwerfen.
Der mit einer Beschwerde befasste Conseil d’État schaltete den Europäischen Gerichtshof ein. Er wollte wissen, unter welchen Voraussetzungen ein Antragsteller wegen "Handlungen, die den Zielen und Grundsätzen der EU-Richtlinie über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge zuwiderlaufen", von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen werden kann.
Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass aus den Akten weder hervorgeht, dass Herr Lounani persönlich terroristische Handlungen begangen hat, noch, dass er zu solchen Handlungen angestiftet hat oder daran beteiligt war. Der Begriff "Handlungen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen" ist jedoch nicht auf terroristische Handlungen beschränkt.
Folglich ist die Anwendung des in der Richtlinie vorgesehenen Ausschlusses von der Anerkennung als Flüchtling nicht auf diejenigen beschränkt, die tatsächlich terroristische Handlungen begehen, sondern kann sich auch auf Personen erstrecken, die die Anwerbung, Organisation, Beförderung oder Ausrüstung von Personen vornehmen, die in einen Staat reisen, der nicht der Staat ihrer Ansässigkeit oder Staatsangehörigkeit ist, um insbesondere terroristische Handlungen zu begehen, zu planen oder vorzubereiten.
Nationale Behörde ist zuständig
Der EuGH weist darauf hin, dass die endgültige Beurteilung des Antrags auf internationalen Schutz immer den zuständigen nationalen Behörden unter der Kontrolle der nationalen Gerichte obliegt. In Bezug auf den konkreten Anlassfall stellte er fest, dass Herr Lounani nach den Feststellungen des belgischen Conseil d’État ein führendes Mitglied einer terroristischen Vereinigung internationaler Dimension war und in der seither aktualisierten Liste weiterhin aufgeführt blieb.
Er war an der Fälschung von Pässen beteiligt und hat Freiwillige unterstützt, die sich in den Irak begeben wollten. Dem Gerichtshof zufolge können derartige Handlungen den Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling rechtfertigen. Außerdem ist im Rahmen der von der zuständigen nationalen Behörde vorzunehmenden Einzelprüfung der Umstand von besonderer Bedeutung, dass Herr Lounani wegen der Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden ist und diese Verurteilung rechtskräftig ist.